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3.2.2.1. Umverteilung: direkte Subventionierung

I.
II.

II.

[S.171] Der weniger offenkundige, häufiger unbeachtete Effekt von Umverteilungsmaßnahmen auf das ökonomische System zeigt sich angesichts der Vorstellung kumulativer Interventionen, (deren Zwanghaftigkeit gerade dargestellt wurde) und bei Vergegenwärtigung des zukunftsorientierten, zeitkonsumierenden Charakters des Prozesses der Güterproduktion: Durch den Vorgang der Subventionierung wird der Einkommens- bzw. Vermögensbestand bestimmter Personengruppen arbeits- bzw. leistungsunabhängig erhöht, und der anderer Personengruppen, umgekehrt, bei identischer Arbeitsleistung entsprechend gesenkt. Es wird damit ceteris paribus relativ attraktiver, zur Gruppe der subventionierten Personen zu gehören, und relativ unattraktiver, zur Gruppe derjenigen, die die zu Subventionszwecken verwendeten Güter als selbständige Produzenten-Konsumenten zu erwirtschaften haben. Personen in ihrer Eigenschaft als Nicht-Produzenten werden dafür, daß sie nichts produzieren, auf Kosten von Produzenten belohnt. Ist die Gruppe der subventionierten Personen eine offene Klasse, so wird die Zahl ihrer Mitglieder infolgedessen wachsen, und ein Prozeß sozialen Wandels wird in Gang gesetzt, der als Prozeß zunehmenden Übergangs von produktiven zu nicht-produktiven Rollen beschrieben werden muß. Setzt sich dieser Prozeß fort, weil immer mehr Personen staatlicherseits in den Kreis der Subventionsempfänger aufgenommen werden, so verstärken sich die Wandlungsprozesse. Zumal wenn die Subventionierungen so vergeben werden, daß es für Personen möglich wird, gleichzeitig die Klassenzugehörigkeit zu mehreren subventionierten Personengruppen zu erwerben (z. B. der Student, der in Berlin Medizin studiert, oder der Stahlproduzent im Zonenrandgebiet, oder der öffentlich Bedienstete mit anerkannter Behinderung, usw.), wächst der Andrang auf für Nicht-Produktivität belohnte Sozialrollen.

Nicht nur immer mehr Personen drängen aus den mit jeder zusätzlichen Subventionsmaßnahme verstärkt belasteten produktiven Tätigkeiten in unproduktive oder wandern nur noch in verringerten Zahlen aus letzteren ab; immer mehr Personen werden mit immer größeren Anteilen ihrer Persönlichkeit unproduktive, parasitäre Existenzen, und tun sich zunehmend schwerer, den umgekehrten Über- [S.172] gang zu zunehmender wirtschaftlicher Selbständigkeit (i. o. a. S.) zu vollziehen; und immer häufiger handelt es sich bei sozialen Mobilitätsprozessen nicht mehr um Anpassungsmobilität, die von selbständigen Produzenten entwickelt wird, um sich auf veränderte Nachfragebedingungen einzustellen, sondern um Ausbeutungsmobilität: um Vorgänge, durch die man sich veränderten Gelegenheiten zur Ausbeutung anpaßt; und schließlich ergibt sich, als langfristige Konsequenz staatlicherseits erzwungener Verschiebungen der ökonomischen Anreizstruktur zugunsten unproduktiver Tätigkeiten, eine Veränderung im Charakter der Bevölkerung. Sie weist insgesamt eine andere psychische Struktur auf: man verhält sich nicht nur parasitär, das Parasitentum wird zur zweiten Natur, angesichts deren der normale Vorgang, sich sein Einkommen durch Leistungen zu sichern, unnormal erscheint und psychischen Widerstand hervorruft, während der unnormale Vorgang, ein leistungsunabhängiges Einkommen zu beziehen, als normal empfunden wird.

Fast erübrigt es sich festzustellen, daß eine in ihrer Charakterstruktur derartig veränderte Gesellschaft verhängnisvolle Folgen hat: mehr noch als die erörterten unmittelbaren Subventionierungsfolgen trägt die durch zunehmende Subventionierungsaktivitäten langfristig bewirkte Charakterdeformierung zu einer Beschleunigung des Prozesses relativer gesellschaftlicher Verarmung bei und verstärkt die im Fall einer Rückkehr zur Normalität erforderlichen Anpassungsprobleme.[FN101]