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Biographie: Siegfried von Strakosch (1963)

Biographie: Siegfried von Strakosch (1963)

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Quelle: Neue Oesterreichische Biographie ab 1815: Grosse Österreicher. Wien: Amalthea-Verlag. Band 15 (1963) S. 160-165

Siegfried von Strakosch (1867-1933)

Siegfried Strakosch wurde am 19. Mai 1867 in Brünn geboren. Seine Familie war seit Generationen im Tuchhandel und in der Tucherzeugung und seit den sechziger Jahren auch in der Zuckerindustrie tätig. Sein Vater – Isidor Strakosch (1825-1902) – war Gesellschafter der Tuchfabrik Gebrüder Strakosch. Er erzog den Sohn zur Nachfolge in der Tuchindustrie. So verließ Siegfried Strakosch mit 14 Jahren das Gymnasium, um in das väterliche Geschäft einzutreten. Nach Absolvierung des Einjährig-Freiwilligen-Jahres wurde er Teilhaber der Firma. Er heiratete Frau Rosa, geborene Schwarz, die im Jahre 1907 starb. Der Ehe entstammte ein Sohn – Georg – der nach dem Tode seines Vaters an dessen Stelle in der Leitung der Hohenauer Zuckerfabrik trat.

Im Jahre 1900 übernahm Isidor Strakosch – zusammen mit einem andern Mitglied seiner Familie – die Zuckerfabrik in Hohenau in Niederösterreich und die mit ihr verbundenen landwirtschaftlichen Betriebe und Pachtungen. Mit einem Schlage sah sich Siegfried Strakosch damit vor neue, ihm bis dahin fremde geschäftliche und technische Probleme gestellt. Da sein Vater zu alt war, um sich mit den neuen Aufgaben voll vertraut zu machen, fiel die ganze Verantwortung auf ihn und seinen Vetter Felix Strakosch; 1902, nach dem Tode Isidor Strakoschs ist er auch offiziell Mitinhaber der Hohenauer Firma geworden.

Einem Mann wie Siegfried Strakosch konnte es nicht genügen, oberflächliche Kenntnisse von dem neuen Tätigkeitsfeld zu erlangen. Ungeachtet der Arbeitsfülle, die die Führung eines Großbetriebes auferlegte, beschloß er, nach voller wissenschaftlicher Beherrschung der technischen Probleme der Zuckerindustrie und der Landwirtschaft zu streben. Er belegte als außerordentlicher Hörer Vorlesungen an der Wiener Technischen Hochschule und an der philosophischen Fakultät der Wiener Universität. An der Technischen Hochschule hörte er die Vorlesungen der Professoren Kraft und Bauer, an der Universität die Vorlesungen von Wiesner, Wettstein, Hatschek, Lieben und Müllner. Besonders eifrig arbeitete er im pflanzenphysiologischen Institut der Universität unter der Leitung Wiesners, dem er auch auf seiner Studienreise nach Amerika bei photometrischen Arbeiten assistierte.

Was Strakosch von den Vorlesungen und von seiner Arbeit in den Laboratorien mitbrachte, suchte er in seiner Industrie zu verwerten. Als die Frucht von morphologischen und physiologischen Beobachtungen an der Zuckerrübe veröffentlichte er drei Arbeiten, die volle Anerkennung der Fachgelehrten gefunden haben:

Über den Einfluß des Sonnen- und des diffusen Tageslichts auf die Entwicklung von Beta vulgaris (1906);
Ein Beitrag zur Kenntnis des Kohlenhydrat-Stoffwechsels in Beta vulgaris (in den Sitzungsberichten der K. K. Akademie der Wissenschaften in Wien, 1907);
Der Werdegang des Rohzuckers in der Zuckerrübe (1908).

Auf der Reise nach den Vereinigten Staaten, die Strakosch im Jahre 1904 mit seinem Lehrer Wiesner zum Zwecke von lichtklimatischen und lichtphysiologischen Messungen unternommen hatte, wurde sein Interesse sehr bald auf die besonderen Verhältnisse der amerikanischen Landwirtschaft gelenkt. Er verlängerte seinen Aufenthalt, um die verschiedenen Zweige der landwirtschaftlichen Arbeit und der Verwertung ihrer Erzeugnisse kennen zu lernen. Als Ergebnis dieser Untersuchungen erschien 1905 sein erstes Buch „Amerikanische Landwirtschaft, eine Reisestudie“.

Man kann schon in diesem seinem ersten volkswirtschaftlichen Versuch den Standpunkt erkennen, von dem Strakosch die Stellung der Landwirtschaft im Gesamtgefüge der Gesellschaft und der gesellschaftlichen Arbeitsteilung beurteilte. Alle wirtschaftliche Tätigkeit dient der bestmöglichen Versorgung der Verbraucher. Die Erfolge der amerikanischen Landwirtschaft sind dem Umstande zuzuschreiben, daß keinerlei Regierungsmaßnahmen den mindertüchtigen Farmer gegen den Wettbewerb des tüchtigeren schützen. Der einzelne Landwirt muß alle seine Kräfte anspannen, um so gut und so billig als möglich zu produzieren.

Im Jahre 1907 veröffentlichte Strakosch ein weiteres Buch, „Das Problem der ungleichen Arbeitsleistung unserer Kulturpflanzen“. Es handelt von der Erscheinung, daß nicht jede Pflanzenart für den Aufbau einer bestimmten Menge Nutzsubstanz, die sie liefert, dem Boden dieselbe Menge an Nährstoffen entnimmt. Diese Tatsache war schon vor dem Erscheinen von Strakoschs Buch bekannt. Allein erst Strakosch hat das Problem genau formuliert und zuerst versucht, es ziffernmäßig darzustellen. Seine Leistung wurde von allen Fachmännern eingehend gewürdigt und ist zum Ausgangspunkt einer Reihe von pflanzenphysiologischen Untersuchungen geworden. Strakosch selbst hat sich mit dem Problem sowohl vom pflanzenphysiologischen als auch vom volkswirtschaftlichen Standpunkt noch wiederholt beschäftigt. So vor allem 1908 in einer kleinen Schrift „Bodenökonomie und Wirtschaftspolitik“, deren Anhang von dem assimilatorischen Effekt verschiedener Kulturgewächse in seiner Bedeutung für Land- und Volkswirtschaft handelt.

Von der Befassung mit den naturwissenschaftlichen Problemen der Landwirtschaft kam Strakosch mehr und mehr zum Studium ihrer volkswirtschaftlichen Verhältnisse. Die Reise nach den Vereinigten Staaten war ursprünglich nur dem Studium naturwissenschaftlicher Dinge gewidmet. Doch was Strakoschs Aufmerksamkeit dort vor allem fesselte, war das, was die Wirtschaft der Union von der Österreichs unterschied. Als Strakosch im Jahre 1907 Ägypten und den unter englisch-ägyptischer Verwaltung stehenden Sudan besuchte, lernte er Gebiete kennen, in denen versucht wurde, primitive Landwirtschaftstechnik durch Zufuhr ausländischen Kapitals und Anwendung der Methoden moderner westlicher Wissenschaft umzugestalten. Das Ergebnis dieser Studien war das Buch „Erwachende Agrarländer“, das 1910 veröffentlicht wurde.

Im Jahre 1903 übersiedelte Strakosch nach Wien und erwarb ein Haus in der Sternwartestraße, in dem er bis an sein Lebensende (1933) verblieb und in dem seine Familie noch heute lebt. 1909 ging er eine neue Ehe mit Frau Wally, geborene Duschnitz, ein. Dieser Ehe entstammten zwei Töchter, Frau Christi Patzau und Frau Lily Schnitzler, und ein Sohn, Hans. Von Wien aus leitete Strakosch die Zuckerfabrik und die mit ihr verbundenen großen landwirtschaftlichen Betriebe. Doch neben die erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit trat immer mehr die Befassung mit wirtschaftspolitischen Problemen. Strakosch wurde zu einem der führenden Männer in der beruflichen Organisation der Landwirtschaft und zu einem der einflußreichsten Berater der mit agrarischen Problemen befaßten Regierungsstellen. Seine Verdienste wurden von seinen Berufsgenossen wiederholt anerkannt. Im Jahre 1913 wurde er von Kaiser Franz Joseph in den erblichen Adelstand mit dem Prädikate von Feldringen erhoben. Doch höher als andere Auszeichnungen und Ehrungen stellte Strakosch das Ehrendoktorat der Hochschule für Bodenkultur in Wien, das ihm in demselben Jahre, „in Anerkennung seiner wissenschaftlichen und praktischen Leistungen auf dem Gebiete der Landwirtschaft“, verliehen wurde.

Strakosch war einer der letzten Repräsentanten jenes österreichischen Großbürgertums, das dem Wiener Leben im Zeitalter Kaiser Franz Josephs in vieler Hinsicht das Gepräge gab. Er war als Geschäftsmann unermüdlich und erfolgreich. Doch seine Interessen umfaßten weit mehr. Er war wohl vertraut mit allen geistigen und künstlerischen Strömungen. Zu seinen Freunden zählte er viele der bedeutendsten Musiker, Schriftsteller und bildenden Künstler. Er hatte die Gabe, schöpferische Leistung jeder Art zu verstehen und zu würdigen.

Im Jahre 1916 veröffentlichte Strakosch eine umfassende handels- und produktionspolitische Untersuchung unter dem Titel „Die Grundlagen der Agrarwirtschaft in Österreich“. Manches, das in diesem Buche unter dem Gesichtspunkt des Fortbestandes der österreichisch-ungarischen Zollgemeinschaft behandelt worden war, konnte nach dem Ende des Krieges keine Geltung haben. Die geänderten Verhältnisse erörterte Strakosch in einer Reihe von Aufsätzen, die in Fachzeitschriften und in der Tagespresse erschienen, ehe er ihnen schließlich in einem 1930 veröffentlichten neuen Buch: „Das Agrarproblem im Neuen Europa“, eine geschlossene Darstellung gab.

In derartigen wirtschaftspolitischen Schriften ist viel, das sich auf die augenblicklichen Zustände bezieht und später nur den Historiker interessiert. Doch es ist nicht schwer, aus dem agrarpolitischen Schrifttum von Strakosch das herauszuheben, was über den Zeitpunkt des Entstehens hinaus von bleibender Bedeutung ist.

Da war zunächst das Problem der Stellung der landwirtschaftlichen Urproduktion im Gefüge der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Es wurde allgemein angenommen, daß die Landwirtschaft der Kulturländer West- und Mitteleuropas nicht fähig sei, dem Wettbewerb der osteuropäischen und der überseeischen Agrarproduktion standzuhalten. Da man aus verschiedenen sozialpolitischen, militärpolitischen und anderen Gründen es als unerwünscht ansah, auf die heimische Erzeugung von Nahrungsmitteln zu verzichten und sich ganz durch Einfuhr von Getreide, Vieh, Fleisch, und Meiereiprodukten aus dem Auslande zu versorgen, hatte man zum Schutzzoll gegriffen. Selbst England, das am längsten am Freihandel festgehalten hatte, war schließlich zur Schutzpolitik übergegangen. Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden vom Staate auf Kosten der Verbraucher erhalten. Sie gerieten damit in Abhängigkeit von der Regierung und den politischen Parteien. Ihre Existenz mußte, von Standpunkt der übrigen Bevölkerungsschichten aus gesehen, als parasitisch erscheinen. Doch die geistigen Führer der Landwirte waren geneigt, sich mit dieser Lage der Dinge abzufinden. Sie zweifelten nicht daran, daß es ihnen und ihren Nachfolgern gelingen werde, der Schutzzollpolitik immer wieder zum Siege zu verhelfen. Sie achteten nicht darauf, daß die fortschreitende Industrialisierung das Zahlenverhältnis zwischen der Minderheit, die vom Zoll Vorteil erwartete, und der Mehrheit, die er belastete, so verschieben muß, daß es der Minderheit immer schwere fallen wird, ihren Willen im politischen Kampfe durchzusetzen.

Siegfried von Strakosch wies die herrschende Auffassung als durchaus irrig zurück. Zunächst bestritt er ihre Grundannahme, derzufolge die Beschaffenheit des Bodens es West- und Mitteleuropa unmöglich mache, auf dem Weltmarkte im Wettbewerb zu bestehen. Auch in Europa gebe es erstklassigen Boden, dessen Ergiebigkeit – bei zweckentsprechender Bebauung – durchaus rentabel sei. Was der euro päischen Landwirtschaft vor allem schade, sei die technologische Rückständigkeit vieler Betriebe, ihre unangebrachte Traditionsgebundenheit, und schließlich die mangelnde wissenschaftliche und kaufmännische Ausbildung der Landwirte. Im zwanzigsten Jahrhundert könne kein Produktionszweig darauf verzichten, sich die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft zu Nutze zu machen. Der moderne Landwirt müsse technologisch geschult sein und die Fortschritte der Technik aufmerksam verfolgen. Er müsse es verstehen, seine Betriebsführung den wechselnden Marktverhältnissen anzupassen. Dann werde er es mit den Farmen Amerikas und Australiens aufnehmen können.

Von diesen Gedankengängen geleitet, wollte Strakosch, im Gegensatz zu vielen seiner Freunde und Berufsgenossen, den Schutzzoll nicht als eine dauernde Einrichtung betrachtet wissen. Die Zölle sollen es den Landwirten ermöglichen, ihre Betriebe den neuen Verhältnissen anzupassen. Sie sollen eine Art Übergangs- und Erziehungszoll. darstellen. Ihren Zweck werden sie ganz erfüllt haben an dem Tage, an dem die Landwirtschaft keines weiteren Schutzes mehr bedürfen wird.

Strakosch erkannte klar den Widerspruch in den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ideen der landwirtschaftlichen Kreise. Sowohl die vorwiegend der alten Aristokratie entstammenden Großgrundbesitzer als auch die bäuerlichen Landwirte lehnten das sozialistische Programm ab. Ihr Ideal war ein Staatswesen, in der konservative Politik ihre vornehmste Stütze im Selbstbewußtsein freier Landwirte finden sollte. Das war es vor allem, das sie im Auge hatten, wenn sie von den sittlichen Werten der Bodenständigkeit sprachen. Doch wie sollte diese Unabhängigkeit erhalten bleiben, wenn die Landwirtschaft nur durch fortgesetzte Eingriff der Staatsgewalt vor dem Untergang bewahrt werden konnte? Strakosch sah ganz richtig, daß jede neue Maßnahme zum „Schutze“ und „zu Gunsten“ der Landwirtschaft einen Schritt vorwärts auf dem Wege zum Sozialismus bedeutete. Er tadelte die Kurzsichtigkeit seiner Berufsgenossen, die bei dem Worte Sozialismus immer an bureaukratisch geführte Staatsbetriebe dachten und nicht sahen, daß der staatlich reglementierte, wenn auch formaljuristisch im Privateigentum belassene Landwirtschaftsbetrieb die der Urproduktion in einem vorwiegend gebirgigen Lande entsprechende Form der Sozialisierung ist. Wenn man immer mehr staatliche Einmischung zu eigenen Gunsten fordert, kann man nicht erwarten, daß der Widerstand, den man der Erstarkung staatlicher Einflußnahme in anderen Bezirken der Wirtschaft entgegensetzt, Erfolg haben wird.

Auch vom Standpunkte der österreichischen Außenpolitik fand Strakosch das dauernde Festhalten an der Schutzzollpolitik bedenklich. Die Wiederherstellung freundschaftlicher Beziehungen zu den Oststaaten, vor allem zu Ungarn und Jugoslawien, erschien ihm unmöglich, solange den landwirtschaftlichen Erzeugnissen dieser Länder der Zutritt zum österreichischen Markt verwehrt wird. Die österreichische Industrie glaubte, auf den Absatz im europäischen Südosten nicht verzichten zu können. Eine schroffe Absperrungspolitik erschien für Österreich sowohl aus allgemein-politischen als auch aus volkswirtschaftlichen Rücksichten unangebracht.

Die führende Rolle, die ihm sowohl in der Interessenorganisation der Landwirte als auch in der der Industriellen zufiel, machte es Strakosch möglich, seine Gedanken immer wieder in neuer Fassung den einflußreichsten Männern vorzutragen. Immer wieder gelang es ihm, Mißverständnisse aufzuklären, die zwischen den verschiedenen Interessentengruppen entstanden waren. In den Kriegsjahren, als sein Freund Ernst Seidler die Arbeiten des Ackerbauministeriums leitete und dann als Ministerpräsident Kaiser Karls fungierte, wurde Strakoschs Rat vor jeder bedeutenden agrarpolitischen Entscheidung eingeholt. In der Republik waren Bundespräsident Michael Hainisch und Bundeskanzler Dollfuß stets darauf bedacht, in wichtigen die Landwirtschaft betreffenden Fragen vorerst die Auffassung Strakoschs kennen zu lernen.

Wer sich in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg mit wirtschaftpolitischen Problemen befaßte, mußte seine Stellung zum Streite um die gesellschaftliche Ordnung der Produktion klar bekennen. Die überwiegende Mehrzahl der österreichischen Wähler widersetzte sich dem Plan einer kleinen Schar von marxistischen Heißspornen, die dem russischen Beispiel folgen wollten. Doch das Schlagwort „Sozialisierung“ beherrschte die Geister, und eine von der Regierung eingesetzte Sozialisierungskommission wurde mit den theoretischen Vorarbeiten zur Überleitung Österreichs in ein sozialistisches Gemeinwesen betraut. Der Widerstand der „bürgerlichen“ Parteien richtete sich vor allem gegen das allgemein politische und kulturelle Programm des Sozialismus und weniger gegen die Bestrebungen, durch verschiedene interventionistische Maßnahmen die Sozialisierung Schritt für Schritt herbeizuführen. Die Inflation hatte den Staatshaushalt zerrüttet, und alle ihre Folgen wurden von einer irregeleiteten öffentlichen Meinung als Mängel der marktwirtschaftlichen Ordnung gedeutet.

Das war der Stand der Dinge, die Strakosch in seinem Buche „Der Selbstmord eines Volkes“ (1922) behandelte. In klaren Worten, die jeder verstehen mußte, wurde da gezeigt, daß ein Wandel der Wirtschaftspolitik unabweislich sei. Das Gleichgewicht im öffentlichen Haushalt müsse wiederhergestellt und die Währung stabilisiert werden. Den Bestrebungen des Unternehmertums, die Wirtschaft den neuen Verhältnissen anzupassen, dürfen keine bürokratischen Hindernisse in den Weg gelegt werden. Nur dann könne Österreich wiederaufgerichtet werden. Bundeskanzler Seipel hat anerkannt, daß diese Schrift besser als alles andere, das über diese Dinge gesagt und geschrieben wurde, dem Laien die Notwendigkeit und Ersprießlichkeit seines finanz- und währungspolitischen Reformwerkes von 1922 dargelegt habe.

In einem Zeitalter der Zerstörung alter Werte und Einrichtungen war Siegfried von Strakosch ein Mann der Arbeit und des Aufbaus. Er vereinigte in seiner Person naturwissenschaftlich-technologisches Wissen und volkswirtschaftliche Einsicht; er war Kaufmann, Industrieller und Landwirt; er war erfolgreich als Schriftsteller und als Wirtschaftspolitiker; er war ein Freund, Berater und Mitarbeiter aller, die im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts Wiens kulturelle Bedeutung zu bewahren und zu erneuern suchten. In einem kritischen Augenblick österreichischer Geschichte, als selbst manche aufrichtige Patrioten die „Lebensfähigkeit“ des neuen Staatswesens bezweifelten, gehörte er zur kleinen Schar der Wegbereiter einer besseren Zukunft.

Literatur
Frau Wally von Strakosch hat bald nach dem Tode ihres Gatten unter dem Titel „Dr. h. c. Siegfried von Strakosch-Feldringen 1867–1933“ einen Privatdruck von 27 Seiten erscheinen lassen. Er enthält ein vollständiges Schriftenverzeichnis, ein Verzeichnis der wichtigeren Besprechungen und der bedeutendsten Nachrufe, sowie einen autobiographischen Aufsatz, den Dr. von Strakosch 1927 als Vorwort für eine damals geplante Herausgabe einer Sammlung seiner Abhandlungen verfaßt hatte.

Ludwig von Mises