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ab 1940

Die Wahrheit über den Interventionismus (1957)
Ein Brief an den Herausgeber: Monopole (1955)
Bemerkungen über die mathematische Behandlung nationalökonomischer Probleme (1953)

Ein Brief an den Herausgeber: Monopole (1955)

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Quelle: Monatsblätter für freiheitliche Wirtschaftspolitik. Nr. 7 (November 1955) S. 392-393

Ludwig von Mises, der aus Wien stammende, in New York lebende
Nationalökonom hatte in seinem 1927 erschienenen Buch über den
Liberalismus ein Kapitel dem Kartell- und Monopolproblem gewidmet. Was
Mises vor achtundzwanzig Jahren schrieb, ist heute so aktuell wie je
zuvor — und besonders wichtig für die deutsche Kartelldebatte! Deshalb
hat der Herausgeber Herrn von Mises gebeten, dieses Kapitel nachdrucken
zu dürfen.(1) L. von Mises antwortet folgendes: „Sehr verehrter Doktor
Muthesius! Sie fragen mich, ob ich einem Abdruck meiner vor
achtundzwanzig Jahren veröffentlichten Ausführungen über Kartelle und
Monopole in Ihren ausgezeichneten Monatsblättern zustimme. Die
bejahende Antwort fällt mir nicht leicht. Was ich im Jahre 1927 in
meinem Buche „Liberalismus“ über Kartelle und Monopole zu sagen wußte,
stellt nur eine Etappe in meinen Bemühungen dar, an die Stelle der
unzulänglichen Behandlung der einschlägigen Probleme durch alle
Spielarten der „historischen Schule“ und des Kathedersozialismus eine
bessere Lehre zu setzen. Überdies mußte ich mich in diesem Buch kurz
fassen und darauf verzichten, manche Seiten des Problems zu
untersuchen. Eine vollkommene Behandlung des Monopolwesens ist nur im
Rahmen einer umfassenden nationalökonomischen Theorie durchführbar. Ich
habe eine solche in meinem Buche ,Human Action“ zu bieten versucht. Ich
bin mir vollkommen darüber im klaren, daß meine Ausführungen aus dem
Jahre 1927 die Leser Ihrer Monatsblätter im Jahr 1955 nicht
bcfriedigen können. Ich kann demgegenüber nur auf ,Human Action’
verweisen. Dort glaube ich alles das gesagt zu haben, was über diese
Probleme zu sagen ist. Wenn die Politik nicht die Vorbereitungen für
das Entstehen dessen geben würde, was man in den Vereinigten Staaten
Verschwörungen (conspiracies) zur Verknappung der Produktmenge
(restraint of trade) nennt, würde es kein nennenswertes Monopolproblem
geben. Die Politiker predigen den Kreuzzug wider die Kartelle, während
sie alles tun, um Kartellierung zu ermöglichen. Die amerikanischen
Anti-Trust-Gesetze dienen heute vorwiegend dem Kampfe gegen big
business, also gegen jene Unternehmungen, deren Massenproduktion den
Verbraucher mit allen den Dingen versorgt, die man im Ausland als
Kennzeichen des amerikanischen Luxus bezeichnet. Die Demagogie des
Department of Justice zeigte sich vor einigen Jahren im schönsten
Lichte, als man eine Unternehmung, die in zahlreichen Filialen
Lebensmittel verkauft, in Untersuchung zog. Der Anteil der Firma am
amerikanischen Gesamtumsatz dieser Waren betrug 7 Prozent und war in
den letzten Jahren ständig gesunken. Was man ihr in Mehrheit zum
Vorwurf machte, war, daß sie die Preise des ‚bodenständigen’
Lebensmittelhändlers unterbot. Das muß allerdings unverzeihbar
erscheinen in den Augen einer Regierung, deren Politik die Preise aller
landwirtschaftlichen Produkte beträchtlich verteuert. Die Regierungen
begnügen sich nicht damit, die Vorbedingungen für die Bildung
nationaler Kartelle zu schaffen. In internationaler Zusammenarbeit
sorgen sie für die Entstehung von Weltmonopolen. Vielleicht fehlt in
manchen deutschen Bibliotheken die Sammlung dieser Verträge, die das
Internationale Arbeitsamt im Jahre 1943 herausgegeben hat. Das Studium
dieses Bandes ist recht lehrreich. Es zeigt auch, wie die Moskauer
Regierung, die unentwegt zum Kampf gegen den Monopolkapitalismus
aufruft, solchen Übereinkommen durchaus nicht ablehnend gegenübersteht.
Daß heute die Bestrebungen zur Wiederaufnahme dieser Commodity Control
Agreement» recht schwach geworden sind, ist nicht ein Verdienst der
Staatsmänner. Es ist ein Erfolg des Wirkens einiger Nationalökonomen.
Ich will mich zur Frage, ob Deutschland heute ein Kartellgesetz
benötigt, nicht äußern. Doch ich meine, daß aufrichtige Monopolgegner
zunächst für die Beseitigung aller zwangswirtschaftlichen Maßnahmen
einzutreten hätten. Nur die Aufhebung der Schutzzölle, der
Beschränkungen des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland und vieler anderer
Eingriffe in die Freiheit des Marktverkehrs kann das Monopolproblem —
und viele andere Scheinprobleme der Wirtschaft — lösen. Ich wünsche
Ihrem tapfern Kampf für freie Wirtschaft vollen Erfolg. Ihr ganz
ergebener Ludwig Mises.“

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(1) s. Seite 406.