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ab 1940

Ein Wort zum Monopolpreisproblem (1965)
Monopole – Dichtung und Wahrheit (1965)
Das Eigentum in der Marktwirtschaft (1964)
Zukunft des Dollar — Zukunft der Demokratie (1964)
Biographie: Siegfried von Strakosch (1963)

Monopole – Dichtung und Wahrheit (1965)

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Quelle: Monatsblätter für freiheitliche Wirtschaftspolitik 11:1(Jan. 1965) 40-47

Dieser Aufsatz ist die Fortsetzung des unter dem Titel „Das Eigentum in der Marktwirtschaft“ in Heft 12/1964 erschienenen Artikels.

So sehr sich die Bekämpfer des Anzeigewesens und die Neo-Asketen, die alle Neuerungen im Massenverbrauch verwerfen, auch bemühen mögen, die Verbesserung der Lebenshaltung der Massen zu leugnen oder als überflüssig und schädlich darzustellen, es kann ihnen nicht gelingen, ihre Propaganda für Staatsallmacht im Wirtschaftlichen auf dieser Grundlage allein aufzubauen. Das Glanzstück im geistigen Arsenal des Antikapitalismus ist die Lehre von den fürchterlichen Gefahren der im Kapitalismus angeblich unaufhaltsam fortschreitenden Monopolisierung.

Diese Lehre hat die marxistische Verelendungstheorie abgelöst. Als selbst den orthodoxen Marxisten die fernere Beibehaltung der Lehre von der unaufhaltsam fortschreitenden Verelendung der Massen als unmöglich erscheinen mußte, setzten sie an ihre Stelle die Lehre von der Unabwendbarkeit der Monopolbildung in allen Zweigen der kapitalistischen Wirtschaft. Die europäische marxistische Doktrin übernahm damit den Kern der amerikanischen antikapitalistischen Theorie und politischen Praxis. Nie vorher in der Geschichte hat es eine Lehre gegeben, die so wie diese in der ganzen Welt von allen Regierungen und Parteien als Richtschnur gerechter und dem Volke nützlicher Wirtschaftspolitik gepriesen wird. Alle sind heute darin einig, daß in der freien Marktwirtschaft eine Tendenz zur Bildung von Monopolpreisen für alle wichtigen Artikel obwaltet. Die, die sich selbst als Nicht-Kommunisten ansehen, glauben, daß diese Tendenz durch Regierungseingriffe in den Marktverkehr aufgehalten werden kann. Die Kommunisten bestreiten diese Auffassung und werden nicht müde, der Welt immer wieder zu verkünden, daß die darbenden Werktätigen der Vereinigten Staaten und der übrigen Länder des Westens von den Monopolen rücksichtslos ausgebeutet werden.

Monopol an sich bedeutet noch nichts auf dem Markte. Vielen, die ein unanfechtbares gesetzliches Monopol im Sinne der Patent- oder der Urheberrechtsgesetze besitzen, gelingt es nicht, genug abzusetzen, um ihre Selbstkosten zu decken. Der spezifische Monopolgewinn ist von einer besonderen Gestaltung der Nachfrage abhängig. Wenn der Markt auf jede Erhöhung des Preises über den Preis, der sich auf dem nicht durch Monopolisten manipulierten Markte gebildet hat oder bilden würde, mit einer so starken Einschränkung der Nachfrage antwortet, daß der Gesamtverkaufsgewinn geschmälert wird, ist es für den Monopolisten unvorteilhaft, von seiner Monopolstellung Gebrauch zu machen. Dann kann es wohl Monopol geben, doch keinen vom Preis des nicht-monopolisierten Marktes verschiedenen Monopolpreis.

Es mag dahingestellt bleiben, ob auf einem freien, das heißt nicht durch Regierungseingriffe gestörten Markte Monopolisierung und Monopolpreisbildung überhaupt möglich sind. Wir mögen annehmen, daß die geringe Zahl der Fundstätten für Diaman- (41) ten die Bildung eines Weltkartells der Diamantenproduktion auch ohne jede Regierungshilfe ermöglichen würde. Vielleicht kann dasselbe vom Quecksilber behauptet werden. Doch weder ein Weltdiamantenkartell noch ein Weltquecksilberkartell könnte die Behauptung rechtfertigen, daß auf dem freien Weltmarkte eine allgemeine Tendenz zu Bildung von Monopolpreisen obwaltet.

Die Wahrheit ist, daß die Regierungen durch ihre Eingriffe in das Marktgetriebe bewußt auf die Verdrängung der niedrigeren Wettbewerbspreise eines freien Marktes durch höhere Monopolpreise hinarbeiten. Von der Patent- und Urheberrechtsgesetzgebung sei dabei ganz abgesehen.

Die Regierungen allein schaffen die Möglichkeit, nationale Kartelle zu bilden, durch Zölle und andere Maßnahmen, die den inländischen Markt vom Weltmarkte trennen. Die Schwierigkeiten, die die Bildung von Weltkartellen erschweren, sind, abgesehen von den erwähnten Fällen, praktisch unüberwindbar. Mit Hilfe von Einfuhrzöllen gelingt es aber immer wieder, wenigstens für eine gewisse Zeit nationale Kartelle zu schaffen.

Sobald es aber einmal nationale, das heißt auf das Gebiet eines Staates beschränkte Kartelle gibt, gelingt es mitunter, durch Zusammenwirken dieser zu Weltkartellen zu gelangen. Weltmonopolpreisbildung kann auch auf einem anderen Wege durch Regierungstätigkeit zur Geltung kommen: einmal durch die Verträge, die nationalen Patent- und Urheberrechtsnormen internationale Geltung verschaffen, und dann durch die übereinkommen, die den zwischenstaatlichen Warenverkehr in wichtigen Artikeln zu regulieren suchen. Davon wird noch später die Rede sein.

Man nimmt die Schwierigkeiten, die dem Abschlusse eines Kartellvertrages und noch mehr seiner Befolgung durch die Vertragspartner entgegenstehen, viel zu leicht. Das Wesen eines Kartellvertrages ist nicht die Einigung über einen Monopolpreis, sondern die Bestimmung der jedem Teilhaber zugewiesenen Quote des durch die Erhöhung des Preises verminderten Gesamtabsatzes. jeder einzelne Kartellist glaubt, daß das vermeintliche Opfer, das ihm in der Bemessung seiner Quote zugemutet wurde, ungerechtfertigt ist und daß er von den anderen Vertragspartnern übervorteilt wurde. Versuche, Kartelle zu bilden, scheitern an der Quotenfrage, und schon gebildete Kartelle werden durch Mißachtung der Quotenbestimmungen gesprengt.

Wenn die von der Regierung vorgenommene Abtrennung des inländischen Marktes vom Weltmarkte nicht hinreicht, um die Errichtung eines Kartells und damit Monopolpreisbildung zu ermöglichen, greifen die Regierungen zu unmittelbarer Monopolpreisgesetzgebung.

Das Beispiel der USA-Agrarpolitik

Das großartigste Beispiel gibt die amerikanische Farmgesetzgebung. In einem Lande wie Deutschland, in dem der inländische Verbrauch von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zum Preise Weltmarktpreis plus Zoll größer ist als die inländische Erzeugung, genügt der Zoll, um den Preis auf die von der Regierung gewünschte Höhe hinaufzusetzen. In einem Überschuß- und Ausfuhrlande, wie es die Vereinigten Staaten in bezug auf die landwirtschaftliche Erzeugung sind, ist ein bloßer Einfuhrzoll wirkungslos. Ein Einfuhrzoll kann in einem solchen Lande nur wirksam werden, wenn die inländischen Produzenten sich zu einem Kartell zusammenschließen und die auf dem inländischen Markte zum Verkauf gelangende Menge herabsetzen.

(42) Es ist eine allgemein beobachtete Tatsache, daß Kartelle landwirtschaftlicher Erzeuger unmöglich sind, weil die Landwirte einander nicht trauen. So ist es auch in den Vereinigten Staaten. Darum hat die amerikanische Regierung die Aufgabe übernommen, an Stelle der Wettbewerbspreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse Monopolpreise treten zu lassen. Viele Milliarden Dollar an Steuergeldern wurden diesem Zwecke geopfert. Dutzende von Gesetzen wurden erlassen, abgeändert, aufgehoben, durch neue Gesetze ersetzt. Milliarden wurden vergeudet, um Vorräte, die man als überschüssig erklärte, aus dem Markte zu ziehen. Ein beständig wachsender Stab von Beamten müht sich ab im Kampfe um das schöne Ziel, die Preise der Lebensmittel und anderer landwirtschaftlicher Erzeugnisse, wie zum Beispiel Baumwolle, für den inländischen Verbraucher höher zu gestalten.

Die Hauptschwierigkeit liegt, wie in jedem Versuche, Monopolpreise zur Geltung zu bringen, im Quotenproblem. Der ungeheure Verwaltungsapparat des reichsten Staates, unterstützt von den Gerichten und der Polizei, erweist sich als ohnmächtig, die durch Gesetze angeordnete Einschränkung der Erzeugung durchzuführen. Die Farmer tun nicht mit. Sie wollen wohl höhere Preise für ihre Erzeugnisse, aber sie sind nicht bereit, ihre eigene Erzeugung einzuschränken. Wie überall, scheitert auch hier die Monopolpreispolitik an der Quotenfrage.

Paradoxien der Antitrustpolitik

Das Paradoxe dieser Politik ist, daß diese amerikanische Regierung, die seit Jahrzehnten alle ihre Kräfte und finanziellen Mittel für die Monopolpreisgestaltung landwirtschaftlicher Produkte einsetzt, den Kampf gegen vermeintliche Gefahren einer Monopolpreisbildung in allen nicht-landwirtschaftlichen Dingen als das A und O ihrer Wirtschaftspolitik ansieht. Die Haupttätigkeit des amerikanischen Justizamtes besteht in der Handhabung der Antitrustgesetzgebung. Nahezu täglich wird durch die amtlichen Pressestellen dem Volke mitgeteilt, wie es schon wieder der Wachsamkeit der Behörden gelungen sei, einen verbrecherischen Anschlag irgendeiner Großindustrie zu vereiteln. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich in keiner Weise um etwas, was man als Versuch zu einer Monopolpreisbildung bezeichnen könnte.

So zum Beispiel vereitelt die Justizverwaltung alle Versuche, durch Zusammenlegung von Unternehmungen größere Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu erzielen. Solche Verschmelzung verringere, erklärt man, den Wettbewerb und bringe damit die Gefahr einer Monopolbildung näher. Niemand nimmt diese Begründung ernst, wenn sie zum Beispiel gegenüber Eisenbahngesellschaften geltend gemacht wird. jedermann weiß, daß die herrschende Partei damit um das Wohlwollen der Gewerkschaften der Eisenbahnangestellten buhlt. Es ist frivol und lächerlich zugleich, die Verschmelzung zweier kleiner Aktienbanken mit der Begründung zu verbieten, daß damit ein Kreditmonopol geschaffen werden könnte.

Die Finanzpolitik der Vereinigten Staaten ist heute ganz auf Inflation aufgebaut. Der Bundeshaushalt schließt regelmäßig mit einem Minus von vielen Milliarden. Nur ein kleiner Teil dieses Defizits wird durch nicht-inflationistische Mittel gedeckt. Unsere Zeitgenossen haben allerdings versucht, den Sachverhalt durch einen terminologischen Kunstgriff zu verschleiern. Sie nennen Inflation nicht mehr die Vermehrung der umlaufenden Geldmenge; sie bezeichnen mit diesem Ausdruck die unvermeidlichen Folgen (44) dessen, was früher Inflation hieß. Im Lichte dieses neuen Sprachgebrauchs ist es nicht die Regierung, die Inflation macht, sondern die Firmen, die höhere Preise verlangen.

Die offizielle Doktrin vermeidet ängstlich jede Erwähnung der Tatsache, daß eine Vermehrung der umlaufenden Geldmenge im Spiele ist. Sie vermeidet, soweit es geht, von einem Minus im Bundeshaushalt zu sprechen. Wo sich das nicht vermeiden läßt, wird wohl, ab und zu und nur mit einem gewissen Widerstreben, das Wort Defizit gebraucht. Man hütet sich aber, einen Schritt weiterzugehen und zu erklären, wie aus dem Defizit bestimmte Staatsausgaben, zum Beispiel die Zahlung von Besoldungen, bestritten werden können. Wenn es nicht mehr länger angeht, den Tatbestand der Inflation zu verhüllen, nehmen die journalistischen Verteidiger der Geldpolitik ihre Zuflucht zu dem Keynes entlehnten Sprachgebrauch: Vollbeschäftigungspolitik.

Keynes befürwortete Inflation zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, da er glaubte, daß die Gewerkschaften einem Sinken der Reallöhne weniger Widerstand entgegensetzen werden, wenn nur die Höhe der Geldlöhne unverändert beibehalten wird. Es mag dahingestellt bleiben, wie es mit der Richtigkeit dieser Annahme zur Zeit stand, als Keynes seine General Theory veröffentlichte. Niemand bestreitet, daß es den Gewerkschaften und ihren Mitgliedern heute und schon lange nicht um die Höhe der Geldlöhne, sondern um ihre Kaufkraft zu tun ist. Im übrigen spielt bei den Auseinandersetzungen um Lohnfragen die Berufung auf Änderungen in der Kaufkraft des Dollars heute nur eine untergeordnete Rolle. Die Arbeiter, und mit ihnen die Mehrheit der Intellektuellen, betrachten jede Forderung nach Lohnerhöhung als gerechtfertigt.

Seit Jahren bemüht sich die Bundesregierung, die Festsetzung der Preise und Löhne zu einer Aufgabe des Staatsapparates zu machen. Immer wieder wird den Unternehmungen mit staatlicher Festsetzung der Preise gedroht. In Ermanglung einer gesetzlichen Vollmacht, die Preise festzusetzen, bedient sich die Verwaltung der Antitrustgesetzgebung, um die Unternehmungen ihren Wünschen gefügig zu machen. Mit Hilfe der Antitrustgesetzgebung bemühen sich die Staatsmänner, die Unternehmungen zu veranlassen, Lohnerhöhungen zu gewähren, ohne die Preise der Erzeugnisse zu erhöhen. Die Antitrust-Gesetze dienen der Regierung als Ersatz für die angestrebte und bisher noch nicht erreichte allgemeine Preiskontrolle.

"Weltmonopole“


Die monopolpreisfreundliche Politik der Staaten hat schon längst, auch über das schon erwähnte Feld der Patent- und Urheberrechte hinaus, zu internationaler Zusammenarbeit zum Zwecke der Bildung von Weltmonopolen geführt. Was der Genfer Völkerbund auf diesem Gebiete geleistet hat, kann man in einer Zusammenstellung finden, die das Internationale Arbeitsamt im Jahre 1943 unter dem Titel Intergovernmental Commodity Control Agreements veröffentlicht hat. Doch die Betätigung der Regierungen auf diesem Gebiete hat durch den zweiten Krieg nur eine kurze Unterbrechung erfahren.

Der Sprachgebrauch der Ämter bezeichnet als das Ziel dieser zwischenstaatlichen Vereinbarungen: Vermeidung der Erzeugung von Überschüssen und Stabilisierung der Preise. Das ist eine feine Umschreibung der jeder Monopolpreisaktion vorschwebenden Ziele. In den Augen derer, die durch die Beseitigung dieser vermeintlichen Oberschüsse um die Gelegenheit gebracht werden, ihre eigene Lebenshaltung zu verbessern, erscheinen diese Mengen keineswegs als überschüssig. Und der Ausdruck “Stabilisie- (45) rung der Preise” bedeutet, vom Standpunkt der Verbraucher gesehen, einfach Hinaufsetzung der Preise, bedeutet, daß an Stelle eines niedrigeren Preises, der sich unter dem Druck des Wettbewerbes auf dem freien Markte gebildet hätte, ein höherer Preis, ein Monopolpreis, tritt.

Das lehrreichste Beispiel bietet das internationale Kaffee-Übereinkommen. Seit dem Beginn unseres Jahrhunderts hat sich die brasilianische Regierung bemüht, die Preise für Kaffeebohnen emporzutreiben. Diese Valorisationspolitik war überaus kostspielig und konnte es zu keinem rechten Erfolg bringen. Man sprach von ihr ab und zu. Die Zeitungen berichteten von Zeit zu Zeit über besonders anstößige Maßnahmen, zum Beispiel wenn Kaffeemengen zum Heizen der Lokomotiven auf den brasilianischen Staatsbahnen verwendet wurden. Die Eröffnung neuer Kaffeepflanzungen in und außerhalb Brasiliens hielt die Marktpreise auf einem Stande, der die Pflanzungen auf schlechterem Boden unrentabel machte. Wie überall in der kapitalistischen Wirtschaft kam auch hier die Souveränität des Verbrauchers zum Ausdruck. Der Markt weist durch die Preisgestaltung jedem Zweig der Erzeugung die Ausdehnung zu, die den Wünschen der Verbraucher entspricht. Was darüber hinaus erzeugt wird, ist, vom Standpunkte der Verbraucher gesehen, schädlich, weil es Kapital und Arbeit einer Verwendung entzieht, die Güter erzeugen könnte, die die Verbraucher dringender begehren.

Doch da trat die amerikanische Regierung auf den Plan. Der Verbrauch von Kaffee pro Kopf der Bevölkerung ist in den Vereinigten Staaten größer als in jedem anderen der Länder, die nicht selbst Kaffee bauen. Die amerikanische Regierung wird nicht müde, der Öffentlichkeit zu versichern, daß ihr das Wohl der Verbraucher vor allem am Herzen liege. Man spricht schon lange von Plänen, ein besonderes Ministerium zum Schutze der Konsumenten einzurichten. Diese väterliche Fürsorge für den Verbraucher hat sich in der Kaffeefrage in eigentümlicher Weise geäußert.

Viele Wochen lang berieten die Vertreter der wichtigsten Kaffeebauer- und Kaffeeverbraucher-Staaten in größter Heimlichkeit in den Räumen des Washingtoner Außenamtes. Das amerikanische Recht nennt Besprechungen zum Abschlusse eines Kartellvertrages Verschwörungen, conspiracies, und ihr Ergebnis ein Verbrechen. Doch sobald die Einigung in der Kaffeefrage zustande kam, wurde dies als großer Erfolg der Staatspolitik durch die amtlichen Pressestellen der Welt bekanntgegeben.
Das Übereinkommen teilt jedem Lande, in dem Kaffee angebaut wird, eine bestimmte Ausfuhrmenge zu. Auf dem Weltmarkte ist folglich nur eine fest begrenzte Menge von Kaffee verfügbar. Wie die einzelnen Erzeugungsländer die ihnen zugewiesene Kartell-Quote zu Hause aufteilen, ist ganz ihnen überlassen. Die Hauptsache ist, daß auf dem Weltmarkte, das ist für die Gesamtheit der Länder, die Kaffee verbrauchen, ohne Kaffee zu erzeugen, nur eine Menge verfügbar ist, die zu einem höheren Preis als dem, der sich auf dem freien Weltmarkte bilden würde, voll abgesetzt werden kann. Der gesamte Regierungsapparat aller Vertragsstaaten wacht über die Einhaltung der Vertragsbestimmungen.

Die Verantwortlichkeit des Staates

Man mag von den geistigen Fähigkeiten von Regierungsleuten nicht besser denken als einst der schwedische Kanzler Oxenstierna. Man wird dennoch kaum annehmen können, daß es den vielen amerikanischen Amtsträgern – vor allem den Senatoren –, die (46) an der Gesetzwerdung des Vertrages mitgewirkt haben, entgangen wäre, daß es sich hier um einen jener Fälle handelt, die das amerikanische Gesetz als das Verbrechen der Beschränkung der Handelsfreiheit – restraint of trade – mit strengen Strafen bedroht.
Dem Kaffeevertrage fehlt auch nicht die Unterschrift der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken. Kaum ein Tag vergeht, ohne daß die Propagandaorgane des Kommunistenreichs der Welt von den Übeln des Monopolkapitalismus erzählen. Doch sobald sich eine Gelegenheit ergibt, einem Monopolpreis Geltung zu verschaffen, beeilen sich die Sowjets mitzutun.

Die kartellfreundlichen Regierungen wissen natürlich immer ihren Standpunkt zu rechtfertigen. Im Kaffeefalle sprechen sie von der Notwendigkeit, das Einkommen der Kaffeepflanzer zu erhöhen. Als ob es Kartelle geben würde, die etwas anderes beabsichtigen als die Erhöhung des Einkommens der Monopolisten. Doch wir können die Erörterung dieser Seite der Angelegenheit beiseite lassen. Es handelt sich für uns nicht um die Frage, ob Monopole, Monopolpreise und Kartelle gut oder böse sind. Uns geht es nur darum, ob die Monopolpreisbildungen, denen wir heute gegenüberstehen, aus dem freien Spiel des Marktes hervorgegangen sind oder ob sie das Ergebnis einer bewußt auf die Schaffung von Monopolpreisen gerichteten Regierungstätigkeit sind.

Man kann nicht im Zweifel sein, wie diese Frage zu beantworten ist. Die angeblich unaufhaltsame Tendenz zur Verdrängung der Wettbewerbspreise des freien Marktes durch Monopolpreise gibt es nicht. Die Kartellierungen und Monopolpreisbildungen, von denen man heute spricht, verdanken ihre Entstehung und ihr Wirken obrigkeitlichen Eingriffen in das Marktgetriebe.

Die Regierungen und die politischen Parteien sehen es als ihre vornehmste Pflicht an, alles zu tun, um die Vorherrschaft der Verbraucher in den Dingen, die man als die wirtschaftlichen zu bezeichnen pflegt, zu beseitigen. Sie suchen an die Stelle der Selbstbestimmung des einzelnen die Autorität der Amtsträger zu setzen. Sie glauben, daß sie damit dem demokratischen Ideal dienen, da doch die Amtsträger aus der Wahl der Bürger hervorgehen. Indem sie so urteilen, verkennen sie, daß die politische Demokratie als Mittel, den Grundsatz der Selbstbestimmung des Menschen zur Geltung zu bringen, hinter der wirtschaftlichen Demokratie des Marktes weit zurücksteht. Die Mehrheitsentscheidung, die das Wesen der politischen Demokratie ausmacht, vergewaltigt die Minderheit. Doch in der wirtschaftlichen Demokratie des Marktes wird auch den Bedürfnissen von Minderheiten Rechnung getragen. In der Verkennung dieses Tatbestandes liegt einer der schwersten Irrtümer der heute im nicht-kommunistischen Westen vorherrschenden Wirtschaftspolitiker.

Wie die Inkas …

Die Feststellung, daß Regierungen und Politische Parteien, die nicht müde werden, den Kampf gegen Kartelle und Monopole als eine der vornehmsten Aufgaben ihrer Politik zu bezeichnen, selbst unentwegt auf die Verdrängung der Wettbewerbspreise des freien Marktes durch Monopolpreise hinarbeiten, kennzeichnet das Wesen dessen, das man heute fortschrittliche und volkstümliche Wirtschaftspolitik nennt.

Wenn es den Regierungen und den radikalen Parteien ernstlich um die Beseitigung einer angeblich vorwaltenden Tendenz zur Verdrängung der Wettbewerbspreise durch (47) Monopolpreise zu tun wäre, dann könnten sie ihr Ziel recht einfach erreichen. Wo es keine Einfuhrzölle gibt und bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen den Inländern keine Vorzugsstellung eingeräumt wird, kann es auch keine Kartellierung und keine Monopolpreise geben. In einem derartigen laissez-faire-System herrscht Handelsfreiheit. In der freien Marktwirtschaft haben die Verbraucher den Vorrang. Da ist Eigentum an Produktionsmitteln gewissermaßen ein Mandat, das die Gesellschaft den Eigentümern übertragen hat mit der Verpflichtung, es so zu gebrauchen, daß die dringendsten unter den noch nicht befriedigten Begehrungen der Verbraucher so gut und billig als nur möglich befriedigt werden. Die Regierungen dagegen streben eine Verfassung an, in der sie allein zu bestimmen haben, was, wie und von wem erzeugt wird und wieviel von jedem einzelnen gebraucht werden darf. Der einzelne soll nicht länger das Recht haben, sich einen Platz in der Gesellschaftsordnung zu suchen. Er soll zu einem willenlosen Werkzeug der Staatsraison werden.

Es ist paradox, daß die, die für diese Politik allgemeiner Verknechtung eintreten, der Meinung sind, daß sie Kämpfer für Freiheit und Selbstbestimmung der Individuen und der Völker sind. Ihr Ideal ist die Gesellschaftsordnung, die die Pharonen und die Inkas einst aufgerichtet haben. Doch sie betrachten sich selbst als die Nachfolger der Freiheitskämpfer aller Zeiten und bezeichnen sich in den Vereinigten Staaten als Liberale. Sie betrachten Freiheitsrechte und Eigentumsrechte als Gegensatz und wollen nicht sehen, daß menschliche Freiheit ohne Sondereigentum an den Produktionsmitteln undenkbar und undurchführbar ist.