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Kapitel 1: Über die Begründbarkeit normativer Gesellschaftstheorien. Die Theorie des individualistischen Anarchismus

I.
II.
III.
IV.
Fußnoten zu Kapitel 1

Fußnoten zu Kapitel 1

[FN1] Vgl. zu kognitivistischen Moralphilosophien z. B. K. Baier, The Moral
Point of View, Ithaca 1958; M. Singer, Generalization in Ethics, London
1963; W. Sellars, Objectivity, Intersubjectivity and the Moral Point of
View, in: ders. Science and Metaphysics, London 1968; F. A. Hayek, Law,
Legislation and Liberty, Bd. II, Chicago 1976; P. Lorenzen, Normative
Logic and Ethics, Mannheim 1969; K. O. Apel, Das Apriori der
Kommunikationsgemeinschaft und die Grundlagen der Ethik, in: ders.
Transformation der Philosophie Bd. II, Frankfurt/M. 1973.

[FN2] Vgl. zu dieser Theorie insb. M. Rothbard, For A New Liberty, New Vork
1978; ders., Power and Market, Kansas City 1977; vgl. außerdem: J.
Hospers, Libertarianism, Los Angeles 1971; A. Rand, The Virtue of
Selfishness, New York 1965; dies. Capitalism: The Unknown Ideal, New
York 1966; T. Machan (ed.), The Libertarian Alternative, Chicago 1974;
D. Friedman, The Machinery of Freedom, New York 1973; R. Nozick,
Anarchy, State and Utopia, New York 1974; H. H. Hoppe, Vom Konzept der
Wohlfahrtsmessung zur Theorie der Gerechtigkeit. Zur Begründung einer
analytischen Theorie der sozialen Wohlfahrt, in: Zeitschrift für
Politik 1982; in diesem Band Kap. 2.

[FN3] Vgl. z. B. K. Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1969, S. 18 f.

[FN4] Vgl. hierzu und zum folgenden auch Kap. 3.

[FN5] Die Formulierung dieses Rechts findet sich im Grundsatz schon bei J.
Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, Frankfurt/M. 1967, 2. Abh.
5. Kap., insb. § 27.

[FN6] Diese im folgenden zurückgewiesene Eigentumstheorie ist die Rousseaus.
Vgl. dessen Schriften zur Kulturkritik, Hamburg 1971, S. 191/93, wo er
gegen die Lockesche Theorie einwendet: "Der erste, der ein Stück Land
eingezäunt hatte und dreist sagte: 'Das ist mein' und so einfältige
Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Gründer der bürgerlichen
Gesellschaft. Wieviele Verbrechen, Kriege, Morde, Leiden und Schrecken
würde einer dem Menschengeschlecht erspart haben, hätte er die Pfähle
herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinesgleichen
zugerufen: 'Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seid alle verloren,
wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde keinem.'"

[FN7] Wie die Rousseausche Eigentumstheorie als objektiv unrechtfertigbar zu gelten hat, so übrigens auch eine Theorie, die, anstelle des Gebots, man solle sich jedes unaufgeforderten Eingriffs in die physische Integrität des Eigentums anderer enthalten, verlangt, man solle sich jeden Eingriffs enthalten, der den Wert des Eigentums anderer (negativ) berührt. Zum einen hat letztere Theorie offensichtlich absurde Konsequenzen: denn während eine Person selbst im Prinzip die Kontrolle darüber besitzt, ob ihre Handlungen die physische Integrität von etwas berühren oder nicht (und man also Kontrolle darüber besitzt, ob man gerecht oder ungerecht handelt), liegt die Kontrolle darüber, ob jemandes Handlungen den Wert des Eigentums anderer berühren, nicht bei einem selbst, sondern bei nicht vorweg bestimmbaren anderen Personen und deren immer subjektiven Bewertungen (und also hätte niemand mehr Kontrolle – ex ante – darüber, ob seine Handlungen als rechtfertigbar oder unrechtfertigbar zu qualifizieren wären). – Zum anderen ist letztere Theorie, und das ist entscheidend für ihre Einstufung als unrechtfertigbar, mit dem Gewaltausschlußprinzip inkompatibel: denn das Gewaltausschlußprinzip schützt die physische Integrität des Körpers einer Person, aber diese allein schon kann z. B. den Wert anderer Personen – etwa auf dem Beschäftigungsmarkt, oder dem Heiratsmarkt – berühren; folglich müßte man Eingriffe in die physische Integrität von Personen vornehmen dürfen, wollte man den Wert von Personen schützen.

[FN8] Vgl. L. Moss, Private Property Anarchism: An American Variant, in:
Further Explorations in the Theory of Anarchism, (ed. G. Tullock),
Blacksburg 1974; vgl. außerdem J. R. Pennock/J. W. Chapman (eds.),
Anarchism: Nomos XIX, New York 1978.

[FN9] Vgl. zu einer im Detail ausgearbeiteten Typologie staatlicher
Aggressionsformen M. Rothbard, Man, Economy and State, 2 Bde, Los
Angeles 1970.

[FN10] Zur Inkonsistenz der Linken wie der Rechten vgl. auch M. Rothbard, For A New Liberty, New York 1978, S. 23 ff

[FN11] Es ist bezeichnend, daß solche Akte der Umweltverschmutzung bis
ins 19. Jahrhundert auch eindeutig als strafwürdige Handlungen
klassifiziert wurden (vgl. M. Rothbard, a.a.O., S. 257); erst im Zuge
einer dann einsetzenden bewußten staatlichen Förderung des Prozesses
der Industrialisierung wurden diese Regelungen durch neue gesetzliche
Bestimmungen abgelöst, die diese unrechtfertigbaren Eingriffe
legalisierten. Vgl. auch L. v. Mises, Human Action. A Treatise on
Economics, Chicago 1966, S. 655 f.

[FN12] Durch das Verbot privater Appropriierung der genannten Güter
werden diese dem Objektbereich des Privatrechts und seiner Bestimmungen
über Haftung und Schadensersatz (über das in Anm. 11 Gesagte hinaus)
vollständig entzogen. – Für im Gemeineigentum befindliche Güter gibt es
dann jedoch niemanden mehr, der, weil er durch Übergriffe auf sein
Eigentum hinsichtlich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse
persönlich geschädigt würde, noch ein unmittelbares Interesse an der
Verfolgung solcher Übergriffe besitzen würde. Die Verfolgung wird
vielmehr, das kennzeichnet die gegenwärtige Rechtslage, abhängig von
bloßen politischen Opportunitätserwägungen. Es ist von daher alles
andere als ein Zufall, wenn gerade die im Gemeineigentum befindlichen
Güter bevorzugte Gegenstände von Umweltverschmutzung sind. Hierin, wie
es z. B. die 'Grünen' tun, ein Versagen des Kapitalismus zu sehen,
bezeugt nur, daß man buchstäblich nicht weiß, wovon man redet. Vgl.
auch Anm. 11.

[FN13] B. de Jouvenel, Über die Staatsgewalt, Freiburg 1972.

[FN14] Vgl. z. B. die aufschlußreichen Ausführungen noch über die Kriege im
Zeitalter Napoleon I. bei R. Friedenthal, Goethe. Sein Leben und seine
Zeit, München 1977, S. 501 f.

[FN15] Vgl. z. B. G. M. Trevelyan, English Social History, London 1977. Er
stellt dort z. B. (S. 106) auf das 16. Jahrhundert bezogen fest: "An
obstinate refusal to pay taxes was a characteristic of the English at
this period. A new tax of any weight, even though voted by Parliament,
was liable to produce a rebellion in some part of the country, and the
Tudors had no standing army." – Vgl. auch folgende Beobachtung (B.
Leoni, Freedom and the Law, Princeton 1961, S. 119/20): "As has been
pointed out by some scholars (for instance, by McKechnie in his
Commentary in 'Magna Charta' (1914, an early medieval version of the
principle 'no taxation without representation' was intended as 'no
taxation without the consent of the individual taxed' and we are told
that in 1221 the Bishop of Winchester summoned to consent to a scutage
tax, refused to pay, after the council made the grant, on the ground
that he dissented, and the Exchequer upheld his plea."

[FN16] Vgl. W. Treue, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit Bd. 1, Stuttgart 1973, S. 91 ff.

[FN17]Vgl. E. Ballerstedt/W. Glatzer, Soziologischer Almanach, Frankfurt 1979, S. 473.

[FN18] Vgl. z. B. R. Friedenthal, a.a.O. (Anm. 14).

[FN19] B. de Jouvenel, Über die Staatsgewalt, Freiburg 1972, S. 22.

[FN20] Vgl. M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1972, S. 28.

[FN21]Als typisches Beispiel derartiger Machttheorien vgl. A. Berle,
Macht, Hamburg 1973; zur Kritik solcher Theorien vgl. insb. F. A.
Hayek, The Constitution of Liberty, Chicago 1960, insb. Kap. 9. – Die
angesprochene 'Ausweitung' des Machtbegriffs, in deren Folge der
Unterschied zwischen erzwungenem und nicht-erzwungenem Handeln mehr
oder weniger zum Verschwinden gebracht wird, hat u. a. auch dazu
geführt, daß man in der Organisationssoziologie und der
Bürokratiesoziologie zwischen wirtschaftlichen und politischen
Organisationen bzw. Bürokratien zunehmend keinen Unterschied mehr
sieht. Zur Kritik derartiger Vorstellungen vgl. vor allem L. v. Mises,
Bureaucracy, New Haven 1944.

[FN22] Zwei andere, ebenfalls im wesentlichen auf 'Intellektuellenkreise'
beschränkte Staats-Rechtfertigungsideologien sollen zumindest noch
erwähnt werden. – Die eine geht u. a. auf Hobbes zurück und besagt, daß
im vorstaatlichen Zustand nicht zwischen Recht und Unrecht
unterschieden werden kann (vgl. Th. Hobbes, Leviathan, Neuwied 1966, S.
98), sondern daß diese Unterscheidung erst mit der Existenz eines
rechtsetzenden Staates auftritt. Die Konsequenz dieser
'positivistischen' Rechtsauffassung ist bekannt: dann ist alles, was
ein Staat als Recht setzt, Recht, und keinerlei (sich immer auf
vorstaatliche Normen stützende) Beschränkungen staatlicher Willkür sind
denkbar. – Die entscheidende Schwäche dieser Auffassung ist jedoch, daß
sie genau das, was sie zu leisten vorgibt, nicht leisten kann: nämlich
eine Recbtfertigung des Staates und staatlicher Normierungen; denn der
Übergang vom vor-staatlichen Zustand in den Staatszustand könnte ja nur
dann als gerechtfertigt (und nicht als willkürlich) gelten, wenn es
eine vor-staatliche Norm gäbe, aufgrund deren er sich begründen ließe.
(Die von Hobbes zu diesem Zweck – gemessen an seinen eigenen o. a.
Prämissen: illegitimerweise – vorgeschlagene Einführung der
vor-staatlichen Norm 'du bist verpflichtet, den Frieden zu suchen'
erweist sich übrigens hierzu als untauglich, weil sie nicht angibt, im
Rahmen welchen Rechtssystems man Rechtsfrieden halten soll, und
'Frieden im Rahmen beliebig festgesetzter Rechtsregeln' natürlich
keinen allgemein anerkennungsfähigen Wert darstellt.) (Zur Kritik der
positivistischen Rechtsauffassung vgl. insb. F. A. Hayek, Law,
Legislation and Liberty, 3 Bde, Chicago 1973-79). Die zweite Ideologie
geht u. a. auf Locke zurück, der zunächst, im Unterschied zu Hobbes,
korrekterweise vorstaatliche Rechte anerkennt (das
Gewaltausschlußprinzip, und das Recht auf ursprüngliche Appropriation
einschließlich Vertragsfreiheit), und dann die Existenz des Staates
durch die Konstruktion impliziter bzw. 'stillschweigender Verträge' zu
begründen versucht. (Vgl. J.Locke, Zwei Abhandlungen über die
Regierung, Frankfurt/M. 1967, 2. Abh., insb. § 119) – Dieser
Begründungsversuch scheitert, weil implizite Verträge nicht nur mit
Lockes eigenen vorstaatlichen Rechten inkompatibel sind (die erlauben
nur explizite Verträge, von denen Locke deutlich sieht, daß sie
jedenfalls nicht die Grundlage der Existenz des Staates sind) -
implizite Verträge sind vielmehr das genaue Gegenteil von Verträgen (d.
i. keine Verträge); denn sie sollen gerade solche Verpflichtungen
begründen, die man ausdrücklich nicht eingegangen ist. Eine Norm aber,
die besagte 'du kannst auch solche Verpflichtungen übernommen haben -
und zu ihrer Einhaltung gezwungen werden – von denen du ausdrücklich
erklärst, daß du sie nicht übernehmen willst, und die du auch nicht
ausdrücklich übernommen hast' ist offensichtlich nicht allgemein
anerkennungsfähig. (Trotz der Absurdität der Konstruktion impliziter
Verträge, die an Orwells für 1984 vorgesehene Sprachreformen erinnert
('kein Vertrag ist trotzdem einer') machen Politiker regelmäßig
ungenierten Gebrauch von ihr, indem sie auf meinen 'Auftrag' verweisen,
wenn sie mich unaufgefordert beherrschen.)

[FN23] Zu dieser Theorie vgl. z. B. R. Musgrave, Finanztheorie,
Tübingen 1966, insb. S. 7-19 u. S. 71 ff.; außerdem auch P. Samuelson,
Economics, New York 1976, insb. S. 159 ff.; ders., The Pure Theory of
Public Expenditure, Review of Economics and Statistics, 1954; zur
Kritik vgl. die an Klarheit kaum zu übertreffenden Ausführungen bei L.
v. Mises, Human Action. A Treatise on Economics, Chicago 1966, insb. S.
654 ff., sowie M. Rothbard, Man, Economy and State, Los Angeles 1970,
S. 883 ff.

[FN24] Vgl. hierzu vor allem M. Rothbard, For A New Liberty, New York 1978;
außerdem sei pauschal auf eine Vielzahl von Artikeln zu diesem Thema
verwiesen, die inzwischen in dem seit 1977 erscheinenden,
interdisziplinären (von Rothbard herausgegebenen) 'Journal of
Libertarian Studies' erschienen sind.

[FN25] Zu den Argumenten, die die Notwendigkeit staatlicher Korrekturen von
Marktresultaten nachzuweisen versuchen, bemerkt M. Rothbard (Man,
Economy and State, Los Angeles 1970, S. 887) zusammenfassend: "Such a
view completely misconceives the way in which economic science asserts
that free-market action is ever optimal. It is optimal, not from the
standpoint of the personal ethical views of an economist, but from the
standpoint of free, voluntary actions of all participants and in
satisfying the freely expressed needs of the consumers. Government
interference, therefore, will necessarily and always move away from
such an optimum." Vgl. auch Kap. 2, FN 27.

[FN26] Vgl. zu dieser von Staaten immer wieder betriebenen Praxis W. Treue, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, Bd. 1, Stuttgart 1973.

[FN27] Zur Unhaltbarkeit, der Konzeption einer Cost-push-Inflation vgl. z. B.
F. A. Hayek, The Campaign Against Keynesian Inflation, in: ders., New
Studies in Philosophy, Politics, Economics and the History of Ideas,
London 1978.

[FN28] Zu einer Alternative zum staatlichen Notengeldmonopol vgl. L. v. Mises'
Ausführungen über 'free banking' in: Human Action. A Treatise on
Economics, Chicago 1966, S. 444 ff.; außerdem F. A. Hayek,
Entnationalisierung des Geldes, Tübingen 1977.

[FN29] Vgl. zum folgenden auch die kritischen Anmerkungen zur
Demokratie bei A. de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika,
München 1976, insb. S. 227 f.; S. 240 f., sowie 1. Teil, II, Kap. 7 (S.
284 ff.).[FN30] Vgl. hierzu z. B. D. Hume, Of the first principles of government, in:
ders., Essays, Moral, Political and Literary, Oxford 1963, S. 29 ff.

[FN30] Vgl. hierzu z. B. D. Hume, Of the first principles of
government, in: ders., Essays, Moral, Political and Literary, Oxford
1963, S. 29 ff.

[FN31] B. de Jouvenel, Über die Staatsgewalt, Freiburg 1972, S. 22/23.