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3.2.2.2. Umverteilung: verstaatlichte Produktion

I.
II.
III.

I.

[S.172] Wegen der in ihrer Folge einsetzenden Verarmungstendenz führt die Subventionierungspraxis in der Logik staatlichen Handelns zu einem Prozeß der Selbstverstärkung und endet schließlich, fast natürlich, mit der Übernahme der Produktionsfaktoren in staatliche Regie. Auch hierbei handelt es sich um eine Form von Subventionierung, und insofern gilt wieder das über deren Konsequenzen Gesagte: dadurch, daß dem Staat (anstelle von Privatrechtssubjekten) die Verfügungsgewalt über zusätzliche Ressourcen zufällt, erhöht sich, wenn Staatsdiener sein zu können eine offene Klasse ist, die Zahl von Staatsbediensteten, und eine zunehmende Zahl von Staatsbediensteten hat langfristig wieder die erwähnten Deformationen im Sozialcharakter zur Folge.

Immerhin gibt es jedoch einen bemerkenswerten Unterschied zwischen beiden [S.173] Subventionierungsformen, der nach zusätzlichen analytischen Spezifizierungen verlangt.[FN102] Während staatlicherseits subventionierte Personen bzw. Unternehmen von der Politik eines anderen Unternehmens, d. i. des Staates, abhängig sind und bleiben (setzt der Staat eine gegebene Subventionierungspolitik fort?), und insoweit für sie (weil die Einflußnahme auf die Politik des Staates durchaus kostspielig ist) immer auch ein Anreiz fortbesteht, sich aus der staatlichen Umarmung zu befreien und zur Position eines normalen selbständigen Produzenten-Konsumenten zurückzukehren, ist der Staat, wenn er eigene unternehmerische Aktivitäten subventioniert, von solchen Beschränkungen frei, und für ihn fehlt darum jeder Anreiz, jemals die Rolle eines normalen Privatrechtsunternehmens anzustreben. Welchen Grund, abgesehen von generellen Stabilitätserwägungen, sollte ein Unternehmen, dessen Organisationsspitze autonom über Art und Ausmaß von Subventionierung zu entscheiden vermag, haben, auf sie zu verzichten oder ihr Niveau zu reduzieren?!

Es ist daher wenig verwunderlich, daß man sich mit der Verstaatlichung der Produktion noch weiter davon entfernt, das Problem relativer gesellschaftlicher Verarmung zu lösen. Die Schwierigkeiten werden sogar verschärft. Eigensubventionierung anstelle von Fremdsubventionierung läßt den Prozeß gesellschaftlicher Verarmung in dreifacher Hinsicht besonders drastische Formen annehmen: in bezug auf die mit einer Subventionierung verbundene Misallokation von Produktionsfaktoren; in bezug auf die Produktqualität (bei gegebenen Kosten); und schließlich in bezug auf die Werterhaltung der zu gegebenen Produktionszwecken eingesetzten Produktionsfaktoren.

Jedes normale, nicht-subventionierte Unternehmen wird, wenn es knappe Ressourcen nicht einfach konsumiert oder für die Produktion nur ‚intrinsischer’ Werte, sondern zum Zweck der Produktion von Austauschgütern einsetzt, versuchen, sie für die Herstellung solcher Güter zu verwenden, deren monetäre Wertschätzung auf einem zukünftigen Markt aus der Vorschau gesehen möglichst weit über den mit einer gegebenen Ressourcenverwendung verbundenen monetären Kosten liegt. Jedes derartige Unternehmen hat von daher immer wieder neu zu entscheiden, ob es eine gegebenen Allokation von Produktionsfaktoren beibehalten, oder ob es, gemäß veränderten (oder als verändert wahrgenommenen) Nachfragebedingungen, eine Reallokation dieser Faktoren von einer in eine andere Verwendungsweise vornehmen will. – Da die Frage, ob die Ressourcen tatsächlich in den vergleichsweise profitabelsten bzw. den an der effektiven Konsumentennachfrage gemessen wertproduktivsten Verwendungsweisen beschäftigt werden, und ob eine Reallokation von Produktionsfaktoren in der Tat den Übergang von einer weniger wertproduktiven in eine wertproduktivere Verwendungsweise darstellt, grundsätzlich immer erst in einer mehr oder weniger weit entfernten Zukunft, auf zukünftigen Produktmärkten, entschieden werden kann, ist es selbstverständlich immer auch möglich, zu irren. Ob, und in welchem Ausmaß man jedoch irrt, oder ob man mit seinen Prognosen [S.174] recht behält, dafür existiert mit der effektiven Konsumentennachfrage ein objektives Kriterium, d. i. ein Kriterium, über dessen reales Vorliegen oder Nicht-Vorliegen nicht subjektives Dafürhalten entscheidet (und das von daher beliebig manipuliert werden kann), dessen reale Ausprägung vielmehr aufgrund eines intersubjektiv kontrollierbaren Verfahrens feststellbar, und dessen einseitig-beliebige Manipulation ausgeschlossen ist: Im Rahmen der Wirtschaftsrechnung (Buchführung) läßt sich für jedes Unternehmen und seine Untereinheiten (sofern es Märkte und also Geldpreise für die fraglichen Produktionsfaktoren gibt) ex post eindeutig feststellen, ob eine gegebene Verwendungsweise von Produktionsfaktoren mehr oder weniger sinnvoll war. Hat ein Produzent eines Gutes A einen Gewinn erzielt, d. i. einen Erlös, der Kosten und marktübliche Kapitalverzinsung übersteigt, und ein Produzent eines Gutes B einen Verlust, so zeigt dies, daß die für die Herstellung von A verwendeten Produktionsfaktoren dort, wo sie verwendet worden sind (an einem objektiven Kriterium festgemacht), sinnvoll verwendet wurden, und die für B eingesetzten nicht, und daß man ein höher bewertetes Sozialprodukt an Tauschgütern hätte erwirtschaften können, hätte man Ressourcen, die man zur Herstellung von B verwendet hat (Konvertibilität vorausgesetzt!), statt dessen verstärkt zur Herstellung von A eingesetzt.

Als ein (wegen des zeitraubenden Charakters jeder Produktion notwendigermaßen) Ex-post-Kriterium ist das Gewinn-Verlust-Kriterium zwar nur wenig hilfreich, um ex-ante Allokationsentscheidungen vornehmen zu können; dies wäre nur dann anders, wenn man auch in der Zukunft für Angebots- und Nachfrageseite ceteris paribus unterstellen könnte, doch gerade das Gegebensein oder Nicht-Gegebensein dieser Voraussetzung läßt sich wissenschaftlich nicht voraussagen. Aber dennoch: nur weil die Allokationsentscheidungen immer wieder an realen Gewinn-Verlust Erfahrungen getestet werden können, kann der Entscheidungsprozeß überhaupt als rationaler Prozeß gelten; nur weil es diesen ex-post Test gibt, und nur insoweit sich Unternehmungen diesem Test unterwerfen (indem z. B. ein verlustreich operierendes Unternehmen nur dann seine Allokationspolitik nicht ändert, wenn es Gründe dafür hat, anzunehmen, daß die ceteris in Zukunft imparibus sein werden), kann der Prozeß der Allokation bzw. Reallokation von Produktionsfaktoren als rationaler Versuch aufgefaßt werden, den gesellschaftlichen Lebensstandard dadurch zu erhöhen, daß knappe Ressourcen aus relativ weniger wertproduktiven in wertproduktivere Beschäftigungen umgeleitet werden.

Die Situation verändert sich grundlegend, und an die Stelle rationaler Allokation tritt subjektive Beliebigkeit, wenn der Staat die Bühne betritt. Noch ein staatlicherseits subventioniertes Unternehmen hat, weil die Entscheidung über Art, Ausmaß und Dauer der Subventionierung nicht in seinem eigenen Hoheitsbereich liegt, allen Grund, eine rationale Allokationspolitik zu treiben (nachdem freilich durch den Subventionierungsakt zunächst einmal der Tatbestand einer Fehlallokation von Ressourcen geschaffen worden ist). Demgegenüber befindet sich die Unternehmensspitze einer sich selbst – auch zukünftig – subventionierenden Organisation in einer gänzlich andersartigen Position. Für sie gilt (solange nur die von ihr geleitete Unternehmung in der Tat ein mit einem Monopol auf einseitige Gewaltanwendung ausge- [S.175] statteter Staat ist), daß Allokations- und Reallokationsentscheidungen im Hinblick auf Ressourcen unabhängig von antizipierten Absatzerwartungen und Kosten-Erlösvergleichen getroffen werden können; solange man autonom über Art, Ausmaß und Dauer von Subventionierungen entscheiden kann, solange kann man nach Art, Ausmaß und Dauer beliebige Verluste auf sich nehmen. Wenn man aber nicht mehr dem Zwang unterworfen ist, Verluste vermeiden zu müssen, und eine gegebene Verwendungsweise von Ressourcen nicht mehr an einem nicht-willentlich beeinflußbaren, objektiven Kriterium zu rechtfertigen hat, u. d. i., wenn man nicht der Notwendigkeit unterliegt, irgendeine beliebige Verwendungsweise X für gegebene Ressourcen, die impliziert, daß dieselben Ressourcen nicht für die konkurrierenden Zwecke Y, Z, usw. verwendet werden können, als relativ bessere, vordringlichere, wertproduktivere Verwendungsweise auszeichnen zu müssen, dann wird jede Entscheidung zu(un)gunsten einer bestimmten Ressourcenverwendung zu einer willkürlichen Angelegenheit. Jede Entscheidung ist als eine Sache, für die man allenfalls subjektive Präferenzen und Kriterien anführen kann, so gut oder schlecht wie jede andere. Befreit vom Zwang, Ressourcen gewinnbringend anlegen zu müssen, kann der Staat gar nicht anders, als sie zu vergeuden, und Chaos anstelle rationaler Allokation zu setzen. „How can it (the government) know,” konstatiert Rothbard, ,,whether to build road A or road B, whether to invest in a road or a school – in fact, how much to spend for all its activites? There is no rational way that it can allocate funds or even decide how much to have. When there is a shortage of teachers or schoolrooms or police or streets, the government and its supporters have only one answer: more money. Why is this answer never offered on the free market? The reason is that money must be withdrawn from some other use in consumption or investment – and this withdrawal must be justified. This justification is provided by the test of profit and loss: the indication that the most urgent wants of the consumers are being satisfied. If an enterprise or product is earning high profits for its owners and these profits are expected to continue, more money will be forthcoming, if not, and losses are being incurred, money will flow out of the industry. The profit-and-loss-test serves as the critical guide for directing the flow of productive resources. No such guide exists for the government, which has no rational way to decide how much money to spend, either in total, or in each specific line. The more money it spends, the more service it can supply – but where to stop ?"[FN103]