Home Kontakt Sitemap Impressum

1910-1919

Rede auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik in Regensburg (1919)
Der Wiedereintritt Deutsch-Österreichs in das Reich und die Währungsfrage (1919)
Rezension: Die Entwicklung der deutschen und französischen Großbanken von Dr. Walter Huth (1919)
Einstellung der Notenvermehrung oder Devisenverordnungen (1919)
Über Kriegskostendeckung und Kriegsanleihen (1918)

Einstellung der Notenvermehrung oder Devisenverordnungen (1919)

Diesen Artikel können sie auch im PDF-Format hier (Grösse: 74kb) herunterladen.

Quelle: Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers. Nr. 5/6, 1919, S. 94;

Bemerkungen zum vorstehenden Artikel des Finanzrates Dr. Franz Bartsch.

Von Prof. Dr. Ludwig Mises.

Ich behaupte, daß die Entwertung der Krone durch die Inflation hervorgerufen ist, und daß man daher, wenn man der weiteren Steigerung der Devisenkurse Einhalt gebieten will, auf die Fortsetzung der Inflation verzichten muß. Das ist durchaus keine neue Auffassung, wie Herr Finanzrat Bartsch sehr richtig bemerkt. Ich habe das aber auch nie behauptet. Im Gegenteil, ich habe immer wieder hervorgehoben, daß es der in der ganzen Welt herrschenden Lehre entspricht. Nur in Deutschland und in Österreich gibt es in größerer Zahl Schriftsteller, die den Einfluß der Notenvermehrung auf die Waren und Devisenpreise leugnen und die Verschlechterung der Devisenkurse auf die ungünstige Gestaltung der Zahlungsbilanz zurückführen.

Auch Bartsch bekennt sich zu dieser, meines Erachtens theoretisch unrichtigen und in ihrer praktischen Anwendung verderblich wirkenden Lehre. Er erklärt zwar, daß das Richtige in der Mitte zwischen beiden Anschauungen liegen dürfte, doch seine ganzen weiteren Ausführungen zeigen, daß er durchaus ein Anhänger der Zahlungsbilanztheorie ist. Übrigens gibt es zwischen diesen. beiden widerstreitenden Lehren keinen vermittelnden Standpunkt.

Soweit sich die Ausführungen des Herrn Finanzrates Bartsch nicht auf die bloße Negation meiner Behauptung beschränken, sind sie entweder unrichtig oder nur geeignet, den Inhalt meiner Meinung zu bestätigen. Bartsch sagt zum Beispiel: "Der Importeur von Waren, der seine Rechnung in Kronen begleichen wollte, nahm das Risiko eines Kursverlustes unbedenklich auf sich, weil er wußte, daß er die Ware um jeden Preis absetzen und den Verlust sicher hereinbringen kann." Das deckt sich vollkommen mit meiner Auffassung und zeigt eben, daß allein die Steigerung der Warenpreise im Inlande die Voraussetzung für die Einfuhr der Auslandsgüter trotz des Steigens der Valutakurse schafft.

Bartsch meint, daß der Zwang für die Exporteure, die Exportvaluta, zu einem unter dem Tageskurs liegenden Kurse der Devisenzentrale zu überlassen, für den Exporteur einen Anreiz bieten muß, im Auslande zu möglichst hohen Preisen zu verkaufen. Ich glaube, daß dies eine völlige Verkennung der Verhältnisse ist. Ausfuhrzölle – denn nichts anderes stellt diese Bestimmung dar – können nur dann auf die Abnehmer überwälzt werden, wenn es sich um den Absatz von Gütern handelt, für die das Ausfuhrland ein Monopol hat. Bei allen anderen Gütern müssen sie vom Exporteur getragen werden, schmälern daher seinen Gewinn und vermindern die Summe der Exporte. Der Exporteur verkauft dem Auslande zu dem höchsten Preis, den er erzielen kann; er bedarf dazu wirklich nicht erst des Anstoßes durch eine Regierungsmaßnahme. Daß es trotz dieser Ausfuhrabgabe noch immer Exporthandel gibt, habe ich gar nie bestritten. Ich behaupte nur, daß ohne den hemmenden Einfluß dieser Abgabe mehr Güter zur Ausfuhr gelangen könnten.

Die Vorwürfe, die Bartsch gegen die Praxis der Devisenzentrale erhebt, halte ich für unbegründet. Nicht die Durchführung der Devisenverordnung ist schlecht, sondern das System, das die Folgen der Inflation durch Verordnungen bekämpfen will. Was sich Bartsch unter dem "modernen Geist" vorstellt, den er der Devisenzentrale wünscht, weiß ich nicht. Die Verordnungen, die sie zu handhaben hat, sind vom Geiste der Merkantilisten des 17. Jahrhunderts erfüllt.

Das Beispiel von der Käse und Uhreneinfuhr, das ich gebracht habe, hat Bartsch völlig mißverstanden. Ich kann darauf nicht näher eingehen; das würde einen allzu großen Raum einnehmen und hätte für die Leser kaum Interesse. Nur beiläufig will ich erwähnen, daß ich gar nicht behauptet habe, daß der Uhrenhändler zum Käsehändler wird, obzwar ich glaube, daß wir gerade im Kriege auch für solche Wandlungen genug Beispiele gesehen haben. Ich habe nur behauptet, daß die Uhreneinfuhr sinken und die Käseeinfuhr steigen wird, was doch ganz etwas anderes ist.

Herr Finanzrat Bartsch verwendet an mehreren Stellen auch einen Gedankengang, mit dem ich mich in meinem Aufsatze nicht befaßt habe, dessen Widerlegung aber außerordentlich wichtig erscheint, Er spricht davon, daß der Staat gezwungen sei, unter gewissen Umständen zur Notenpresse zu greifen, zum Beispiel um das Volk nicht verhungern zu lassen; ich bestreite das ganz entschieden. Durch die Vermehrung der Noten wird der Gütervorrat im Inlande nicht im geringsten vermehrt. Wenn der Staat Lebensmittel einführen und den ärmeren Schichten unter dem Gestehungspreise ablassen will, dann kann er die Mittel dazu entweder durch auswärtige Verschuldung oder durch Ausfuhr von Waren und Effekten beschaffen. In beiden Fällen müßte die Bedeckung im Inlande durch Steuern gesucht werden. Auch die Noteninflation hat keine andere Wirkung, auch sie kann man als eine Art Steuer auffassen. Was die einen durch die Notenausgabe gewinnen, das müssen irgendwelche andere Kreise der Bevölkerung verlieren. Die Inflation kann nur die Einkommens und Vermögensverhältnisse der Inländer untereinander verschieben. Wenn der Staat es vorzieht, die benötigten Mittel durch Notenvermehrung statt durch Steuern oder durch Anleihen aufzubringen, so mag dies aus politischen Gründen vielleicht zu rechtfertigen sein. Aber dann gebe man dies offen zu und versuche nicht, den Zusammenhang zwischen Inflation und Preissteigerung zu verschleiern.

Ich bin darüber erstaunt, daß Bartsch die devisenpolitischen Maßnahmen für zweckentsprechend erklärt. Ich war der Meinung, daß sie ihren Zweck durchaus verfehlt haben. Die Kurse der fremden Valuten stiegen von Tag zu Tag trotz des großen Apparates, den man dagegen aufgeboten hat. Sie werden so lange steigen, als die Inflation fortgesetzt wird. Wenn wir nicht bald, sehr bald, haltmachen, werden wir eine Katastrophe schlimmster Art erleben. Daß wir aber von der Inflation nicht lassen, daran ist mit jene Auffassung schuld, die Bartsch in Übereinstimmung mit vielen – nicht mit allen – maßgebenden Persönlichkeiten vertritt. Wer die Sanierung unserer desolaten Währungsverhältnisse ernstlich will, muß damit beginnen, diese Lehre zu bekämpfen.