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1920-1929

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Rezension: 'Papers relating to Political Economy.' von F. V. Edgeworth (1926)

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Quelle: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft (Schmollers Jahrbuch). 49: 6 (1926) S. 1400-1401.

Edgeworth, F. V., Papers relating to Political Economy. Published on
behalf of the Royal Economic Society by Macmillan and co., Limited,
London 1925. 3 Bd. Großoktav. IX u. 442, VI u. 491, VIII u. 288 Seiten.

F. V. Edgeworth ist am Ausgang des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts einer der führenden Nationalökonomen Englands gewesen. Als Lehrer in Oxford hat er an der Ausbildung des heute wirkenden Geschlechtes englischer Nationalökonomen mitgewirkt. Als langjähriger Herausgeber des Economic Journal, der noch heute wichtigsten und lange Jahre einzigen nationalökonomischen Zeitschrift Englands, hat er nachhaltigen Einfluß auf die wissenschaftliche Entwicklung seines Landes ausgeübt. Seine Persönlichkeit hat dem Organ der Royal Economic Society den Stempel aufgedrückt. In zahlreichen Kritiken hat er dort zu den Neuerscheinungen der wissenschaftlichen Literatur Stellung genommen und in vielen eindringlichen Abhandlungen sich mit grundlegenden Problemen unserer Wissenschaft befaßt. Nahezu seine ganze wissenschaftliche Tätigkeit ist in dieser Zeitschrift veröffentlicht worden. Ein selbständiges nationalökonomisches Buch hat Edgeworth nie geschrieben. Doch seine Abhandlungen und Kritiken wiegen wohl eine Anzahl dickleibiger Wälzer auf. Man muß daher der kgl. nationalökonomischen Gesellschaft dafür dankbar sein, daß sie es dem greisen Forscher nun ermöglicht hat, seine wichigsten Arbeiten gesammelt der Öffentlichkeit vorzulegen.

Der erste Band der Sammlung enthält Edgeworths Beiträge zur Katallaktik. Er ist in drei Teile gegliedert: Wert und Verteilung, Monopoltheorie und Geldlehre. Der zweite Band enthält eine Abhandlung zur Lehre vom internationalen Handel, dann Aufsätze über Besteuerungslehre und schließlich eine Anzahl von Abhandlungen zur mathematischen Nationalökonomie. Der dritte Band bringt die Buchbesprechungen.

Edgeworth hat in seinen Arbeiten von der mathematischen Darstellungsweise Gebrauch gemacht. Seine Ansichten über die Brauchbarkeit und Zweckmäßigkeit der mathematischen Methode in der Nationalökonomie sind aber durchaus gemäßigt. In der kurzen Zusammenfassung, die er in der vorliegenden Sammlung seinem Vortrag On the Application of Mathematics to Political Economy vorausschickt, sagt er darüber: Mathematics are….a useful, though not an indispensable adjunct to econocmic studies; a finish to the training of an economist comparable with a knowledge of the Classics as part of a general education (II, S. 274). Dieser zurückhaltenden Bewertung des Gebrauches mathematischer Ausdrucksformen in der Nationalökonomie kann man wohl ohne Bedenken zustimmen. Noch besser kann man sich mit einer anderen Bemerkung Edgeworths über den Wert der Mathematik einverstanden erklären. Wieder in einer der der Buchausgabe beigefügten Vorbemerkungen zu einer der Abhandlungen sagt Edgeworth, wo er von der Übertragung der klassischen Lehre von den internationalen Werten in die Sprache der Mathematik spricht: Not much is gained by this translation into mathematical language (II, S. 4). Es ist schade, daß Edgeworth soviel Zeit und Mühe diesen Arbeiten gewidmet hat, von denen er schließlich selbst gestehen muß, daß sie unserer Wissenschaft keinen großen Gewinn zu bringen vermögen.

Es ist natürlich nicht möglich, im Rahmen einer Buchbesprechung auf Einzelheiten eines mehr als 1200 Seiten starken Werkes einzugehen, das aus einer Sammlung von 34 selbständigen Abhandlungen und von mehr als 709 Buchbesprechungen besteht. Trotzdem Edgeworth, wie er in der Vorrede ausführt, manches von der Veröffentlichung ausgeschlossen hat, ließ es sich doch nicht vermeiden, daß ein sehr beträchtlicher Teil der Arbeiten bereits überholt ist. Das gilt nicht nur von den Abhandlungen über Geld, sondern zum Teil auch von den übrigen Arbeiten zur Katallaktik. Die Gerechtigkeit verlangt jedoch die Feststellung, daß auch die heute veralteten Abhandlungen bei ihrem Erscheinen Neues brachten. Der Dogmenhistoriker wird dies zu beachten haben. Aber auch wer in der Lektüre des Werkes nicht Material zur Dogmengeschichte, sondern Aufklärung schwieriger Probleme sucht, wird noch vieles darin finden, jedenfalls viel mehr, als eine flüchtige Durchsicht ahnen läßt. Denn Edgeworth ist in erster Linie ein kritischer Kopf; es ist ihm mehr gegeben, an den Arbeiten anderer das Unbefriedigende herauszufinden und die Probleme zu formulieren, als selbst Lösungsversuche zu bringen, die der Kritik standzuhalten vermochten.

An der Spitze der Sammlung steht die Vorlesung, die Edgeworth 1891 bei Antritt seines Lehramtes in Oxford gehalten hat. Dieser Essay, The objects and methods of Political Economy betitelt, ist in Form und Inhalt ein kleines Meisterwerk. Und weil kaum anzunehmen ist, daß das umfangreiche, nicht leicht lesbare und für deutsche Verhältnisse recht kostspielige Werk in Deutschland viele Leser finden wird, sei daraus eine Bemerkung wiedergegeben, die das Verhältnis der wirtschaftsgeschichtlichen Forschung zur nationalökonomischen Theorie betrifft: As the producer of wealth will push his investment in the different agents of production up to a certain limit which has been called „the margin of profitableness“; so, in the manufacture of economic wisdom, each of us should expend his little fund of energy, partly on the fixed capital of the deducative organon and partly on the materials of historical experience. The margin of profitablemess in the intellectual as in the external world will differ with the personality of individuals. No general rule is available, except that, like the cultivated Athenians, we should eschew the invidous disparagement of each other’s pursuits.

Wien

L. Mises