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Zukunft des Dollar — Zukunft der Demokratie (1964)

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Quelle: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. 17:1 (Januar 1964) S. 14-15

Man verkennt die Probleme unserer Tage, wenn man von der Zukunft des Dollar spricht, ohne darauf hinzuweisen, daß es dabei um die Zukunft der demokratisch-republikanischen Staatsform geht. Der Dollar ist siech, weil die Politik der Parteien ihn hinsiechen läßt. Nur eine radikale Neugestaltung der politischen Ideologie könnte zu geordneten Währungsverhältnissen zurückführen.

In der „bösen“ Zeit des wirtschaftspolitischen Liberalismus wurde es als selbstverständlich hingenommen, daß die Bürger die Kosten des Staatsapparates zu bestreiten haben. Im Haushalt des Einzelnen erschien der Staat als ein Ausgabenposten. Heute herrscht die Auffassung vor, daß der Staat das Volk zu erhalten habe. Der Einzelne fragt: Was bekomme ich vom Staat? Er findet, daß der Staat ihm mehr schulde als er ihm wirklich gibt. Und als Wähler verleiht er dieser Auffassung Ausdruck.

Noch vor wenigen Jahren hielt man es für möglich, die Staatsausgaben vorwiegend durch Besteuerung der „Reichen“ zu decken. Progressive Besteuerung der Einkommen, der Vermögen und der Hinterlassenschaften sollte das Geld für eine den vermeintlichen Interessen der „werktätigen“ Schichten dienende Politik beschaffen. Von dieser Methode darf man jedoch nichts mehr erwarten. In den Vereinigten Staaten würde selbst vollständige Konfiskation aller Einkommen über 25.000 Dollar kaum einige wenige Prozent des gegenwärtigen Fehlbetrages im Budget decken. Wollte man alle Staatsausgaben aus Steuereingängen bestreiten, müßte man auch die Empfänger der Staatswohltaten besteuern. Das Prinzip des Wohltaten spendenden Staates ist unvereinbar mit dem Prinzip des von Steuererträgen erhaltenen Staates. Der Wohlfahrtsstaat kann ohne schrankenlosen Inflationismus nicht bestehen. Das ist der Sinn der leidenschaftlichen Propaganda für schlechtes Geld. Hören wir drei Stimmen: So heißt es in dem von Keynes verfaßten britischen Staatsdokument vom 8. April 1943, das die Bewegung einleitete, die zur Errichtung des International Monetary Fund führte: „Kreditausweitung . . . . . vollbringt das Wunder, Steine in Brot zu verwandeln.“ — Im Jahre 1946 erklärte der Chairman der Federal Reserve Bank of New York, Mr. Beardsley Ruml, in einem Vortrag: „Jeder souveräne Staat, der eine Institution besitzt, die in der Art einer modernen Zentralbank funktioniert und dessen Währung weder in Gold noch in irgendeine andere Ware einlösbar ist, genießt endgültige Unabhängigkeit vom Geldmarkt seines Landes.“ — Im Jahre 1944 erklärte Professor A. B. Lerner in einem Buche, das allgemein gepriesen wurde: „Der Zweck der Besteuerung ist keineswegs die Beschaffung von Geld, da doch die Regierung alles Geld, das sie benötigt, drucken kann; die wahre Absicht der Besteuerung ist, dem Steuerzahler weniger Geld zu belassen.“

Es ist nicht lange her, da wurde selbst in den Kreisen der offiziellen Wirtschaftswissenschaft die Zulässigkeit eines Defizits im Staatshaushalt mitunter bestritten. Auch die radikaleren Stimmen bechränkten die Befürwortung eines Defizits auf die Jahre schlechter Konjunktur und nahmen als selbstverständlich an, daß Überschüsse in den Jahren guten Geschäftsganges das Gleichgewicht wieder herstellen werden. Doch heute ist in den Vereinigten Staaten das Defizit zum System erhoben. Die Vorstellung, daß man ohne Defizit auskommen könne, wird als längst abgetaner Aberglaube verspottet. Wehe dem, der darauf hinweist, daß Defizit Inflation bedeutet. Unter Inflation versteht die offizielle Sprache nicht eine gewaltige Vermehrung der Geldmenge, sondern was die unausweichliche Folge einer derartigen Vermehrung ist: die fortschreitende Verteuerung aller Waren und Dienstleistungen. Nicht die Regierung macht Inflation, sagen die Sprachrohre der Bürokratie, sondern die Gewinnsucht der kapitalistischen Unternehmer.

„Something for nothing”

Der amerikanische Wähler beurteilt den Mann, der um seine Stimme wirbt, nach seinen Leistungen und Versprechungen. In den Wahlen für den Kongreß versichert der Kandidat, daß er sich für den Bau eines neuen Postamtsgebäudes oder für einen Zuschuß aus Bundesmitteln für die Verbesserung des städtischen Kanalisationssystems einsetzen werde. Der Kandidat für die Präsidentschaft spricht von einer Ausdehnung der Sozialversicherung, von gewaltigen öffentlichen Arbeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, von einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Alle suchen die Wähler durch Versprechungen persönlicher Vorteile zu gewinnen. Der Wähler soll „something for nothing“, er soll etwas umsonst erhalten. Die Frage, wer die Kosten tragen soll, wird nicht berührt. Es wird als selbstverständlich angenommen, daß die anderen, die „Reichen“, alles bezahlen werden.

Es ist zuzugeben, daß mitunter auch Stimmer, laut werden, die auf die Notwendigkeit hinweisen, überflüssigen Aufwand zu vermeiden. Doch der einzelne congress-man versteht unter Verschwendung öffentlicher Mittel nur das, was in den Wahlbezirken anderer Abgeordneter ausgegeben wird. Was für die Wähler seines Bezirkes geschieht, ist „im nationalen Interesse“ unbedingt notwendig. Das Um und Auf dessen, das hinter den Kulissen des Kongresses vor sich geht, ist die Verabredung: Stimmst Du für meine Belange, dann will ich für Deine stimmen.

Von diesem Gesichtspunkte ist die große Steuervorlage zu beurteilen, die gegenwärtig in Verhandlung steht. Die Demokratische Partei will durch gewaltigen Steuernachlaß Stimmen für die Wahl im November 1964 gewinnen. Die Ausgaben werden nicht nur nicht eingeschränkt, sie werden beträchtlich erweitert. Das Ergebnis ist wachsendes Defizit, wachsende Inflation.

Um so besser — denkt der Politiker der „Linken“. Die Inflation, die Verteuerung der Lebenskosten, macht die Massen unzufrieden; das wird uns die Möglichkeit bieten, unsere sozialistischen Pläne zu verwirklichen. Wir werden endlich dazu gelangen, Preise und Löhne festzusetzen und damit die ganze Wirtschaft behördlicher Lenkung zu unterwerfen. Das Ideal dieser Parteien, die sich heute in den Vereinigten Staaten „liberal“, fortschrittlich und demokratisch nennen, ist, was man in deutscher Sprache Zwangswirtschaft genannt hat.

Der große Betrug

Man versteht nun, weshalb alle „Realpolitiker“ die wenigen Verfechter der Rückkehr zu geordneten Währungsverhältnissen als Utopisten und Idealisten verspotten. Die Goldwährung würde den Politikern die Möglichkeit entziehen, ihre Verschwendungspolitik fortzusetzen. Was die Goldwährung auszeichnet, ist gerade das, daß sie die Gestalt der Kaufkraft der Geldeinheit unabhängig macht von der Einwirkung der Regierungen und der politischen Parteien.

Vor die Wahl gestellt zwischen dem Verzicht auf eine populäre Ausgabe und der Einführung einer unpopulären Steuer, zieht der durchschnittliche Politiker „ein wenig Inflation“ vor. Was der geordnete demokratische Staat braucht, ist Goldwährung der Bamberger Art, nicht etwa Goldkernwätrung. Goldmünzen müssen im Verkehr umlaufen. Dann wird jeder Versuch einer Inflation die Wirkung des Gresham’schen Gesetzes auslösen, Gold wird sofort aus dem Verkehr verschwinden, und die Menge wird wissen und verstehen, was vorgeht. Der große Betrug, der Inflation ermöglicht, wird rasch aufgedeckt werden.

Demokratie und Parlamentarismus können auf die Dauer nicht ohne Goldwährung auskommen. Hemmungsloser Inflationismus führt nicht nur zum Zusammenbruch des Geldwesens. Er erzeugt auch die schwerste Krise aller volkstümlichen Regierungsformen.