Home Kontakt Sitemap Impressum

Jörg Guido Hülsmann

Warum wir eine Goldwährung brauchen (1995)

Diesen Artikel können sie auch im PDF-Format hier (Grösse: 103kb) herunterladen.

Quelle: Vorher noch nicht veröffentlicht

Der Tag der geplanten europäischen Währungsunion rückt näher, aber die weitaus meisten Einwohner Deutschlands fühlen sich nicht ausreichend informiert über diesen Schritt, der gewichtigen Einfluß auf ihre künftigen Lebensumstände haben wird. Spät – aber vielleicht nicht zu spät – gewinnt die Öffentlichkeit nun doch noch Interesse an den trockenen Problemen der Geldverfassung.

Jede Veränderung der alten Ordnung unseres Geldwesens steht aufs Neue vor einer Grundentscheidung. Es geht um die wichtige Frage, ob die Produktion des Geldes weiterhin in der Obhut des Staates liegen soll oder nicht. Diese Frage mag viele überraschen. Hat denn der Staat nicht immer schon diese Verantwortung innegehabt? Ist es überhaupt denkbar, daß wir eine Währung haben können, die nicht von irgendwem gesteuert wird? In der Tat ist es weithin unbekannt, daß bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die staatliche Produktion des Geldes eine Ausnahme war. In der Regel wurde das Geld von Privatunternehmen hergestellt – genau wie Kleidung, Häuser und Nahrung.

Vom Gold zum Regierungsgeld

Insbesondere Edelmetalle wurden wegen ihrer günstigen Eigenschaften (Haltbarkeit, Formbarkeit, Teilbarkeit usw.) bevorzugt als Geld verwendet. Sie schmückten nicht nur königliche Häupter, schöne Hälse und viele Gebrauchsgegenstände, sondern vor allem wurden sie täglich als Zahlungsmittel eingesetzt. So wie wir heute unsere Miete mit Geldscheinen bezahlen, wurde sie früher mit Gold- und Silbermünzen bezahlt. Überall gab es Münzpräger, die Münzen unterschiedlicher Feinheit und verschiedenen Gewichts herstellten. Die Taler, Kronen, Dukaten, der Ecu und die Mark waren daher nichts anderes als Vielfache ein und desselben Geldes. Sie waren bloß die Namen, die die Münzpräger einer bestimmten Geldmenge verliehen. Ihr "Wechselkurs" war daher auf immer und ewig durch die Menge des in ihnen enthaltenen Feingoldes bestimmt. Wenn in einem Taler 11 Gramm Feingold waren und in einer Krone 19 Gramm, so wurden Taler und Kronen natürlich im Verhältnis 11 : 19 getauscht. Die traditionelle Rolle der Regierungen beschränkte sich auf eine Vereinheitlichung der Gewichte und Feinheitsgrade, um das Rechnen mit Geld zu erleichtern. Häufig wählten sie eine Münzart aus (z.B. die Taler) und befahlen dann, daß alle von nun an geprägten Münzen genau die in Talern enthaltene Menge Feingold haben sollten. Dadurch wurden faktisch alle Münzen zu Talern, auch wenn sie aus verschiedenen privaten Minen stammten und von verschiedenen privaten Münzprägern in ihre endgültige Form gebracht wurden.

Neben dem Geschäft der Geldproduktion gab es auch mehrere Formen des Bankgeschäfts. Insbesondere übernahmen es die Banken für ihre Kunden, deren Geldvorräte in ihren Tresoren aufzubewahren. Die Bankkunden erhielten Belegscheine, die ihre Rechte an der hinterlegten Menge Goldes bescheinigten. Da alle wußten, daß die Belegscheine jederzeit auf Vorlage in Gold eingelöst werden, konnten sie bei Käufen genauso verwendet werden wie das Gold selbst.

Das war die Geburt der Banknote. Sie war die Vorläuferin unseres heutigen Papiergeldes, von dem sie sich rein äußerlich nicht unterscheidet. In beiden Fällen handelt es sich um ein Stück bedrucktes Papier. Doch im Unterschied zum modernen Papiergeld war eine damalige Banknote nie mehr als ein Belegschein. Das eigentliche Geld war Gold, und Banknoten wurden nur deshalb von den Händlern akzeptiert, weil sie jederzeit in Gold eingelöst werden konnten. An diesem grundsätzlichen Sachverhalt änderte sich auch dann nichts, als die Regierungen der westlichen Welt dazu übergingen, Banknotenmonopole einzurichten. Während zuvor jede Bank ihre eigenen Noten ausgeben konnte, wurde dies nun allen bis auf einer verboten. Diese von der Regierung auserkorene bzw. von ihr zu diesem Zweck gegründete Bank war die Vorläuferin der heutigen Zentralbanken. Ihre Noten zirkulierten im ganzen Land, und das entsprechende Gold war in ihren Kellern hinterlegt. Wie jede andere Bank auch gab sie freilich nur Belegscheine aus. Die Geldproduktion selbst bestand weiterhin im mühsamen Schürfen nach Gold.

Das alles änderte sich radikal mit dem Beginn des ersten Weltkrieges. Noch vor dem Beginn aller Kampfhandlungen befahlen alle Regierungen ihren Zentralbanken, die Einlösung ihrer Noten in Gold "einzustellen". Im Klartext bedeutete das nichts anderes, als daß die Goldeigentümer (d.h. faktisch alle Bürger) von ihrer eigenen Regierung beraubt wurden. Man stelle sich vor, ein Parkhausbesitzer gebe an seine Mitarbeiter die Anweisung, die Herausgabe der gegen Miete bei ihm geparkten Fahrzeuge "einzustellen"! Natürlich würde das kein Parkhausbesitzer tun, da er es sonst mit der Polizei zu tun bekäme. Doch welchen Schutz haben Bürger, die von der eigenen Regierung betrogen werden? Wie dem auch sei, da sich nun praktisch das ganze Gold im Besitz der Regierungen befand, mußte schnell ein Ersatz gefunden werden, mit dem die Alltagsgeschäfte weitergeführt werden konnten. Nichts lag näher, als die Noten der Zentralbank weiter zu gebrauchen, obwohl das Einlöseversprechen nun gebrochen war. Am Gang der Dinge änderte sich scheinbar nichts, als wie gewohnt bedruckte Papierscheine den Besitzer wechselten. Tatsächlich jedoch waren die Banknoten nun keine Belegscheine mehr. Sie waren jetzt Geld, das völlig unabhängig vom Gold gegen die anderen Waren getauscht wurde. Aus den Zentralbanken aber, die sich zuvor nicht wesentlich von den anderen Banken unterschieden, wurden von einem Tag auf den anderen die Produzenten des Regierungsgeldes. Da sie niemandem mehr die Einlösung in das knappe Gold schuldeten, konnten sie nun beliebig viel Geld produzieren – und das beinahe kostenlos.

Für die Regierungen bedeutete dieser Schritt verständlicherweise die Erfüllung ihrer kühnsten Träume. Man denke nur an die Schwierigkeiten, unter denen sie sonst an Geld kommen! Wenn sie Steuern eintreiben, murrt das Volk, und stets laufen sie Gefahr, Revolten zu provozieren. Wenn sie Kredite aufnehmen, schauen die Gläubiger genau hin, um keine Verluste zu erleiden. Mit einem Wort: Ohne die Herrschaft über das Geld sind Regierungen jederzeit auf die Zusammenarbeit ihrer Bevölkerungen angewiesen. Sie müssen Überzeugungsarbeit leisten, um die nötige Unterstützung zu erhalten. Dies ist die ökonomische Grundlage der Demokratie und das einzige Bollwerk gegen eine Regierung, die ihre eigene Bevölkerung ausplündern will. Eine Regierung, die die Mehrheit nicht durch Argumente hinter sich scharen kann, wird von der Bevölkerung niemals weitere Mittel erhalten. Für die Finanzierung von Kriegen gilt nichts anderes. Hohe Kriegsverluste ohne erkennbaren Nutzen können unter solchen Umständen nicht lange Bestand haben. Ganz anders jedoch, wenn eine Regierung sich das erwünschte Geld einfach drucken kann. Sie macht sich dann vom Willen der Mehrheit unabhängig und betrügt die Bevölkerung, indem sie sich mehr Mittel verschafft als ihr zugestanden wurden. Der Bruch des Einlöseversprechens war somit von strategischer Bedeutung für die Erfüllung der anti-demokratischen Gelüste von Regierenden und Möchtegern-Regierenden. Er war die notwendige Voraussetzung für die Fortsetzung eines Krieges, dessen die anfangs noch feurigen Menschen bald schon müde geworden waren.

Hat Regierungsgeld irgendwelche Vorteile?

Die Geldproduktion in den Händen der Regierung ist nicht die vorläufige Endstation einer langen Kette notwendiger Regulierungen. Nicht weil Gold ein unvollkommenes Geld ist, sondern weil Regierungen ihre Finanzen betrügerisch aufbessern wollten und wollen, wird noch heute überall das Geld der Regierungen verwendet.

Natürlich hätte sich kein Regierungsgeld über so viele Jahrzehnte ohne die Unterstützung der Bevölkerung erhalten können. Die meisten Menschen glauben, daß eine Vermehrung des Geldes grundsätzlich oder unter bestimmten Bedingungen den Interessen aller förderlich sei. Sie denken, daß abzuwägen sei zwischen den Gefahren der Inflation und der Förderung der Produktion durch mehr Geld.

Leider ist dieser Glaube völlig unberechtigt. Wenn wirklich mehr Schulen und Autos, eine gesündere Umwelt und zusätzliche Arbeitsplätze zu erreichen wären, indem man mehr Geld produziert, dann sollten wir die Notenpresse nicht mehr stillstehen lassen. Dann wäre die Ansicht richtig, daß 5% Inflation stets 5% Arbeitslosigkeit vorzuziehen sei – selbst 1000% Inflation wären dann kein zu geringer Preis für die Beseitigung von auch nur 1% Arbeitslosigkeit! Doch dies ist nicht die Alternative, vor der wir stehen. Das Bedrucken eines Stück Papieres schafft keinen einzigen zusätzlichen Arbeitsplatz und kein einziges zusätzliches Gut. Mit Geld können wir immer nur diejenigen Güter kaufen, die bereits vorhanden sind, und deren Menge hängt zu jedem Zeitpunkt ausschließlich von unseren Produktionsmöglichkeiten ab. Größere Gütermengen verlangen mehr Arbeit, bessere Kenntnisse und mehr Maschinen, Fabrikhallen usw. Werden diese Produktionsfaktoren vermehrt, indem eine Banknote gedruckt wird? Durchzuckt den Ingenieur ein fruchtbarer Gedanke, weil Papier bedruckt wird? Fällt eine neue Fabrik auf die Erde, weil gerade die Druckertinte auf der Note trocknet? Kann ein Schlosser mehr leisten, weil eine zusätzliche Banknote den vorhandenen hinzugefügt wird? Diese Fragen wird wohl niemand bejahen wollen. Wenn mehr Geld in Umlauf gebracht wird, dann kann lediglich mehr Geld ausgegeben werden als es sonst möglich gewesen wäre. Die Preise sind dann höher als sie es ohne das zusätzliche Geld hätten sein können. Doch die Menge der Güter und Dienstleistungen, die mit Geld gekauft werden können, hat sich nicht erhöht. Es gäbe dann Inflation, aber keinesfalls ginge es allen besser.

Mehr Geld bringt kein neues Gut hervor. Es sorgt lediglich für eine andere Verteilung der vorhandenen Güter. Diejenigen nämlich, die zuerst das neue Geld erhalten, können sich nun zweifellos mehr kaufen. Indem sie etwa mehr Geld für Tomaten und Kleiderschränke ausgeben, wächst auch das Geldeinkommen von Gemüsehändlern und Schreinern, und in dieser Weise steigen dann nach und nach auch die Geldeinkommen der anderen Marktteilnehmer. Es bildet sich eine Kette von Geldeinkommenserhöhungen, die sich unter vielen Verzweigungen bis zum letzten Glied der Gesellschaft fortpflanzt. Doch was die ersten in dieser Kette nun mehr kaufen, muß den letzten vorenthalten bleiben. Stets läßt sich folgendes beobachten: Die einen verdienen bereits mehr Geld und zahlen auch höhere Preise. Die anderen dagegen verdienen soviel wie zuvor, doch sie müssen bereits die höheren Preise zahlen, die erst das neue Geld in den Händen der glücklichen Erstempfänger ermöglicht hatte. Nicht "der Gesellschaft" geht es besser, sondern einigen wenigen auf Kosten von anderen. Natürlich profitieren diejenigen dabei am meisten, die in der Kette am weitesten vorne zu finden sind. Zwangsläufig sind dies die Herren des Geldes selbst und im weiteren die Gruppen, die ihnen besonders am Herzen liegen.

Selbstverständlich genießen auch Goldproduzenten als erste ihr neues Produkt. Doch da sie es unter hohem Aufwand der Natur entringen müssen, ist ihre Produktion durch die entstehenden Kosten immer eng begrenzt. Zudem sind Edelmetalle auch für viele andere Verwendungen begehrt. Von einer Papierwährung ließe sich wohl kaum Vergleichbares sagen. Da sie zu verschwindend geringen Kosten hergestellt werden kann, ist ihre Vervielfachung unbegrenzt. Unbegrenzte Günstlingswirtschaft ist daher nur mit einer Regierungswährung möglich und nicht mit Gold und Silber.

Regierungsgeld fördert Verschwendung

Den Verteidigern des Regierungsgeldes schlägt ihre große Stunde immer dann, wenn sie auf ein Unternehmen oder eine Branche in Not verweisen können. Ist es nicht offensichtlich, daß man die Notleidenden retten kann, indem man ihnen zusätzliches Geld gibt? Hat dann das Regierungsgeld nicht seinen guten Zweck, indem es doch weitere Leistungen ermöglicht, die sonst unterblieben wäre? So argumentieren sie und verschweigen, daß die geplante Hilfe keineswegs kostenlos ist, sondern zwangsläufig zu Lasten der anderen Bürger gehen muß. Wenn die Mehrheit das tatsächlich wünscht, warum soll dann nicht offen eine Steuererhöhung beschlossen werden, mit der den Notleidenden geholfen wird?

Der Rest der Bevölkerung wird aber noch auf andere Weise geschädigt, wenn einigen Notleidenden mit Regierungsgeld geholfen wird. Denn jedes verlustreiche Unternehmen verhindert zwangsläufig andere Unternehmungen, die in den Augen der Konsumenten wichtiger sind. Wenn etwa ein verlustreiches Unternehmen Ausgaben in Höhe von 1000 aber lediglich Einnahmen in Höhe von 700 hat, so verschwendet es Arbeit, Kapital und natürliche Ressourcen. Es verhindert nämlich alle noch nicht begonnenen Unternehmungen, deren Einnahmen zwar kleiner als 1000 aber doch größer als 700 wären. Solche Unternehmungen können solange nicht begonnen werden, wie die Produktionsfaktoren immer wieder durch zu hohe Preise in dem verlustreichen Geschäft gebunden werden. Irgendwann können die Verluste natürlich nicht weiter getragen werden. Früher oder später muß die verlustreiche Unternehmung ihre Ausgaben auf 700 oder weniger senken. Das ist ihr jedoch unmöglich, wenn ein Konkurrent für dieselben Produktionsfaktoren 701 oder mehr zu zahlen bereit ist. Wenn er daraufhin den Zuschlag erhält, muß sie ihr Geschäft einstellen. Er tritt dann an ihre Stelle, um etwas anderes zu produzieren. Wenn dagegen kein besser zahlender Konkurrent vorhanden ist, wird es ihr auch gelingen, ihre Einkaufspreise soweit zu senken, daß sie rentabel produzieren kann.

Andauernde Verluste einer Unternehmung sind aus diesen Gründen ein untrügliches Zeichen dafür, daß bessere Verwendungsmöglichkeiten für die von ihr in Anspruch genommenen Produktionsfaktoren bekannt sind. Verluste einer Unternehmung erhalten sich immer nur, weil ihre Produktionsfaktoren auch von Konkurrenten begehrt werden, die damit voraussichtlich höhere Einnahmen erzielen können. Diese höheren Einnahmen kommen aber nur dadurch zustande, daß die Konsumenten die Produkte dieser Konkurrenten mehr begehren als das Produkt der verlustreichen Unternehmung.

Ohne Subventionen von der Notenpresse kommt es folglich über kurz oder lang dazu, daß der Verschwendung Einhalt geboten wird und die Produktionsfaktoren in die wichtigsten Verwendungen fließen. Wenn verlustreichen Unternehmen jedoch mit zusätzlichem Geld geholfen wird, so bedeutet das nichts anderes als eine bloße Interessenpolitik. Erstens werden dann für einige Produktionsfaktoren zu hohe Preise bezahlt, so daß sich die Eigentümer dieser Faktoren auf Kosten der anderen Bürger bereichern. Zweitens werden Unternehmungen verhindert, die wichtiger sind als diejenigen, die nur durch die Geldspritze erhalten bleiben.

Hilft Regierungsgeld bei plötzlichen Preisstürzen?

In der Vergangenheit gab es immer wieder krisenhafte Situationen, in denen sich das Bankengeld (Sichtguthaben u.ä.) plötzlich verringerte. Die sichtbarste Folge war stets der plötzliche Sturz aller Preise. Ist ein Regierungsgeld denn nicht wenigstens in solchen Momenten eine sehr nützliche Einrichtung? Müßten nicht alle unter dem Preisverfall leiden, wenn die Zentralbank nicht neues Geld produzierte, um die Verringerung des Bankengeldes zu neutralisieren?

In solchen Situationen ist es leider unumgänglich, daß alle leiden – bis auf die Lieblinge der Zentralbank. Denn der Schwund des Bankengeldes wird immer begleitet von einer großen Umverteilung der Einkommen. Ein Eingriff der Zentralbank kann diesen Einfluß niemals aufheben, sondern ihm immer nur andere entgegensetzen. Die Folgen solcher Maßnahmen werden deutlich durch den Vergleich mit dem ungebremsten Preisverfall.

Beim Preissturz ist zunächst keineswegs klar, zu welcher Einkommensverteilung er führen wird. Klar ist bloß, daß er irgendwann ein Ende haben muß. Nur die Menge des Bankengeldes kann nämlich schrumpfen, nicht aber die Goldmenge bzw. die Menge des Regierungsgeldes. Früher oder später werden sich die Preise daher auf einem niedrigeren Niveau stabilisieren, und alle Marktteilnehmer werden niedrigere Geldeinkommen beziehen. Das muß aber nicht heißen, daß auch ihre Realeinkommen sinken werden. Denn diese hängen nicht von der Geldmenge, sondern ausschließlich von der Produktion ab. Die Menge der Produktionfaktoren wird aber durch das Schrumpfen der Geldmenge nicht verringert (genau wie sie durch das Wachsen der Geldmenge nicht vergrößert wird). Der Preissturz bewirkt lediglich, daß die Produktion eine zeitlang ausgesetzt wird, weil Unklarheit darüber herrscht, auf welchem Niveau sich die Ein- und Verkaufspreise schließlich stabilisieren werden. Erst sobald dies ausreichend klar ist, kann die Produktion ohne Gefahr von Verlusten weitergeführt werden. Wie stark die Realeinkommen durch einen Preissturz sinken, hängt daher ausschließlich davon ab, wie schnell und unbehindert der Preissturz erfolgen kann. Je schneller die neue Preisstruktur erreicht werden kann, desto höher bleiben die Realeinkommen

Die Produktion zusätzlichen Geldes durch die Zentralbank fördert nun keinesfalls diese Anpassungsvorgänge. Geradezu das Gegenteil ist der Fall. Da die Zentralbank einen zusätzlichen Einfluß auf das Preisgefüge ausübt, verwirrt sie die Marktteilnehmer. Diese können die Preise, die sich am Ende unter den beiden gegenläufigen Einflüssen (Preissturz und "Neutralisierungspolitik") herausbilden werden, schlechter abschätzen. Sie agieren dadurch abwartender als es sonst der Fall gewesen wäre. Somit verzögert sich die Wiederaufnahme der Produktion, und die Realeinkommen schrumpfen mehr als es ohne diesen Eingriff nötig gewesen wäre. Zudem kann mit einiger Sicherheit behauptet werden, daß der Einfluß der Zentralbank die Einkommensverteilung zugunsten des Establishments (Banken und Großindustrie) beeinflussen wird.

Regierungsgeld ist bestenfalls so gut wie Gold

Wie man es auch dreht und wendet – es ist schwer, dem Regierungsgeld Vorteile abzugewinnen. Im Grunde ist der Umfang der Geldmenge völlig unerheblich. Ihre Vergrößerung oder Verringerung hat im wesentlichen immer nur Verschwendung zur Folge. Nur für die Regierung hat die Macht über die Geldproduktion einen Vorteil: Sie kann die Umverteilung ein wenig steuern, ohne viel Widerstand der Bevölkerung befürchten zu müssen. Leider ist das bereits die einzige Funktion, die die staatliche Geldproduktion überhaupt hat – auch wenn diese Mißbrauchsmöglichkeit nicht immer tatsächlich genutzt werden muß.

Welche Absichten die Währungshüter daher auch immer verfolgen mögen – im Ergebnis simulieren sie bestenfalls die Goldwährung. Im schlechtesten Fall sind sie das mächtigste und fürchterlichste Instrument in den Händen skrupelloser Politiker.

Alle schätzen an der deutschen Bundesbank ihre Zurückhaltung. Im Vergleich zu den meisten anderen Regierungswährungen ist der Mißbrauch, der mit der D-Mark betrieben wird, geradezu geringfügig. Das verschafft ihr Vertrauen im In- und Ausland. Doch im Vergleich zu Gold und Silber ist auch die D-Mark nur die zweitbeste Lösung. Wem an demokratischer Kontrolle der Regierung gelegen ist, der darf diese Tatsache nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Änderungen relativ erfolgreicher Institutionen werden zu recht immer sehr skeptisch betrachtet. Wenn nun aber schon eine Veränderung unserer Geldverfassung beabsichtigt ist, dann sollten wir uns nicht einreden lassen, wir hätten nur die Wahl zwischen der zweitbesten und der drittbesten Lösung. Wir müssen die Grundentscheidung wieder ins Auge fassen und uns fragen, ob die Geldproduktion in Regierungshänden bleiben soll. Nachdem uns Quacksalber und Scharlatane beinahe ein Jahrhundert mit Papier beglückt haben, ist die Zeit wieder reif für Gold.