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Meinung

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Rauchfreies Deutschland (30.01.2005)

Rauchfreies Deutschland (30.01.2005)

Was haben Italien, Bhutan und hessische Schulen gemeinsam? Seit Anfang des Jahres gilt dort überall ein generelles Rauchverbot. Damit lebt auch bei uns wieder eine alte Diskussion auf.

Es ist wieder einmal soweit, daß darüber diskutiert wird, ob die Hüter unserer Gesundheit eine allgemeine Wahrheit in ein allgemeinverbindliches und zeitlos gültiges Gesetz umsetzen sollen. Kantisch gesprochen: Das allgemein als gültig Erkannte muß zur Pflicht werden.

Gemeint ist die Forderung, in Deutschland das Rauchen möglichst überall außerhalb der eigenen vier Wände zu verbieten. Das Argument ist, daß Rauchen – auch das Passivrauchen – schon lange als schädlich erkannt ist und die Belästigung der Nichtraucher durch Raucher unterbunden werden muß.

Die Frage ist, ob aus der Feststellung tatsächlich die Notwendigkeit folgt, das genannte Gesetz zu erlassen. – Das beliebteste Beispiel für einen Konfliktherd ist die Kneipe, Treffpunkt geselliger Menschen, die einen gemütlichen Ort außerhalb der eigenen vier Wände aufsuchen wollen, um Kontakte mit Bekannten zu pflegen oder zu Unbekannten aufzunehmen. „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein“, seufzt zufrieden der Bürger inmitten der Menge.

Ein Drittel der Erwachsenen gibt an, regelmäßiger Raucher zu sein. In Kneipen steigt der Anteil plötzlich auf ca. zwei Drittel der Anwesenden. Daraus kann man schließen, daß entweder die Raucher die Geselligkeit der Kneipe doppelt so stark suchen wie Nichtraucher oder Nichtraucher durch den Qualm von einem Lokalbesuch abgestoßen werden. Folgt daraus, daß man nun gesetzlich gegen Raucher diskriminieren muß? Wenn es wahr wäre, daß es eine riesige latente Nachfrage an rauchfreien Lokalen gibt, wäre es für viele Wirte profitabel, diese lukrative Nische mit kaufkräftiger Klientel zu bedienen. Merkwürdigerweise kann man aber Nichtraucherkneipen wie Stecknadeln im Heuhaufen suchen. Ein Kneipenwirt rechnet damit, daß zwei Drittel seiner Kundschaft wegfallen, wenn er das Rauchen in seinen Räumen verbietet. Das nicht- oder passivrauchende Drittel in der Kneipe nimmt den Tabaksqualm billigend in Kauf. Denn man weiß ja, daß niemand gezwungen wird, ein Lokal zu betreten. Ein Gesetz, das das Rauchen dort nun verbieten würde, bedeutet nichts anderes, als das eine Gruppe von Leuten zwei anderen -den Kneipiers und den rauchenden Gästen – ihre Freiheit nimmt, indem man sie unter Strafandrohungen zwingt, dem eigenen persönlichen Ideal zu folgen, ohne die Kosten dafür – Verlust an Lebensqualität bei den Rauchern, von Umsatz bei den Wirten – übernehmen zu müssen.

Bei öffentlichen Räumen gilt das Gleiche. Hier gibt es zwar keinen benennbaren und verantwortlichen Eigentümer: Die Kommune, der städtische Eigenbetrieb oder der Staat handeln angeblich in unser aller Namen. Entscheidungen werden dabei nach den Prinzipien der Interessendemokratie herbeigeführt und die Kosten auf alle Steuerpflichtigen umgelegt. Auch hier gilt also dasselbe wie im privaten Raum: daß nämlich eine Interessengruppe ihre Ordnungsvorstellungen durchsetzen kann, ohne die Kosten dafür übernehmen zu müssen. Einziger Vorteil ist, daß hier ein Rauchverbot der Staatsgewalt direkt gilt und durchgesetzt werden kann, während man bei Privaten versuchen muß, dem neugeschaffenen Recht durch Strafandrohungen Geltung zu verschaffen.

Wie es heutzutage üblich ist, könnte der Gesetzgeber das Gesetz so gestalten, daß alle, die dem Raucher Vorschub leisten, ebenfalls unter Strafe gestellt werden. In Italien wird seit Anfang des Jahres der Wirt, der einen Raucher in seinem Lokal nicht anzeigt (Strafe: €25-250), zu €2.000 verdonnert. Konsequenterweise wäre der Gast, der den Wirt nicht anzeigt, der den Raucher nicht anzeigt, ebenfalls unter Strafe zu stellen. Damit wird ein diffuses Bedrohungspotential aufgebaut, in dem sich keine Kooperation herausbilden kann und jeder in seinem Nachbarn einen möglichen Feind sehen muß. Das Gesetz dient also zur Herstellung dessen, was es angeblich verhindern will: Daß der Mensch dem Menschen ein Wolf ist.
 
In Irland gilt das Rauchverbot seit letztem Jahr in allen öffentlich zugänglichen Räumen (Strafe: bis €3.000). Sogar auf der Theaterbühne dürfen sich Schauspieler dort nur noch Kräuterzigaretten anstecken, um Raucher zu mimen. Nur Alters- und Pflegeheime, psychiatrische Anstalten und Gefängniszellen sowie Zellen auf Polizeiwachen sind vom Verbot ausgenommen: Wo Raucher keine Chance haben, mal kurz rauszugehen, nimmt auch das Gesetz Rücksicht. In dieser Hinsicht sind die Gefangenen die Freien.

P.S. Der Autor ist überzeugter Nichtraucher und Libertärer.