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1930-1939

Wirtschaftsordnung und politische Verfassung (1936)
Londoner Ausgabe der Schriften von Karl Menger (1936)
Der Weg der österreichischen Finanzpolitik (1935)
Die Österreichische Nationalökonomie (1934)
Das Währungsproblem (1934)

Londoner Ausgabe der Schriften von Karl Menger (1936)

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Quelle: Neues Wiener Tagblatt, 29 November 1936

Die von der London School of Economics veranstaltete Ausgabe der Gesammelten Schriften von Karl Menger, über deren früher erschienene Teile gleich nach der Veröffentlichung berichtet wurde, ist durch die Herausgabe des vierten Bandes abgeschlossen worden. In diesem Band hat der Herausgeber Professor Dr. F. A. v. Hayek, die Schriften über Geldtheorie und Währungspolitik vereinigt. Da ist vor allem die umfangreiche Abhandlung zu erwähnen, in der Menger 1909 seine Geldtheorie für das „Handwörterbuch der Staatswissenschaften“ zusammenfassend und abschließend dargestellt hat; ferner seine Aufsätze zum Problem der österreichischen Valutaregulierung und seine Aussagen in der 1892 durchgeführten Valutenenquete. In einem Anhang wird ein Verzeichnis der Schriften Karl Mengers geboten, das, soweit es möglich war, auch die in Tageszeitungen veröffentlichten Buchbesprechungen und Aufsätze angibt. Nahezu alle diese Zeitungsaufsätze behandeln volkswirtschaftliche Probleme. Es sind aber auch andre darunter, so ein am 30. Jänner 1890 im Neuen Wiener Tagblatt erschienener Artikel „Ein Porträt des Kronprinzen von einer Persönlichkeit aus der unmittelbaren Umgebung des Kronprinzen“.

Nichts von dem, was in den mehr als 300 Seiten des vorliegenden Bandes enthalten ist, ist sachlich veraltet; alles kann heute noch mit dem größten Nutzen gelesen werden. Manches ist geradezu aktuell. Ein Beispiel mag es zeigen.

Als 1892 in Oesterreich die Valutaregulierung erfolgen sollte, dachte man daran, eventuell vor der Stabilisierung des Geldwertes eine Aufwertung oder Abwertung des Guldenwertes vorzunehmen. Die einen wollten einen „großen“ Gulden, die Aufwertung, die andern strebten einen „kleinen“ Gulden an, die Abwertung. Zwischen diesen beiden Gruppen stand eine dritte: die Befürworter der Stabilisierung des augenblicklichen Guldenwertes. Diese dritte Gruppe, zu der auch Menger zählte, hat schließlich ihre Forderung durchgesetzt. Hören wir nun einige Sätze aus Mengers Argumenten gegen die Abwertung:

„Viele werden sagen, der Gulden möge möglichst klein gemacht werden, damit der Schuldner nicht vom Gläubiger bedrückt werde, der Arme vom Reichen. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß dieses Argument nicht sozialpolitisch, sondern antisozialpolitisch ist. Die Zeiten, wo nur der Reiche dem Armen borgte, sind längst vorüber. Heute ist das Verhältnis umgekehrt. Die kleinen Leute legen ihre Kapitalien bei den Wohlhabenden an. Die kleinen Leute legen ihre Kapitalien in Spareinlagen an. Die Sparkassen verwenden diese Summen zu Darlehen an den Grundbesitz, an Realitätenbesitzer, zum Eskompte, zum Lombard, zum Ankauf von Staatspapieren usw. Der kleine Mann kreditiert also dem Reichen. Deshalb bin ich der Meinung, daß der kleine Gulden, den man als sozialpolitisch wohltätig darstellen will, die Ausbeutung des kleinen Mannes ist, eine Ausbeutung des kleinen Besitzes, eine Ausbeutung auch hinsichtlich des Arbeitslohnes. Der Arbeiter würde eben einen kleineren Arbeitslohn bekommen. Sie werden sagen, er wird sich schon einen größeren erkämpfen. Ja aber er muss erst kämpfen und wird ihn vielleicht erst nach vielen Entbehrungen erringen. Dasjenige, was angestrebt werden muß, wird ein gerechter Gulden sein, ein solcher Gulden, welcher weder Gläubiger noch Schuldner begünstigt, ein Gulden durch welchen keine Vermögensverschiebung stattfindet.“