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2.3. Güterkonzentration, Monopolisierung und Wettbewerb

I.
II.
III.
IV.
V.

II.

[S.129] Wie bereits in anderem Zusammenhang betont, gilt es zunächst, einmal mehr darauf hinzuweisen, daß aufgrund der Geltung des GWAP allein nichts im Hinblick auf Konzentration oder Monopolisierung folgt. Ob entsprechende Prozesse auftreten, und wenn ja, welche Gestalt und Gestaltveränderungen sie im Zeitverlauf annehmen, ist eine empirische Frage, zu deren Beantwortung die Analyse des GWAP allein nicht ausreicht. Die Geltung des GWAP garantiert keine Ergebnisse irgendwelcher Art: konkret, wirtschaftliche Konzentration bzw. Monopolisierung, sondern durch sie soll erreicht werden, daß sich, dem ständigen Wechsel von Interessen [S.130] und Wissen handelnder Personen entsprechend, gerade auch wechselnde Ergebnisse: konkret, wechselnde Ereignisse in der Dimension Vermögenskonzentration oder Produktionsfaktorenmonopolisierung abspielen können, die gleichwohl sämtlich, wie immer sie aussehen mögen, aufgrund der Art und Weise ihres Zustandekommens, als soziales Optimum, konkret: als gesellschaftlich optimale Güter- und Vermögensverteilung gelten können (müssen).

Um eine Voraussage darüber wagen zu können, was faktisch aufgrund einer strikten Anwendung des GWAP passieren würde, benötigte man Informationen über Wissen und Interessen gegenwärtiger Personen. Die diesbezüglichen Erfahrungsdaten sind unvollständig (ganz abgesehen davon, daß sie natürlich ständig veralten); und ebenso verfügt der Autor nur über einen höchst unvollkommenen Überblick über sie; dennoch kann man die Annahme, daß es im Rahmen anarchischer Ordnungen zu einer eindeutigen Konzentration- oder Monopolisierungstendenz kommen würde, als überaus unwahrscheinlich erweisen.

Würde die These stimmen, so müßte man zunächst einmal zu Zeiten eines durch staatliche Intervention vergleichsweise wenig regulierten, ‚reinen’ Kapitalismus stärkere Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen feststellen können als zu Zeiten eines ‚wohlfahrtsstaatlich gebändigten’ Kapitalismus. Das Gegenteil ist freilich, wie G. Kolko (als Linker den Linken gewiß ein unverdächtiger Zeuge) gezeigt hat, der Fall.[FN50] In den USA von etwa 1870 bis zum ersten Weltkrieg, üblicherweise als Zeit des (relativ) reinsten Kapitalismus angesehen, gibt es nicht nur keine Tendenz zunehmender Konzentration oder Monopolisierung; im Gegenteil, so stellt Kolko fest, es gibt während dieser Periode sogar so etwas wie eine Tendenz zunehmenden Wettbewerbs; und entgegen vorherrschender Auffassung treten Monopolisierungstendenzen erst dann auf, wenn der Staat auf Drängen der durch Wettbewerb bedrohten, etablierten wirtschaftlichen Mächte dazu übergeht, wettbewerbsbeschränkende Gesetze zu erlassen und/oder andere, nicht durch das GWAP gedeckte, marktwidrige Maßnahmen zu ergreifen: Trotz einer zunehmenden Zahl von Firmenverbindungen und des absoluten Wachstums vieler Unternehmen, war der dominierende Trend „toward growing competition. Competition was unacceptable to many key business and financial leaders, and the merger movement was to a large extent a reflection of voluntary, unsuccessful business efforts to bring irresistible trends under control … As new competitors sprang up, and as economic power was diffused throughout an expanding nation, it became apparant to many important business-men that only the national government could (control and stabilize) the economy … Ironically, contrary to the consensus of historians, it was not the existence of monopoly which caused the federal government to intervene in the economy, but the lack of it.”[FN51]

[S.131] In die gleiche Richtung weisen die Untersuchungen M. Olsons [FN52] zur Logik kollektiven Handelns und einer Theorie der Gruppen, in denen der Nachweis erbracht wird, daß auch Massenorganisationen (und mit ihnen ihr Organisationsvermögen) kein Marktphänomen sind, sondern das Ergebnis staatlicher Eingriffe in eine anarchische Ordnung. Namentlich die Gewerkschaften, so wie man sie heute in allen westlichen Ländern vorfindet, verdanken sich staatlichen Privilegien, die ihnen eine von normalen Privatrechtssubjekten deutlich unterschiedene Rechtsstellung geben, und sie würden mit Sicherheit nirgends in ihrer jetzigen Größe aufrechterhalten werden können, hörte man auf, ihnen diese Sonderbehandlung weiterhin angedeihen zu lassen.[FN53]