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Die Essenz der Wiener Schule der Ökonomie und ihre Relevanz für heute

Einführung
Carl Menger / Die Wertlehre
Böhm-Bawerk und Wieser / Sparen statt Konsum
Ludwig von Mises / Geld- und Konjunkturtheorie
Friedrich A. von Hayek / Vom Mainstream zum Nischenprogramm

Böhm-Bawerk und Wieser / Sparen statt Konsum

Böhm-Bawerk und Wieser

Seine unmittelbaren Nachfolger waren die Studienkollegen und Freunde Eugen von Böhm-Bawerk und Friedrich von Wieser. Eugen Böhm Ritter von Bawerk
wurde 1851 im mährischen Brünn (heute in Tschechien) geboren. Sein
didaktisches Geschick stand dem seines Lehrers in nichts nach, seine
Werke sind aufgrund der geistreichen Beispiele und der klaren Sprache
noch heute besonders lesbar, was man von anderen ökonomischen
Werken
der Zeit kaum behaupten kann. Besonderes Verdienst erwarb er sich um
die Weiterentwicklung der Kapital- und Zinstheorie, der jedoch Carl
Menger zu Recht sehr kritisch gegenüberstand, da Böhm-Bawerk zu einer
gewissen abstrakten Künstlichkeit tendiert, die teilweise der heutigen
Neoklassik ähnelt.

In seiner berühmten Schrift von 1896, Zum Abschluß des Marxschen Systems, legte Böhm-Bawerk eine eloquente Widerlegung des Marxismus
vor, insbesondere von dessen absurder, wenngleich auf der klassischen Ökonomie beruhender Arbeitswerttheorie.

Friedrich Freiherr von Wieser, auch 1851 geboren, galt ebenfalls als hervorragender Lehrer, formulierte Mengers Wertlehre aus und prägte
wesentliche
Begriffe. So führte er den Begriff „Grenznutzen“ in die Ökonomie ein
und entwickelte er das Konzept der Opportunitätskosten, dessen
Bedeutung kaum überschätzt werden kann. Opportunitätskosten sind als
entgangener Nutzen in der Regel „unsichtbar“ und liegen zahlreichen,
bis heute dominanten Täuschungen der Politik zu Grunde, z.B. überall
dort, wo „Umwegrentabilitäten“ von „Ökonomen“ im Staatsdienst berechnet
werden – nach Frédéric Bastiat als „Irrtum vom zerbrochenen Fenster“
bekannt.

Sparen statt Konsum

Böhm-Bawerk prägte eine Essenz der Wiener Schule in beispielhafter
Klarheit: Die Bedeutung des Kapitals. Darunter ist keine ideologische
Voreingenommenheit
gegenüber einer angeblichen „Klasse“ zu verstehen, sondern eine
tiefgehende Betrachtung des Produktionsprozesses,
die diesen
gewissermaßen vom Kopf auf die Füße stellt. Bis heute ist es eine
beliebte Vorstellung, daß sich Wohlstand durch Konsum schaffen ließe.
Eine solche Welt käme all jenen, die Verantwortung und Anstrengung
scheuen, sowie den Machthabern sehr entgegen, denn letztere könnten
dann durch bloße „Umverteilung“ per Zwang „Nachfrage“ schaffen. Doch
das Konsumieren, das Einkaufen, das Besetzen eines „Arbeitsplatzes“
sind keine Selbstzwecke. Es handelt sich allenfalls um Mittel, um
unseren Zielen näher zu kommen – und dieses Näherkommen bezeichnet
höherer Wohlstand. Wie Böhm-Bawerk zeigte, gibt es hierbei allerdings
keine magischen Abkürzungen, unseren Zielen können wir nur auf Umwegen
näher kommen. Diese Umwege sind aber nur scheinbare Umwege, wir
erbringen das Scheinopfer eines vorübergehend niedrigeren Konsums und
bauen Kapital auf, das uns letztlich den „Konsum“, d.h. das Erreichen
höherer Ziele bei geringeren Opfern ermöglicht. Hier, wie an vielen
anderen Stellen, ist es Aufgabe einer realistischen Ökonomie, die
Weisheit des Hausverstandes gegen den ausgefeilten Unsinn von Ideologen
argumentativ zu verteidigen. Höherer Wohlstand ist nur durch Arbeit,
investives Sparen und Kapitalbildung erreichbar, nicht durch Konsum
oder Umverteilung. Durch ihre subjektivistische Perspektive ermöglicht
die Wiener Schule dabei stets eine weitere, realistischere Definition
der Begriffe. „Kapital“ und „Produktion“ müssen nicht eng
materialistisch verstanden werden, „Wohlstand“ nicht bloß monetär oder
utilitaristisch – auch wenn dies wohl die meisten Ökonomen der Wiener
Schule als Kinder ihrer Zeit so taten.