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Die Essenz der Wiener Schule der Ökonomie und ihre Relevanz für heute

Einführung
Carl Menger / Die Wertlehre
Böhm-Bawerk und Wieser / Sparen statt Konsum
Ludwig von Mises / Geld- und Konjunkturtheorie
Friedrich A. von Hayek / Vom Mainstream zum Nischenprogramm

Friedrich A. von Hayek / Vom Mainstream zum Nischenprogramm

Friedrich A. von Hayek

Friedrich August von Hayek
(1899-1992) war der bedeutendste Wiener Schüler von Ludwig von Mises.
1974 sollte er spät den Nobelpreis für Ökonomie erhalten, allerdings
darf man diesen Preis nicht überwerten. Dahinter stehen in der Regel
politische Motive. Als Hayek der Preis verliehen wurde, offenbar zum
politischen Ausgleich des gleichzeitigen Preisträgers Gunnar Myrdal
(ein schwedischer Sozialist), hatte er sich längst von der Ökonomie
abgewandt.

Als junger Ökonom bewies er sein Talent durch die
weitere Ausarbeitung der Konjunkturzyklustheorie von Ludwig von Mises.
Mit Mises war er Begründer des Österreichischen Instituts für Konjunkturforschung,
das später zum „Wirtschaftsforschungsinstitut“ wurde. Die Begründer und
deren Ansätze sind heute freilich längt vergessen, das heutige WIFO
tappt konjunkturtheoretisch vollkommen im Dunkeln. Hayek verließ 1931
das immer wissenschaftsfeindlichere Wien für einen Lehrstuhl an der London School of Economics,
wo er gemeinsam mit Lionel Robbins wirkte, der einst der Wiener Schule
sehr nahe stand – ihr aber später, wie fast alle anderen, den Rücken
kehrte.

Hayeks Karriere als Ökonom nahm ein Ende nach seiner verzweifelten Veröffentlichung von „Road to Serfdom
(Weg zur Knechtschaft), einer Warnung vor der Entwicklung zum
Totalitarismus, vor dem auch Länder wie die USA oder Großbritannien
nicht gefeit wären. Nach diesem populären, politischen Werk, das große
Breitenwirkung erlangte, da es in gekürzter Fassung im Reader’s Digest
erschien, war, seiner eigenen Einschätzung nach, sein Ruf als Ökonom
ruiniert. In der Tat ist es natürlich problematisch, wenn Ökonomen
politische Manifeste veröffentlichen – Mises hatte nach dem flammenden
Plädoyer „Liberalismus“ einen ähnlichen Makel. Nun wird man
Wissenschaftlern nicht vorwerfen können, selbst explizite Meinungen zum
Tagesgeschehen zu haben, doch färben politische Irrtümer natürlich auf
die Wissenschaft selbst ab, insbesondere wenn eine Schule auf so wenige
Exponenten dezimiert ist.

Der späte Hayek widmete sich so
zunehmend anderen Disziplinen, insbesondere der Rechtsphilosophie, der
Ideengeschichte, der Psychologie und, wie bereits erwähnt, der
politischen Philosophie. Er wurde zum Ideengeber einer Bewegung
liberaler Intellektueller, die versuchte, durch die Popularisierung von
„Ideen“ dem etatistischen Zeitgeist entgegenzuwirken. Diese Strategie
muß allerdings als gescheitert gelten. Die verwässerten „liberalen“
Ideen waren entweder als Feigenblätter für Machtausweitung,
Zentralisierung und Klüngelkapitalismus (Stichwort „Neoliberalismus“)
„erfolgreich“ oder sie versiegten vollends in einer intellektuellen
Oberflächlichkeit, für die sowohl Prinzipien als auch
wissenschaftlicher Anspruch zur Nebensache wurden.

Vom Mainstream zum Nischenprogramm

Ludwig von Mises und Friedrich A. von Hayek stehen genau am Übergang der Wiener Schule von einer Gruppe akademisch verankerter,
international
respektierter Ökonomen hin zu einem verfolgten Nischenprogramm. Wenn
man sich die Entwicklung der Wiener Schule in Wien ansieht, kann man
dieser Trendwende allerdings auch Positives abgewinnen. Praktisch alle
ursprünglichen Wiener Ökonomen, d.h. die Schüler von Carl Menger und
deren Schüler, waren im Staatsdienst untergekommen und sollten eine
führende Rolle bei der Einführung der Kriegswirtschaft spielen. Friedrich von Wieser etwa leitete das Ministerium für „Öffentliche Arbeiten“. Ein anderer Schüler Mengers, Viktor Mataja (1857-1934), wurde erster Sozialminister. Der heute bekannteste „Wiener Ökonom“, Joseph Alois Schumpeter
(1883-1950), ein Schüler Böhm-Bawerks, war gar Teil der
Verstaatlichungskommission. Wohl ist er deshalb in Erinnerung
geblieben, weil er sein Fähnchen am ehesten nach dem Wind ausrichtete.

Hayeks Schüler an der London School of Economics wandten sich fast ausnahmslos dem Keynesianismus zu. Selbiges gilt für die in Wien verbliebene Linie, ausgehend von Hans Mayer (1879-1955), der sich mit den National-Sozialisten arrangierte – sie endete mit Wilhelm Weber (1916–2005),
ebenfalls Keynesianer. Jene „Wiener“ Ökonomen, die in den USA Karriere
machten, entfremdeten sich ebenfalls nach und nach dem Mengerschen
Programm. Gottfried von Haberler (1900-1995), bekannt für seine Beiträge zur Handelstheorie, schaffte es nach Harvard. Fritz
Machlup
(1902-1983), der wesentliche Beiträge zur Ökonomie des Wissens leistete, kam nach Princeton, ebenso Oskar Morgenstern (1902-1977), der einer der Begründer der Spieltheorie ist und 1963 mit Paul F. Lazarsfeld das Institut für Höhere Studien
(IHS) in Wien gründete, das freilich schon bei seiner Gründung kaum
noch etwas mit dem Mengerschen Forschungsprogramm zu tun hatte.