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Die Essenz der Wiener Schule der Ökonomie und ihre Relevanz für heute

Einführung
Carl Menger / Die Wertlehre
Böhm-Bawerk und Wieser / Sparen statt Konsum
Ludwig von Mises / Geld- und Konjunkturtheorie
Friedrich A. von Hayek / Vom Mainstream zum Nischenprogramm

Ludwig von Mises / Geld- und Konjunkturtheorie

Ludwig von Mises

Der bedeutendste Schüler Böhm-Bawerks sollte Ludwig von Mises werden. Ludwig Heinrich Edler von Mises
wurde 1881 im galizischen Lemberg (heute in der Ukraine) geboren.
Historische Bedeutung erlangte er in der sogenannten
Kalkulationsdebatte, in der er die Unmöglichkeit einer
Wirtschaftsrechnung im Sozialismus zeigte. Dafür schlug der Sozialist
Oscar Lange augenzwinkernd vor, ihm eine Statue in jedem Ministerium
für Zentralplanung zu errichten.

Mises zeigte auf, daß eine
Wirtschaft, in der die Akteure nicht rechnen können, zu massiven
Fehlallokationen führen muß. Darunter versteht er allerdings nicht
bloße Abweichungen von irgendeinem fiktiven Gleichgewichtspunkt
höchster Effizienz, sondern die Unmöglichkeit, die Produktion an den
Präferenzen der Menschen auszurichten. Denn diese Präferenzen können
nur in den freien Handlungen verantwortlicher Akteure sichtbar werden
und sich durch erfolgte Wahl- und Tauschhandlungen in Preisen
manifestieren. Die Bedeutung von Preisen liegt dabei keinesfalls in der
bloßen Ausweisung von Zahlenbeträgen. Ein frei gebildeter Preis ist die
Dokumentation von Entscheidungen seitens der für knappe Ressourcen
verantwortlichen
Menschen. Über das marktgängigste Gut, Geld, können diese vergangenen
Entscheidungen in einheitlicher Form dokumentiert und damit zur
Rechnungsgrundlage werden.

Die Geschichte gab Mises recht, doch
seinerzeit war dies alles andere als eindeutig: Versprach der
Sozialismus doch einst nicht nur eine gerechtere, sondern vor allem
auch eine effizientere Form des Wirtschaftens.

Ludwig von Mises

stand hoch oben auf der Liste der Feinde des national-sozialistischen
Regimes. Noch am Vorabend des Anschlusses wurde seine Bibliothek
ausgeräumt und beschlagnahmt. Offenbar planten die
National-Sozialisten, Margit, zum damaligen Zeitpunkt die Verlobte von
Mises, als Geisel festzuhalten, um den bereits nach Genf ausgewanderten
Mises zur Rückkehr zu bewegen – und so einen schwergewichtigen
intellektuellen Gegner endgültig auszuschalten. Zum Glück gelang Margit
von Mises rechtzeitig die Flucht. Es ist eine bittere Ironie der
Geschichte, daß Mises’ enteignete Bücher erst vor kurzem in Moskau
auftauchten; die Sowjetunion hatte sie unter ihre Kontrolle gebracht
und so blieben sie derart lange unter Verschluß.

Geld- und Konjunkturtheorie


Bleibenden
Ruhm errang Ludwig von Mises als Geld- und Konjunkturtheoretiker. Schon
Carl Menger hatte an die alte, bereits fast vergessene
Geldtheorie
angeknüpft, die Geld nicht als Erfindung und Verordnung der Machthaber
interpretierte, sondern als soziales Phänomen. Das tiefere Verständnis
der Entstehung und Funktion des Geldes erlaubt so eine scharfe Kritik
der Manipulation des Geldes, eine Geißel, die die Menschheit seit ihrer
Frühgeschichte begleitet. Nur wenige, wie etwa die mittelalterlichen
Gelehrten Jean Buridan de Béthune und Nicolas d’Oresme, haben die
Folgen einer Bereicherung der Machthaber mittels Geldentwertung erkannt. Denker der Wiener Schule wie Carl Menger, Ludwig von Mises, Friedrich A. von Hayek, Murray N. Rothbard und heute J. Guido Hülsmann und Jesús Huerta de Soto, haben diese Tradition fortgeführt.

Eng verbunden mit der Geldtheorie ist die Konjunkturzyklustheorie, die ebenfalls Ludwig von Mises ausformuliert hat. Wesentliche Verbesserungen
dieser Theorie leisteten Murray N. Rothbard und J. Guido Hülsmann.
Dieses Verständnis der Konjunkturzyklen ist aktuell von besonderer
Bedeutung. Die wenigsten Ökonomen verstehen heute die Ursachen und
Dynamiken moderner Zyklen. Wie schon bei der letzten
Weltwirtschaftkrise erweisen sich Ökonomen der Wiener Schule jedoch
wiederum geradezu als Propheten – doch sie blicken in keine wundersame
Glaskugel, sondern zeichnen sich durch ein besonderes tiefes
Verständnis dieses Phänomens aus, ein Verständnis, das nicht besonders
populär ist, da es die Ansicht ins Reich der Mythen verweist, daß
Konjunkturzyklen unvermeidbar wären. Tatsächlich sind sie die Folge von
Manipulationen – kein Wunder, daß die Konjunkturzyklustheorie an
heutigen, staatlichen Universitäten kaum noch unterrichtet wird.

Besonderes Verdienst hat sich Ludwig von Mises
noch im Bereich der Unternehmertheorie erworben. Während der
Unternehmer sonst in der Ökonomie praktisch nicht vorkommt, da er nicht
in die künstlichen Gleichgewichtsmodelle paßt, spielt er in der
Perspektive der Wiener Schule eine tragende Rolle. Im weiteren Sinne
sind wir alle Unternehmer, denn wir handeln auf eine ungewisse Zukunft
hin: all unser Handeln hat also eine spekulative Seite. Manche Menschen
schultern jedoch wesentlich mehr Ungewißheit als andere. Dies sind die
Unternehmer im engeren Sinne, die
auf eigene Verantwortung und
eigene Rechnung knappe Ressourcen einsetzen und damit auf’s Spiel
setzen. Wenn sie die Zukunft besser erahnen als andere, dann werden sie
durch Profite belohnt, wenn sie sich verschätzen, durch Verluste
bestraft. Ohne den Mut, diese ständigen Wagnisse einzugehen, gäbe es
keinen wirtschaftlichen Fortschritt, kein immer besseres Angleichen der
Produktion auf der Grundlage knapper Mittel an die Ziele der Menschen.
Doch Vorsicht: Genau jenes tiefgehende ökonomische Verständnis der
Funktion des Unternehmers erlaubt es nicht, den Begriff leichtfertig
jedermann umzuhängen, der Betriebe führt, Gelder lukriert oder
Maschinen einsetzt. Die Funktion, die den wahren Unternehmer
auszeichnet, liegt darin, auf eigene Verantwortung das Vermögen der
Menschen zu mehren, höhere Ziele besser und ressourcenschonender zu
erreichen, nicht bloß Mittel als Selbstzweck anzuhäufen.