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Die Stellung des Geldes im Kreise der wirtschaftlichen Güter (1932)

Einleitung
I. Gelddienst und Geldwert
II. Geldvorrat und Geldbedarf. Die "Umlaufsgeschwindigkeit" des Geldes
III. Die Geldwertveränderungen
IV. Das Geldsurrogat

IV. Das Geldsurrogat

Das schwierigste und bedeutungsvollste Sonderproblem der Geldlehre ist das Problem des Geldsurrogats. Daß das Geld in seinem Dienste durch jederzeit fällige sichere Geldforderungen vertreten werden kann, bietet der Geldwertlehre eine nicht unbeträchtliche Schwierigkeit bei dem Versuche, Geldvorrat und Geldbedarf zu umschreiben. Man konnte dieser Schwierigkeit nicht Herr werden, solange man den Begriff des Geldsurrogats nicht scharf erfaßte und die Geldsurrogate nicht in Geldzertifikate und Umlaufsmittel sonderte, um die Kreditgewährung durch Ausgabe von Umlaufsmitteln gesondert von allen anderen Gestalten der Kreditgewährung betrachten zu können.

Die Gewährung von Kredit, die nicht durch die Ausgabe von Umlaufsmitteln, d. h. nicht durch Geld gedeckte Banknoten und nicht durch Geld gedeckte Kassenführungsguthaben, erfolgt, ist für die Größe des Geldvorrats ohne Bedeutung. Der Geldbedarf kann durch sie ebenso beeinflußt werden wie durch jede andere Einrichtung in der Wirtschaftsordnung. Es kann ohne Kenntnis der Daten des einzelnen Falles nicht gesagt werden, in welcher Richtung diese Beeinflussung erfolgt. Die weitverbreitete Anschauung, als müßte die Ausbreitung der Kreditgeschäfte immer zur Verminderung des Geldbedarfes führen, ist nicht zutreffend. Wenn die Schuldverträge so abgeschlossen werden, daß ein großer Teil der Rückzahlungen an bestimmten Tagen – etwa den Monats- oder Vierteljahrsenden – zu erfolgen hat, so wird durch Kreditgewährung eine Vermehrung, keine Verminderung des Geldbedarfes eintreten. Die Folgen dieser Erhöhung des Geldbedarfes würden in den Preisen zum Ausdruck kommen, wenn nicht auf der einen Seite durch Clearingeinrichtungen, auf der anderen Seite durch die Übung der Banken, ihre Umlaufsmittelzirkulation an den kritischen Tagen zu erweitern, ein Gegengewicht geschaffen würde.

Alles kommt darauf an, daß man das Geldsurrogat deutlich vom Geld und innerhalb der Geldsurrogate das Geldzertifikat – das voll durch Geld gedeckte Geldsurrogat – vom Umlaufsmittel – dem nicht durch Geld gedeckten (316) Geldsurrogat – sondert. Auch dies ist zunächst eine Frage der terminologischen Zweckmäßigkeit. Doch die Zweckmäßigkeitsfrage gewinnt hier, angesichts der Schwierigkeit und Verwickeltheit der Probleme erhöhte Bedeutung. Nicht – wie vielfach noch immer gesagt wird – die “Kreditgewährung” oder der “Kredit”, sondern die Ausgabe von Umlaufsmitteln zieht jene Wirkungen auf Preise, Löhne und Zinsfuß nach sich, die zu untersuchen Aufgabe der Banktheorie ist; es ist daher nicht unangebracht, die Banktheorie auch Umlaufsmitteltheorie zu nennen.