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1910-1919

Zur Wiedereinführung des börsenmässigen Valutahandels (1919)
Stadt und Land in der direkten Besteuerung (1919)
Richard Lieben als Nationalökonom (1919)
Über die im Hinblick auf das Fortschreiten der Geldentwertung zu ergreifenden Maßnahmen (1919)
Geldentwertung und Staatshaushalt (1919)

Über die im Hinblick auf das Fortschreiten der Geldentwertung zu ergreifenden Maßnahmen (1919)

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Quelle: Dieser Artikel befand sich unter den im Moskauer Archiv entdeckten Papieren Mises'. Er wurde, soweit bekannt, nicht veröffentlicht.

Über die im Hinblick auf das Fortschreiten der Geldentwertung zu ergreifenden Maßnahmen (1919)

I.

Wir gehen dem Zusammenbruch unserer Währung entgegen. Unsere Finanzpolitik kennt nur noch ein Mittel : Notendrucken, immer wieder neue Noten drucken. Es besteht kaum eine Absicht, daß sich darin ein Wandel vollziehen werde. Man kann der sozialdemokratischen Partei billigerweise nicht zumuten, daß sie auf einmal bekenne, daß der sozialistische Gedanke innerlich zusammengebrochen sei und daß alles das, was sie seit Jahrzehnten verkündet hat, sich als falsch erwiesen habe. Man kann von der christlichsozialen Partei, deren Ideal ein Wirtschaftszustand autarkisch lebender Bauern und auf die „Nahrung“ bedachter kleiner Handwerker ist, die durch Jahrzehnte für Befähigungsnachweis und Hochschutzzoll eintgetreten ist, die mit dem Prinzen Liechtenstein das Programm „Österreich ohne Fabriken“ verfochten und mit Lueger und Schlesinger für den „Gulden der Väter“ und für „Volksgeld“ gekämpft hat, nicht erwarten, daß sie auf einmal freihändlerisch und liberal werde. Man kann von den Deutschnationalen, die sich immer bestrebt haben, die anderen Parteien an sozialreformatorischen Radikalismus womöglich noch zu übertrumpfen, die sich heute ganz besonders zu Wortführen jener weiten Schichten der öffentlichen Angestellten gemacht haben, deren Syndicalismus unseren Finanzen den Rest gegeben hat, die in der äußeren Politik trotz der fürchterlichen Niederlage im Weltkriege nichts gelernt und nichts vergessen haben, nicht hoffen, daß sie durch die Erfahrung zu wirtschafts- und finanzpolitischer Einsicht kommen werden. Es ist das Unglück dieses Landes, das nur als Industrieexportstaat bestehen kann, daß der moderne wirtschaftspolitische Geist seiner Bevölkerung fremd geblieben ist. Unsere Politik bewegt sich ganz in der Gedankenwelt des Imperialismus, des Merkantilismus, des Sozialismus und „national“ wirtschaftlicher Phantasien.

Politische ideen, die durch Jahrzehnte die Geister ausschließlich beherrscht haben, können nicht durch rationale Argumente widerlegt werden. Sie müssen sich im Leben auswirken und können nicht anders zumammenbrechen als in großen Katastrophen.

Unsere Volkswirtschaft braucht Freihandel im Außen- und im Binnenverkehr, doch alle unsere Parteien sind auf mehr oder weniger folgerichtig durchgeführten Interventionismus eingeschworen. Es ist gelungen, den nackten Bolschewismus wie in Rußland, Ungarn und in München zu vermeiden, doch das Regierungssystem, unter dem wir leben, oder, richtiger gesagt, vegetieren, unterscheidet sich von dem System der Bolschewiki nur dadurch, daß es die offene blutige Gewalttat vermeidet. Wirtschaftspolitisch beruht es so wie jenes auf der unverhüllten Bekämpfung des Privateigentums nicht nur an den Produktionsmitteln, sondern auch an den Konsumgütern und fristet wie jenes sein Dasein von dem Verzehren des Kapitals, das einige Menschenalter freierer Wirtschaft angesammelt haben. Die sich im Gebrauch abnützende bewegliche und unbewegliche Einrichtung der öffentlichen Betriebe wird nicht ersetzt, und eine raffinierte Steuer- und Handelspolitik vereinigen sie darin, auch die privaten Unternehmungen an der Erneuerung ihrer technischen Ausstattung zu verhindern. Lebensmittel werden aus dem Auslande bezogen, für die der Gegenwert nicht durch die Ausfuhr von Produkten inländischer Arbeit beschafft wird, sondern durch Verschuldung und durch stückweisen Verkauf des inländischen Produktionskapitales – Veräußerung von Aktien, Devastierung von Holzbeständen – und, was nicht weniger schlimm ist, der inländischen Gebrauchsgüterausstattung.

All das ist in der Geschichte schon dagewesen. Es ist ja nichts anderes als die Signatur jeder imperalistischen oder sozialistischen Epoche. Man vergleiche die Charakteristik, die Stourm, der Geschichtsschreiber der Finanzwirtschaft der französischen Revolution, von der Politik der Jakobiner gibt:

„L’esprit financier des jacobins consiste exclusivement en ceci : épuiser à outrance le présent, en sacrifiant l’avenir. Le lendemain ne compta jamais pour eux : les affaires furent menées chaque jour comme s’il s’agissait du dernier : tel fut le caractère distinctif de tous les actes de la Révolution. Tel est aussi le secret de son étonnante durée : la déprédation quotidienne des réserves accumulées chez une nation riche et puissante fit surgir des ressources inattendues, dépassant toute prévision. Les assignats, tant qu’ils valurent quelque chose, si peu que ce fût, inondèrent le pays en quantités sans cesse progressives. La perspective de la faillite n’arrêta pas un seul instant les émissions. Elles ne cessèrent que sur le refus absolu du public d’accepter, même à vil prix, n’importe quelle sorte de papier-monnaie.“

Man muß die katastrophale Entwertung unserer Valuta wie ein Fatum hinnehmen. Imperialistische und militaristische Politik ist mit Notwendigkeit mit Inflationismus verbunden. Konsequent durchgeführte Sozialisierungspolitik führt notwendigerweise zu vollständigem Zusammenbruch des Geldwesens. Den Beweis dafür erbringt nicht nur die Geschichte der französischen Revolution, sondern auch das, was sich gegenwärtig im Rußland des Bolschewismus und einer Reihe von anderen Staaten abspielt, die dem russischen Beispiel mehr oder weniger nachfolgen, wenn sie dabei auch nicht die scheußliche Brutalität der Jakobiner und Bolschewiken an den Tag legen, sondern weniger blutige Methoden bevorzugen. So unheilvoll auch der Zusammenbruch der Währung in seinen Folgen ist, so hat er doch insoweit befreiende Wirkung, als er das System, das ihn herbeiführt, mit vernichtet. Der Zusammenbruch der Assignaten versetzte der jakobinischen Politik den Todenstoß. Von ihm beginnt das Einlenken der Politik in neue Bahnen. Auch bei uns wird vom Währungszusammenbruch eine entscheidende Wendung in der Wirtschaftspolitik einsetzen.

Wenn die weitere Vermehrung der Banknoten nicht unverzüglich eingestellt wird, ist das Schicksal unserer Währung besiegelt. Es ist ein schwerer Irrtum, wenn man glaubt, die Krone werde nur im Auslande wertlos werden, im Inlande aber Kaufkraft behalten, auch wenn ihr Kurs an den fremden Börsen gestrichen sein wird. Ganz abgesehen davon, daß die Valutakurse in letzter Linie durch nichts anderes bestimmt werden als durch die Kaufkraft des Geldes den Waren gegenüber, so daß es sich – wie die Preisbewegung der letzten Wochen neuerdings bewiesen hat – bei dem viel besprochenen Zurückbleiben der Warenpreise hinter dem Steigen der Valutenkurse nur um eine zeitliche Erscheinung handelt, darf man die psychologische Bedeutung der völligen Entwertung der Krone auf den ausländischen Valutenmärkten nicht unterschätzen. Schon heute hat die Krone ihre Stellung im Großhandel und im Realitätenverkehr zum gutem Teil eingebüßt, und immer mehr beginnt der Brauch, gegen fremde Valuten zu kaufen und zu verkaufen, auch in den Detailhandel einzudringen. Diese Tendenz wird umso strärker werden, je mehr sich die Krone auf den Auslandsmärkten dem Nullpunkt nähern wird, und sie wird in dem Augenblicke, in dem die Krone in Zürich und Amsterdam wertlos geworden sein wird, katastrophale Dimensionen annehmen. Es ist klar, daß importierte Waren dann gegen Kronen überhaupt nicht mehr verkauft werden könen. Sobald einmal die „Schleichhändler“, denen allein heute die Lebensmittelversorgung der städtischen Bevölkerung Deutschösterreischs zu danken ist, die Krone zurückweisen werden, wird sie aus ihrer Stellung auf den inländischen Märkten völlig verdrängt sein. Man wird mit Kronen noch Steuern und Mietzinse zahlen und rationierte Lebensmittel kaufen können ; im freien Verkehr wird sie nicht mehr zu verwenden sein.

Nur unsere in etatistischen Wahnideen befangenen Staatsmänner bilden sich ein, daß die Bevölkerung der Großstädte von dem lebt, was ihr durch die öffentliche Bewirtschaftung zugewiesen wird. Dies mag für die öffentlichen Angestellten ohne Nebeneinkommen und für manche Pensionisten, Rentner u. dgl., soweit sie nicht durch Sendungen von Verwandten auf dem Lande unterstützt werden, gelten. Für die große Mehrzahl der Bevölkerung ist dies sicher vollkommen falsch. Die rationierten Lebensmittel sind nicht einmal ausreichend, die Lebensfunktionen eines ruhenden erwachsenen Menschen zu alimentieren, so daß diejenigen, welche genötigt sind, ihren Konsum darauf zu beschränken, was ihnen durch die öffentlichen Bewirtschaftung zugewiesen wird und was sie in öffentlichen Ausspeisungsanstalten verzehren können, dem langsamen Hungertod preisgegeben sind. Durch die Ausgaben für die rationierten Lebensmittel und für die Verpflegung in der Kriegsküche wird das heutige Einkommen der Arbeiter nicht erschöpft. Was übrig bleibt, fließt dem Schleichhandel zu. Die Massen leben vom Schleichhandel und werden in dem Augenblicke, in dem sie im Schleichhandel keine Lebensmittel mehr gegen Kronen zu erstehen vermögen, in die schwierigste Situation geraten. Bei der Mentalität unserer Bevölkerung wird dies unfehlbar zu bösen Auschreitungen führen. Sie wird plündern, zuerst Detailgeschäftslokale und in weiterer Folge öffentliche Gebäude, Bankpaläste und Privatwohnungen. Die letzten schwachen Reste einer Regierungsautorität werden schwinden. ; bewaffnete Banden werden den Versuch machen, auf dem Lande zu requirieren, ein Beginnen, das angesichts des Umstandes, daß die ländliche Bevölkerung heute selbst bewaffnet ist und von einer gut bewaffneten und disziplinierten Gendarmerie unterstützt wird, nur in der nächsten Umgebung der Industriezentren nicht mit einer blutigen Niederlage der Plünderer enden wird.

Diese Anarchie im Innern wird umso gefährlicher, als auch von außen her arge Gefahre drohen. Bei Ausschreitungen der Volksmenge kann es leicht geschehen, daß ausländische Staatsbürger verletzt werden, woraus sich dann genug Vorwände für den Hinmarsch fremder Truppen ergeben können. Die Entente nimmt allerdings an den Zuständen in unserem Lande nur ein geringes Interesse und wäre überdies schon durch ihre augenblickliche militärische Schwäche verhindert, zu intervenieren. Doch anders ist es mit Ungarn und der Tschecoslovakei. Beide Staaten verfügen über eine kräftige und wohl ausgebildete Armee. In beiden Ländern ist aus politischen und chauvinistischen Prestigegründen die Neigung vorhanden, Teile von Deutschösterreich, besonders aber Wien, zu besetzen. Die Tschechen empfinden es peinlich, daß die Geschichte der Erlangung ihrer Selbständigkeit keine militärischen Taten aufweist, mit denen man Prunk machen könnte ; nicht mit Unrecht erblicken die tschechischen Militaristen in dem feigen Davonlaufen der tscheschischen Armee vor den bolschewistischen Truppen Ungarns eine Schmach, die sie auswetzen wollen. Auch die magyarischen Truppen lechzen nach einem „nationalen“ Ruhmesblatt ; eine Expedition, die sich den Beutezügen der kuruzischen Räuber würdig an die Seite stellen würde, wäre ihnen hoch willkommen. Beide, sowohl Tschechen als Magyaren, würden sehr gerne in Wien plündern und werden jede Gelegenheit ergreifen, um Revanche zu nehmen für das vermeintliche Unrecht, das ihnen „Wien“ zugefügt hat. In Wahrheit suchen die Tschechen Revanche für die schweren Enttäuschungen, die ihnen der junge tschechische Staat bietet, die Magyaren Revanche für die Plünderungen, die die Rumänen bei ihnen vorgenommen haben.

Wir haben heute keine Armee, die imstande wäre, Raubgesindel von unseren Grenzen abzuhalten. Wir wären abwehrlos jedem bewaffneten Einfall preisgegeben. Uns bliebe nur die Hoffnung auf das Deutsche Reich. Deuschland wird uns sicher nicht im Stiche lassen wollen, aber es ist fraglich, ob die Entente eine deutsche Intervention zugeben wird. Ein Verzug von wenigen Tagen kann für uns schon verhängnisvoll werden. Wenn die Räuber einmal im Plünderungswerk vollendet und die Beute in Sicherheit gebracht haben, dann hilft es wenig, wenn man sie nachher verjagt.

Das sind die möglichen Folgen des Zusammenbruches unserer Währung : im Innern Anarchie, vielleicht eine kommunistisch-bolschewikische Erhebung, von außen her feindliche Besetzung. Wenn man all das vermeiden will, dann muß man für den Tag der Katastrophe vorsorgen. Von der Regierung ist es kaum zu erwarten. Von der Finanzverwaltung, die seit mehr als 5 Jahren die unselige Inflationspolitik nicht nur befolgt, sondern auch immer wieder zu verteidigen gesucht hat, die in völliger Verkennung der einzigen Ursache der Geldentwertung durch verfehlte Maßnahmen das Sinken der Krone noch beschleunigt hat, ist nicht anzunehmen, daß sie plötzlich anderen Sinnes wird. Diejenigen verantwortlichen Leiter der Finanzpolitik, die den richtigen Einblick in die wirtschaftlichen Zusammenhänge gehabt haben, haben es auch bisher nicht vermocht, gegen die Tradition des Hauses aufzukommen. Das, was die Regierung unterläßt, müssen die Bürger aus eigener Kraft zu vollbringen suchen. Alles, was dabei von der Regierung zu erhoffen ist, ist das, daß sie das Beginnen der Privaten nicht störe. Den Banken aber und mit ihnen den großen Unternehmungen der Industrie und des Handels obliegt es im eigenen Interesse sowohl als auch im Dienste der Gesamtheit, diejenigen Maßnahmen vorzubereiten, die notwendig erscheinen, um die katastrophalen Folgen des Währungszusammenbruches zu überwinden.

II.

Der grundlose Optimismus, der seit Jahren das hervorstechendste Merkmal unserer öffentlichen Meinung ist, glaubt auch heute noch, daß uns von irgendwoher, wie durch ein Wunder, eine unerwartete Hilfe kommen könnte. Man will sich absichtlich über das Kritische der Situation täuschen und erwartet Rettung von allen möglichen Ereignissen, die in Wirklichkeit an der Sachlage nichts zu ändern vermögen.

Es ist kein Zweifel darüber, daß die Entente ein gewisses Interesse hat, unser gegenwärtiges politisches System zu erhalten und daß sie daher bis zu einem gewissen Grade bereit ist, Opfer zu bringen, um das wirtschaftspolitische System, das mit diesem politischen System in enger Verbindung steht, zu stützen. Da in den Ententestaaten nur eine geringe Kenntnis unserer Verhältnisse vorhanden ist, ist man dort geneigt, unseren Beteuerungen, daß wir wirklich keine Möglichkeit hätten, uns zu ernähren, Glauben zu schenken und uns aus philanthropischen Erwägungen heraus Unterstützungen (Ausspeisungsaktion, Kinderversorgung etc.) zu gewähren und uns durch Kredite unter die Arms zu greifen. Aber diese Aushilfen werden immer spärlicher sein, werden immer weniger imstande sein, uns zu nützen und schließlich werden wir eines Tages von der Entente die Antwort bekommen, sie sähe nicht ein, warum sie ein unhaltbares wirtschaftspolitisches System auf ihre Kosten aufrecht erhalten soll. In keinem Fall haben wir Aussicht, von der Entente so viel zu bekommen, als notwendig wäre, um die unersättlichen Wünsche unserer nie zufriedenzustellenden Syndicalisten zu erfüllen und auf die Forsetzung der Inflation zu verzichten. Solange wie das aber nicht tun können, wird die Verschlechterung der Währung ihrem katastrophalen Ende weiter entgegengehen.

Auch von der Vermögensabgabe erwartet man eine Wunderkur der Valuta. Die Wirkung der Vermögensabgabe auf die Valuta wird aber über das nicht hinausgehen, was schon jetzt durch die Beschlagnahmen der ausländischen Wertpapiere und dergleichen erzielt wird. Der Staat wird den Rest des mobilen Kapitals, den er noch nicht enteignet hat, enteignen und durch Verkauf ins Ausland in Lebensmittel umsetzen. Das könnte gewiß eine Zeit lang die weitere Inflation aufhalten, wenn nicht durch die Entziehung des Kapitals eine solche Schwächung der Industrie eintreten würde, daß einerseits die laufenden Staatseinnahmen vermindert, anderseits die Ausgaben für den Unterhalt der Arbeitslosen und für die Lebensmittelaktion vergrößert werden.

Auch bei Fortsetzung der Inflation könnte man den Zusammenbruch der Währung ein wenig hinausschieben, wenn man sich entschließen wollte, durch Wiedereinführung des börsenmäßigen Terminhandels in Valuten und Devisen den Importeuren die Möglichkeit zu geben, bei Einkauf von ausländischen Waren gegen Kredit im Inland gegen Kronen zu verkaufen. Solche Geschäfte sind heute unzweifelhaft mit dem gefährlichsten Risiko verbunden, das der Geschäftsmann im allgemeinen nicht mehr zu tragen gewillt ist. Da er nicht die Möglichkeit hat, Deckung auf dem Terminmarkte zu finden, wird er genötigt, auch im inländischen Absatz die Krone zurückzuweisen und Zahlung in fremder Valuta zu erlangen. Schon heute begegnet man in zahlreichen Anzeigen, in denen Waren zum Verkaufe ausgeboten werden, dem Beisatz, daß Zahlung nur in fremdem Gelde angenommen wird. Der Brauch, Zahlung nur noch in ausländische Währung anzunehmen, breitet sich auch im Detailhandel immer mehr aus. Doch wie dringend unter diesem Gesichtspunkte auch die Einführung des börsenmäßigen Terminhandels in Valuten und Devisen sein mag, es ist kaum anzunehmen, daß die Finanzverwaltung ihre Abneigung gegen den freien Verkehr überwinden wird. Auch die öffentliche Meinung, für die die Börsenspekulation das Schreckgespenst ist, wird der Einführung des Valutenterminhandels die schwersten Widerstände entgegensetzen.

III.

Die Aufgabe, die zu lösen wäre, ist die, Vorsorge zu treffen für den Tag, an dem panikartig von den Händlern Zahlung in Kronen zurückgewiesen und ausschießlich in fremder Währung verlangt wird. Wenn sich dieser Prozeß langsam und nicht panikartig mit einem Schlage vollziehen würde, würde eine Intervention im Großen und Ganzen überflüssig sein. Allmählich würde sich die Zahlung in ausländischer Währung, so wie sie sich schon jetzt in einzelnen Zweigen des Großhandels und selbst des Detailhandels eingebürgert hat, mehr und mehr ausdehnen. In dem Maße, in dem sich der Gebrauch der fremden Valuten ausdehnt, in dem Maße, in dem der einzelne dazu übergeht, in seinem Massenvorrat weniger Kronen und mehr ausländisches Geld vorrätig zu halten, würde auch mehr fremde Valuta ins Land hereinkommen. Auf dem Markte ist jede Intervention überflüssig, da sich hier alles automatisch reguliert. Wir würden für die Effekten und Waren, die hinausgehen, fremde Valuta in Zahlung empfangen ; die Kaufleute und Industriellen würden dann dazu übergehen, auch die Löhne zuerst zum teil und dann ganz in fremder Valuta zu bezahlen, bis schließlich auch dem Staate nichts anderes übrig bliebe, als in der Steuereinhebung und Besamtenbesoldung das Gleiche zu tun.

Zu dieser Annahme führen nicht nur unwiderlegbare theoretische Erwägungen, sondern auch die geschichtliche Erfahrung, die man mit dem Zusammenbruch von Währungen gemacht hat. Die drei wichtigsten Beispiele einer vollständigen Entwertung des Geldes bietet uns das amerikanische Kontinentalgeld 1781, die französischen Assignaten und Territorialmandate 1796 und die Papierdollars der Sezessionsstaaten 1865.

Das „Kontinentalgeld“ der aufständischen amerkanischen Kolonien erreichte 1781 den Nullpunkt des Wertes. White sagt darüber in seinem Buche Money and Banking Illustrated by American History : „Still, counterfeiting only hastened the impending crisis, and in that respect, it was a public advantage for, as soon as paper money was dead, hard money sprang to life, and was abundant for all purpose. Much had been hoarded and much more had been brought in by the French and English armies and navies. It was so plentiful that foreign exchange fell to a discount.“

Die französichen mandats territoriaux sanken 1796 auf Null. Thiers führt darüber in seiner Histoire de la Révolution Française aus : “Personne ne traitait plus qu’en argent. Ce numéraire, qu’on avait cru enfoui ou exporté à l’étranger, remplissait la circulation. Celui qui était caché se montrait, celui qui était sorti de France y rentrait. Les provinces méridionales étaient remplies de piastres, qui venaient d’Espagne appelées chez nous par le besoin. L’or et l’argent vont, comme toutes les marchandises, là où la demande les attire ; seulement leur prix est plus élevé, et se maintient jusqu’à ce que la quantité soit suffisante et que le besoin soit satisfait. Il se commettait bien encore quelques friponneries, par les remboursements en mandats, parce que les lois, donnant cours forcé de monnaie au papier, permettaient de l’employer à l’acquittement des engagements écrits ; mais on ne l’osait guère, et, quant à toutes les stipulations, elles se faisaient en numéraire. Dans tous les marchés on ne voyait que l’argent ou l’or ; les salaires du peuple ne se payaient pas autrement. On aurait dit qu’il n’existait point de papier en France. Les mandats ne se trouvaient plus que dans les mains de spéculateurs, qui les recevaient du gouvernement, et les revendaient aux acquéreurs de biens nationaux. De cette manière, la crise financière, quoique existant encore pour l’état avait presque cessé pour les particuliers.”

Man muß sich freilich hüten, die Wirkungen der Katastrophe, der unser Geldwesen entgegeneilt, mit den Wirkungen einer der drei angeführten Präzedensfälle zu vergleichen. Die Vereinigten Staaten waren 1781 ein vorwiegend agrarisches Land, und die Südstaaten der Union waren es auch noch im Jahre 1865. Aber auch Frankreich war 1796 in der Entwicklung der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung und des Geldgebrauches und im Kassen- und Kreditverkehr weit hinter der Entwicklung zurück, die wir in Deustchösterreich heute erreicht haben. Die Folgen des Zusammenbruches der Währung müssen in einem industriellen Land wie es Deutschösterreich, wo die Hälfte der Bevölkerung in Städten wohnt, ist, von einer ganz anderen Nachwirkung sein als in einem Land, dessen Bevölkerung zum größten Teil noch tief in der Naturalwirtschaft drinnen steckt.

Die Frage, was zu geschehen hätte, um diese Nachwirkungen soweit es geht zu mildern, vor allem, um die völlige Vernichtung der Schuldkapitalien zu verhindern, ist mehr eine cura posterior. Für den Augenblick des Zusammenbruches ist weit dringender die Frage der Überleitung in die neuen Währungszustände. Denn man darf nicht übersehen, daß zwischen den Verhältnissen der drei erwähnten Zusammenbrüche und denen Deustchösterreiche auch insoferne ein tiefgehander Unterschied besteht, als in Deutschösterreich keine thesaurierten Bestände an Hartgeld in einem irgendwie nennenswerten Ausmaß vorhanden sind und auch ausländische Valuten sich nur in beschränktem Ausmaß im Lande befinden. Wenn es auch gar keinem Zweifel unterliegen kann, daß schon kurze Zeit nach dem Zusammenbruch der Währung aus Verkäufen ans Ausland entsprechende Mengen ausländischen Geldes in die inländische Zirkulation strömen werden, so handelt es sich gerade darum, das Vakuum dieser, wenn auch kurzen, doch im höchsten Grade kritischen Übergangszeit zu überbrücken und damit zu verhindern, daß aus den Schwierigkeiten, die sich hier ergeben können, die geschilderten politischen Katastrophen erwachsen. Es handelt sich also darum, für den Tag gerüstet zu sein, an dem panikartig der Zusammenbruch der Währung eintritt.

Für diesen Tag muß man Vorsorge treffen, auch dann wenn man hofft, daß er niemals eintreten wird. Auch wenn man der Ansicht ist, daß es noch immer gelingen könnte, den völligen Zusammenbruch unserer Währung zu vermeiden, oder daß sich diese Zusammenbruch in der milderen Form eines allmählichen Übergang vollziehen wird, darf man die Hände nicht untätig in den Schoß legen. Denn die Gefahr, die ein solcher panikartiger Zusammenbruch hervorrufen würde, ist so ungeheuer groß, daß man auch dann, wenn nur die entfernteste Möglichkeit bestünde, daß er eintritt, die unabweisliche Pflicht hat, für ihn gerüstet zu sein. Die Männer, die heute unsere Wirtschaftspolitik leiten und in unserer Volkswirtschaft führende Stellungen einnehmen, würden mit Recht den Vorwurf einer unverzeihlichen Nachlässigkeit zu tragen haben, wenn sie solche Vorsorge unterließen. Das Schicksal, das ihnen eine bolschewistische Erhebung bereiten könnte, würde sie dann nicht einmal unverdient treffen.

An diesem kritischen Tage müssen in Wien die Mittel bereit liegen, um in ausländischem Gelde die laufenden Gehalts-und Lohnbeträge, Arbeitslosenunterstützungen und Unterhaltsbeiträge auszuzahlen und einige Aushilfe an Rentner und Realitätenbesitzern zu gewähren. Dafür ist ein Betrag von ungefähr 30 Millionen schweizerischen Francs in kleinsten Appoints erforderlich.

Zur Annahme dieser Summe gelangt man auf folgende Weise:

In Deutschösterreich beträgt die Zahl der nicht selbständigen Berufstätigen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft rund 1,5 Millionen. Nimmt man ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1500 Kronen an, was im Hinblick darauf, daß in die gennante Zahl auch Jugendliche und die auf dem Lande wohnende Berufstätigen etc. eingerechnet sind, nicht zu niedrig gegriffen ist, so gelangt man zu einer Monatslohnsumme von 2250 Millionen Kronen. Rechnet man diese zu dem Kurse von 1 K = 1 Centime, der wahrscheinlich in einigen Wochen erreicht sein wird, als dem letzten der Krone noch überhaupt eine Bedeutung beimessenden Kurse, um, so ergibt sich ein Betrag von 22,5 Millionen Francs. In dem Zeitpunkt des Zusammenbruches der Währung werden also ungefähr 22,5 Millionen Francs erforderlich sein, um das Monatseinkommen der nicht in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Angestellten Deutschösterreichs zu bezahlen. Diese Summe müßte an dem kritischen Tage des Ausbruches einer Währungspanik von den Banken der Regierung und den Unternehmern von Handel, Gewerbe und Industrie in ausländischer Währung zur Verfügung gestellt werden. Nur dann kann der Ausbruch einer Revolte vermieden werden, wenn Arbeiter und Angestellte wissen, daß sie sofort einen kleinen Betrag, der ungefähr ihrem Einkommen der nächsten Zeit entspricht, in fremder Währung empfangen, um damit über die Schwierigkeiten der ersten Tage hinwegzukommen. Nimmt man, was sehr vorsichtig gerechnet ist, die Summe der monatlich flüssig werdenden Unterhaltsbeiträge und Arbeitslosenunterstützung mit 100 Millionen Kronen an, und rechnet man, daß weitere 50 Millionen Kronen für Unterstützungen an Rentner u.dgl. erforderlich sein werden, so ergibt sich für den ersten Monat ein weiterer Bedarf von 150 Millionen Kronen = 1,5 Millionen Francs. Es wäre also das Gesammtfordernis 24 Millionen Francs. Die Annahme dieses Betrages beruht natürlich nur auf vagen Schätzungen und es erscheint notwendig, den Betrag mindestens um 25% zu erhöhen, wenn man gewiß sein will, für alle Eventualitäten des ersten Augenblickes das Auslangen zu finden. Man muß also mit einer Summe von rund 3 Millionen Francs rechnen.

Zu derselben Summe gelangt man auf Grund einer anderen Berechnung. Der Notenumlauf Deutschösterreichs wird in dem kritischen Zeitpunkte mindestens 12 Milliarden Kronen ausmachen. Höchstens ein Viertel davon dürfte im Kleinverkehr des täglichen Lebens umlaufen, während der Rest von den Bauern oder von anderen wohlhabenderen Leuten thesauriert ist oder dem Großhandel dient. Diese Annahme ist angesichts des Umstandes, daß heute notorischerweise in den Händen der größeren Händler sich gewaltige Notensummen aufgestapelt finden, die im täglichen Verkehr umgesetzt werden, durchaus nicht von der Hand zu weisen. Dann bleiben ungefähr 3 Milliarden für den täglichen Verkehr der Lohnempfänger, die zu ersetzen bei der angenommenen Relation 30 Millionen Francs ausreichen würden.

Mehr als für die erste Zeit und für den Kleinverkehr vorzusorgen ist nicht nötig. Der Großverkehr wird sich schnell auf den Gebrauch des ausländischen Geldes, das schon heute eine große Rolle spielt, einrichten. Aus dem Großverkehr werden auch durch das Zwischenglied von Waren- und Effektenverkaüfen an das Ausland diejenigen Summen, die der Kleinverkehr noch benötigen sollte, in ihn geleitet werden.

Es handelt sich also zunächst darum, durch eine Kreditoperation diesen Betrag von 30 Millionen Francs im Ausland zu beschaffen und im Inland bereitzustellen. Man kann sich die Beschaffung dieser Summe in verschiedener Weise denken. Sollte der Staat den Valuta- oder Lebensmittelkredit, den er gegenwärtig anstrebt, oder den viel besprochenen Tabakkredit, erhalten, dann wäre es denkbar, daß er daran schreitet, auf Rechnung dieses Kredites den fraglichen Betrag von 30 Millionen Francs oder sein equivalent in einer anderen ausländerischen Währung für diesen Zweck zu reservieren. Er könnte ihn dann im kritischen Augenblick teils selbst für Gehaltszahlungen u.dgl. verwenden, teils aber durch die Banken der Volkswirtschafts zur Verfügung stellen. In diesem Falle wäre es zunächst nicht notwendig, daß man sich mit den ausländischen Kreditgebern ins Einvernehmen setzt und ihre Zustimmung zu diesem Schritte erlangt. Es würde genügen, wenn man vorläufig einen Betrag von dem Kredite nicht abhebt, damit er im kritischen Augenblicke zur Verfügung stehe.

Die zweite Möglichkeit wäre die, daß der Staat sich die Mittel beschafft durch Verpfändung oder Veräußerung der in seinem Besitze befindlichen 50 000 Stück Aktien der Alpinen Montangesellschaft, der Aktien der Süddeutschen Dampfschiffahrtsgesellschaft und anderer Werke.

Voraussichtlich wird aber die Regierung überhaupt für diese Aktion nicht zu haben sein. Es ist dann Sache der Banken, den Betrag aufzubringen, sei es durch Hinterlegung von Sicherheiten, sei es auf anderem Wege. In welcher Weise dafür gesorgt werden kann, daß die Banken diesen für unsere heutigen Verhältnisse doch immerhin recht ansehnlichen Betrag nicht zinslos in ihren Kassen bis zum Tage der Inanspruchnahme ruhen lassen müssen, soll im weiteren noch gezeigt werden. Wichtig ist, daß die Summe in möglichst kleinen Appoints zur Verfügung steht. Je größer die Appoints sind, in denen die Beträge zur Hand sind, desto mehr wird sich aus rein technischen Gründen unmittelbar an den Zusammenbruch der Währung eine gewaltige Preissteigerung knüpfen. Es genügt nicht einmal, wenn in der fremden Währung Stücke zu 20 und 10 Centimes zur Verfügung gestellt werden, selbst Stücke von 1 und 2 Centimes werden erforderlich sein, um die Preise, die heute 1 und 2 K betragen, nicht ansteigen zu lassen. Da muß man nun in Betracht ziehen, daß die erforderliche Menge nicht ohne weiters dem Umlaufe eines ausländischen Staates entnommen werden kann. Die Schweiz wird sich wohl dagegen wehren, daß ein so beträchtlicher Teil ihres Scheidemünzenbestendes ausgeführt wird. Überdies sind dort jene Mengen von 1, 2 und 5 Centime-Stücken, die wir benötigen, gar nicht vorhanden. Man muß also daran denken, hier eine besondere Vorsorge zu treffen. Der Ausweg, daß der Staat die kleinen, auf fremde Währung lautenden Appoints gegen volle Deckung in ausländischem Geld größerer Stückelung selbst herstellt, ist wohl kaum in Erwägung zu ziehen, da der Zusammenbruch der Währung das allgemeine Vertrauen in das ganze staatliche Geldwesen dermaßen erschüttert haben wird, daß wohl voraussichtlich längere Zeit wird verstreichen müssen, bis sich das Publikum wieder bereit finden wird, staatliche Zahlungsmittel in die Hand zu nehmen. Da sowohl aus technischen wie auch aus verfassungsrechtlichen und sonstigen Gründe nicht damit zu rechnen ist, daß die erforderlichen kleinen Abschnitte von einem fremden Staate, etwa von der Schweiz, hergestellt werden, müssen die inländischen Privatbanken (nicht die Österreichisch-Ungarische Bank) daran schreiten, diese kleinen Noten herzustellen. Ähnlich wie in Amerika die im Clearing-House vereinigten Banken in kritischen Augenblicken zur Ausgabe von Clearing-House-certificates schreiten, müssen sich auch die Wiener Banken vereinigen und bis zur vollen Höhe das im Auslande zu diesem Zwecke beschafften Kredites kleinste auf schweizerische Währung lautende Abschnitte ausgeben.

Unter diesen Voraussetzungen wäre es also durchaus möglich den im Auslande durch das Konsortium der Banken beschafften Kredit in der Weise zu verwenden, daß die Gelder im Auslande eloziert bleiben, so daß auch bis zum Zeitpunkte der Ausgabe der fraglichen Geldscheine Zinsenverluste entweder ganz vermieden oder wenigstens auf ein Minimum vermindert werden, und von dem Augenblicke der Ausgabe an ein Ertrag erzielt wird.

Bei der ganzen Frage wurden selbstverständlich alle juristischen Bedenken bei Seite gelassen. Daß die bestehenden Verbote, die das Notenprivileg des österr.-ung. Bank schützen, in dem Augenblicke des Zusammenbruches der Währung kein Hindernis bilden dürfen, an dem eine im allgemeinen Interesse notwendige Rettungsaktion scheitern darf, ist wohl klar. Wichtiger ist dagegen das technische Moment. Unverzüglich müßte an die drucktechnische Durchführung der Sache geschritten werden.

Eine Frage, die einer ernsten Erwägung zu unterziehen wäre, ist die, ob es nicht vorzuziehen wäre, an Stelle des Anschlusses an die schweizerische Währung den an die deutsche Währung zu suchen. Sicher ist, daß wir einmal den politischen Auschluß an Deutschland vollziehen werden. Daß dann auch das Währungswesen Deutschösterreichs mit jenem Deutschlands verschmolzen werden wird, ist klar. Aber eine andere Sache ist es, ob es zweckmäßig ist, sich gerade in diesem Augenblick, den wir im Auge haben, an die deutsche Währung anzuschließen. Zunächst soll das eine erwogen werden, daß der Moment des Währungszusammensbruches ein besonders kritischer ist und wir in ihm für irgendwelche Störungen von Seite der Entente sehr empfindlich wären. Die Entente wird dem währungspolitischen Auschluß, den sie als Vorläufer des politischen ansehen wird, nicht freundlich gegenüberstehen und es ist immerhin denkbar, daß sie dem Deutschen Reich Schwierigkeiten machen wird, wenn dieses daran denken sollte, uns auf dem geschilderten Weg einen Kredit zu eröffnen. Das Deustche Reich müßte ungefähr 300 Millonen Mark für den Augenblick zur Verfügung stellen und die Entente wäre wohl imstande, einer solchen Kreditgewährung Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Überdies ist zu bedenken, daß die deutsche Währung selbst, wie es scheint, ohne Rettung dem völligen Zusammenbruch entgegengeht. Auch in Deutschland wird die Notenmenge noch immer vermehrt, auch in Deutschland triumphiert noch immer die inflationistische Partei (Knapp, Bendixen, Sylvio Gesell und viele andere), und ohne Widerspruch kann die Deustchland unter dem Schlagwort „Die Inflation als Rettung“ der Plan propagiert werden, durch Neuausgabe von 100 Milliarden (!) neuer Reichsbanknoten die Kriegsanleihe „zurückzuzahlen“. wenn wir uns jetzt an die deustche Währung, deren Wert von Tag zu Tag sinkt, anschließen, können wir es erleben, daß wir nicht einmal, sondern zweimal in kurzer Aufeinanderfolge den Währungszusammenbruch mitmachen, eine Aussicht, die wirklich nicht verlockend ist.

Wir wollen uns an Deutschland anschließen und wir wollen eine großdeutsche Währungsgemeinschaft errichten. Aber das zwingt uns noch nicht, den währungspolitischen Anschluß gerade in dem denkbar ungünstigen Augenblick zu vollziehen. Es ist kein Aufgeben des großdeutschen Gedankens, wenn man sich den währungspolitischen Anschluß nicht als Mittel zum gemeinsamen Untergang, sondern zum gemeinsamen Aufstieg denkt. Wir dienen dem deutschen Volke heute besser, wenn wir bestrebt sind, den Währungszusammenbruch, den wir angesichts der hoffnungslosen Verhältnisse wohl als unvermeidlich ansehen müssen, in einer Weise möglichst ohne große Katastrophe zu überwinden suchen, daß wir damit auch dem deutschen Volke ein Muster für das Verhalten in solch’ kritischer Zeit geben.

Freilich würden sich aus einem Anschluß an die Schweizer Frankenwährung insoferne schwere Nachteile ergeben, als die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, daß die Inlandspreise und die Löhne dann schnell auf die Parität des Weltmarktes steigen werden. Die einzige Möglichkeit, die unsere Industrie hat, um exportfähig zu werden und damit die verlorengegangenen Absatzgebiete wieder uns neue dazu zu gewwinnen, liegt gerade in dem Umstand, daß unser Lohnniveau ein niedrigeres ist. Geht dieser Vorteil verloren, dann könnten die krisenhaften Verhältnisse der inländischen Produktion zu einem Dauerzustand werden. Unter diesem Gesichtspunkte mag es vorzuziehen sein, sich an die Markwährung anzuschließen.

Selbstvertändlich wäre es auch möglich, an Stelle der Schweizer Währung den Anschluß an die Dollarwährung zu vollziehen. Doch ist diese Frage von untergeordneter Bedeutung. Für die schweizeriche Währung spricht für uns im Augenblicke der Umstand, daß für uns gegenwärtig die Situation ein Geld, das mit kleineren Einheiten rechnet, aus den schon augeführten Gründen vorteilhaft ist.

IV.

Für die Banken entstünden durch die Ausgabe von 30 Millionen Francs oder 300 Millionen Mark in kleinsten Notenabschnitten finanzielle Verpflichtungen, deren Tragweite genau erwogen werden muß. Auf der einen Seite erwerben die Banken durch die Ausgabe auf fremde Valuta lautende Forderungen gegen den Staat (gegen die Länder und gegen große Gemeinden) und gegen industrielle und kaufmännische Unternehmungen. Diese Forderungen sind unzweifelhaft gut, da es sich einerseits um verhältnismäßig nicht große Beträge handelt und anderseits nicht außeracht gelassen werden darf, daß in dem Augenblicke ihrer Entstehung alle Unternehmungen ziemlich schuldenfrei dastehen. Denn die Voraussetzung des Inslebentreten der ganzen Aktion ist ja die, daß die Krone völlig entwertet ist und damit auch alle Kronenschulden vollkommen verschwunden sind. Aber Sicherheit einer Forderung und Liquidität fallen nicht zusammen. Die Banken erwerben auf der einen Seite sichere, aber nicht liquide Forderungen, sind aber auf der anderen Seite als Emittenten der kleinen Noten den Inhabern gegenüber zu jederzeitigem Umtausch derselben gegen ausländische Valuta verpflichtet. Daraus könnten sich große Schwierigkeiten ergeben, falls größere Mengen der auf diese Weise ausgegebenen Notenabschnitte zum Umtausch präsentiert würden. Diese Gefahr ist aber nicht vorhanden. Es ist enzunehmen, daß der Verkehr diese kleinen Notenabschnitte festhalten wird, da er sie benötigt, und daß sie daher nicht zu den Banken zurückströmen werden. Berechtiger scheint fast die Befürchtung, daß diese Scheine thesauriert werden.

Immerhin aber mag es vom Standpunkte der Banken vielleicht vorsichtiger erscheinen, von vorneherein das Risiko, das sie auf diese Weise laufen könnten, zu begrenzen. Das könnte nur in der Weise geschehen, daß nicht die Banken unmittelbar als die Emittenten erscheinen, sondern ein zu diesem Zwecke besonders zu errichtendes Institut, dessen Aktionäre die Banken werden. Es würde also eine Art besondere Notstands-Emissions-Bank ins Leben gerufen werden, die die ganze Aktion durchführt.

Es ist ohne weiteres klar, daß die ganze Konstruktion dieses Emissionsgeschäftes mit den Grundsätzen einer soliden Notenbankpolitik nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Doch das darf unter den gegebenen Umständen kein Hindernis der Verwirklichung eines solchen oder ähnlicher Projekte darstellen. Es handelt sich ja darum, für den Notstand einer kritischen Übergangszeit Vorsorge zu treffen.

Für diesen kritischen Augenblick aber muß schon heute alles bis ins letzte Detail vorbereitet werden. Nicht nur das ist jetzt schon vorzubereiten, was für die juristische Durchführung der Sache notwendig erscheint ; auch jedes technische Detail muß derart vorbereitet sein, daß es dann möglich ist, in wenigen Tagen und, wenn es notwendig sein sollte, in wenigen Stunden die Sache selbst ins Leben zu rufen.

Alles, was hier vorgeschlagen wird, ist, wie ausdrücklich noch einmal gesagt wird, nur der Ausweg für den Augenblick des Zusammenbruches. Aber nur für diesen sind besondere Vorkehrungen notwendig. Sobald das staatliche Eingreifen in das Geldwesen durch den Zusammenbruch der Währung ausgeschaltet ist, setzt automatisch das Spiel der freien Kräfte ein, das der Volkswirtschaft die nötigen Geldmengen zur Verführung stellt. Durch Verkäufe nach dem Ausland, die sich allerdings in diesem Augenblicke häufen werden, werden die notwendige Geldmittel ins Land kommen. Es ist wahr, daß dies der Volkswirtschaft Schaden durch zu billigen Verkauf bringen wird, aber das ist eben die Folge der unseligen Währungspolitik, die durch nichts verhindert werden kann.

Hat sich dann auf diese Weise faktisch der Übergang zur Frankenwährung im Inland vollgezogen, so kann die Gesetzgebung daran gehen, die juristischen Konsequenten zu ziehen und Vorsorge dafür zu treffen, wie die alten Schulden zu liquidieren sind. Dann wird man auch zu erwägen haben, ob es sich überhaupt empfiehlt, eine besondere österreichische Notenbank zu errichten und besondere österreichische Noten auszugeben. Das alles aber sind dann sekundäre Fragen. Der Währungswechsel ist in dem Augenblicke faktisch vollgezogen, in dem der Verkehr die neue Währung angenommen hat.