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Die Stellung des Geldes im Kreise der wirtschaftlichen Güter (1932)

Einleitung
I. Gelddienst und Geldwert
II. Geldvorrat und Geldbedarf. Die "Umlaufsgeschwindigkeit" des Geldes
III. Die Geldwertveränderungen
IV. Das Geldsurrogat

III. Die Geldwertveränderungen

Eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Geschichte der Geldlehre ist der hartnäckige Widerstand, dem die Quantitätstheorie begegnet ist. Daß die unvollkommene Formulierung, die sie bei vielen ihrer Vertreter gefunden hat, auf Widersprach stoßen mußte, und daß manche – wie z. B. ANDERSON – der Bezeichnung Quantitätstheorie einen anderen Sinn als den gewöhnlichen beilegen, so daß das, was sie als Quantitätstheorie bezeichnen und bekämpfen, nicht die Theorie selbst, sondern nur eine Spielart ist, ist nicht besonders auffallend. Doch daß der Versuch gemacht wurde und mitunter noch gemacht wird, zu bestreiten, daß die Veränderungen, die sich im Verhältnis von Geldangebot und Geldnachfrage ergeben, die Kaufkraft der Geldeinheit umgestalten, ist wohl verwunderlich. Es genügt durchaus nicht, zur Erklärung auf die durch die Verbreitung währungspolitischer Erkenntnis bedrohten Interessen der Inflationisten, Etatisten und Sozialisten, der Beamten und Politiker hinzuweisen. Auf diesem Wege, auf dem die historisch-realistische Schule nach dem Vorbilde des Marxismus die Erklärung aller Ideologien zu finden glaubt, können wir nie zum Ziele gelangen. Zu erklären, warum eine Ideologie von Schichten, denen sie unmittelbar nützt (mag dieser unmittelbare Vorteil auch durch mittelbare Nachteile mehr als aufgewogen werden) oder denen sie zu nützen scheint, erdacht und vertreten wird, ist überhaupt nie ein Problem gewesen. Das, was erklärt werden soll, ist vielmehr, wie unrichtige Theorien aufkommen und Anklang finden können, d. h. wie es kommen kann, daß man von einer bestimmten Politik mit Unrecht allgemein annimmt, daß sie entweder der ganzen Gesellschaft oder vielen Gliedern der Gesellschaft nütze.

(315) Doch die Geldtheorie als solche interessiert nicht das psychologische Problem, worin die Unbeliebtheit der Quantitätstheorie und die Neigung, andere Erklärungen des Geldwertproblems anzunehmen, begründet waren, sondern die Frage, was an den die Quantitätstheorie ablehnenden Lehren brauchbar sein könnte. Da es doch für das Gebiet des indirekten Tausches nicht besser als für das Gebiet des direkten Tausches anging, die Bedeutung der Veränderungen des Angebotes für die Bildung der Austauschverhältnisse zu bestreiten, konnte man die Quantitätstheorie nur damit bekämpfen, daß man zwar grundsätzlich ihre Richtigkeit zugab, jedoch die allgemeine Geltung eines Prinzips behauptete, das ihre Wirksamkeit regelmäßig ausschaltet. Diesen Versuch macht die berühmte Hortlehre der Bankingschule und deren Abkömmling, die Lehre von der automatischen Anpassung des Umlaufes der Geldsurrogate an den Geldbedarf in weiterem Sinne. Beide sind heute überwunden.

Doch auch der Quantitätstheorie haben, so wie vielen anderen Lehren, mehr ihre Anhänger geschadet als ihre Gegner. Von der Unzulänglichkeit aller mit dem Begriffe der Umlaufsgeschwindigkeit arbeitenden Spielarten wurde schon gesprochen. Nicht minder verfehlt war es, die Quantitätstheorie dahin aufzufassen, daß die Veränderungen der Geldmenge proportionale Veränderungen der Warenpreise auslösen müßten. Man verkannte, daß jede Veränderung im Verhältnis von Geldmenge und Geldangebot notwendigerweise eine Verschiebung der Vermögens- und Einkommensverteilung nach sich ziehen müsse, daß sie daher die Preise der verschiedenen Güter und Dienstleistungen nicht gleichmäßig und nicht gleichzeitig berührt.

Nirgends hat sich die Übung, mit der Mechanik nachgebildeten Formeln zu arbeiten, statt das Problem der Beeinflussung der Marktfaktoren zu beachten, so stark gerächt als hier. Man hat mit der Verkehrsgleichung operieren wollen, ohne zu bemerken, daß die Veränderungen in der Größe der Geldmenge und des Geldbedarfes nur so eintreten können, daß zunächst nur die Wertschätzungen und damit das Handeln einer Anzahl von wirtschaftenden Subjekten beeinflußt wird und daß die daraus entstehenden Veränderungen der Kaufkraft der Geldeinheit sich in der Volkswirtschaft Schritt für Schritt durchsetzen. Mit anderen Worten: Das Problem der Geldwertveränderungen ist mit den Methoden der Statik bearbeitet worden, wo doch über seinen dynamischen Charakter nie ein Zweifel hätte obwalten dürfen.