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3.2.1. Gewalt

I.
II.

I.

[S.161] Sowenig eine kausalwissenschaftliche Prognose darüber möglich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen es zur Bildung eines Staates kommt, sowenig läßt sich dessen konkrete Gestalt und seine Größe, d. i. die Höhe seines laufenden Einkommens und der in seinem Besitz befindlichen Vermögenswerte vorhersagen. Mit der Gewißheit reiner Theorie läßt sich nur dies sagen: Unter der Annahme, daß der Staat, repräsentiert durch bestimmte Personen, sein Einkommen und Vermögen zu maximieren sucht; und daß die staatlicherseits beherrschten Privatrechtssubjekte ihrerseits den Wunsch kennen, über andere zu herrschen und/oder von der Herrschaft über andere zu profitieren, muß der Staat seine im Kern auf Gewalt und Schrecken beruhende Politik systematisch um zwei zusätzliche Elemente anreichern. Angesichts eines gegebenen, stabilitätsgefährdenden Widerstandsniveaus und anderer, um eine gegebene Bevölkerung (potentiell) konkurrierender Staaten, muß er zum einen systematisch Umverteilungspolitik betreiben, d. i. in privatrechtlicher Terminologie: er muß andere und zusätzliche Personen zunehmend zu Komplizen, zu Hehlern seiner unrechtmäßigen, auf Kosten bestimmter Personen gehenden Aneignungen von Eigentumstiteln machen, indem er sie an seiner Beute beteiligt; und er muß zum anderen eine systematische Demokratisierung seiner Organisationsverfassung betreiben, d. i. in privatrechtlicher Terminologie: er muß den Kreis der Personen, die sich mit ihm zum Zweck krimineller Eigentumsdelikte gegen Privatrechtssubjekte verschwören dürfen, systematisch erweitern.

Hinsichtlich der durch Umverteilung und Demokratisierung erreichten Größe des Staates gilt damit: wie groß der Staat auch immer ist, er ist es nicht, weil ihn die freiwillige Konsumentennachfrage nach staatlicherseits erbrachten Leistungen so groß gemacht hat, sondern weil das Unternehmen Staat unabhängig von einer selbständig entscheidenden Konsumentenschaft Wachstumspolitik betreiben kann; er ist so groß wie er ist, nicht weil nach universell gültigen Privatrechtsnormen handelnde Personen dies so wünschen, sondern weil die den Staat repräsentierenden Personen nicht darauf verzichten wollen, Rechte von Privatrechtssubjekten zu miß- [S.162] achten (obwohl sie jederzeit zugunsten der Rolle eines gleichberechtigten Privatrechtssubjekts abdanken, und den Staat verkleinern oder auflösen könnten). Der historische Erfolg des demokratischen Umverteilungsstaats und sein bisher ungebremstes Wachstum zeigen, daß die durch einen gegebenen Widerstandswillen gesetzten Wachstumsgrenzen immer noch nicht erreicht sind (wenngleich sich die Anzeichen häufen, daß die staatliche Ausbeutung sich dem Punkt nähert, wo weitergehende Versuche staatlicher Einkommensverbesserung nicht mehr mehr, sondern weniger laufendes Einkommen erbringen).

Welches sind die Auswirkungen eines Wachstums von laufendem Einkommen wie Vermögenswerten beim Staat, auf eine Ordnung, der gegenüber der Staat, wie gezeigt, eine grundsätzlich parasitäre Existenz führt? Was bedeutet es für ein System wirtschaftender Personen und Personenzusammenschlüsse, d. i. von Unternehmungen, die ihr eigenes Einkommen selbständig, auf eigenen Beinen stehend produzieren und reproduzieren (sei es als autarker Produzent, sei es als produzierender Teilnehmer an einer Austauschökonomie, oder sei es als ein von solchen Personen freiwillig Ausgehaltener), wenn sie von einem Unternehmen, das nicht wie sie auf eigenen Beinen steht und von dem lebt, was es selbst produziert (oder dem, das ihm Produzenten freiwillig schenken), sondern statt dessen von dem, was andere produzieren und produziert haben, in zunehmendem Maße ausgebeutet werden?

Die Antwort auf diese Frage soll in vier Schritten erfolgen: als Antwort auf die Fragen ‚Was sind die im Rahmen reiner Handlungstheorie bestimmbaren ökonomischen Implikationen zunehmender Ausbeutung im allgemeinen; was sind die Implikationen für ein ökonomisches bzw. anarchisches System, wenn das Ausbeutungssystem in zunehmendem Umfang Umverteilungspolitik betreibt; was sind die ökonomischen Konsequenzen, wenn der Staat in zunehmendem Maße dazu übergeht, selbst Vermögen zu bilden und sein Gütervermögen im Prozeß der gesellschaftlichen Güterproduktion einzusetzen; und was schließlich bedeutet es für das ökonomische System, wenn sich das politische System zunehmend um das Element der Demokratisierung anreichert?’