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Die geldtheoretische Seite des Stabilisierungsproblems (1923)

Inhalt.
Einleitung.
I. Der Ausgang der Inflation.
II. Die Loslösung des Geldes von der staatlichen Wertbeeinflussung.
III. Die Rückkehr zum Golde.

III. Die Rückkehr zum Golde.

(16) In den Jahren, die dem Kriege vorangingen, und in den vier Kriegsjahren haben die Schriftsteller, die dem heutigen Währungschaos den Weg bereiteten, für die Loslösung der Währung vom Golde geeifert. So wurde auch empfohlen, an Stelle einer unmittelbar auf dem Golde gegründeten Währung eine Währung zu schaffen, die nur ein festes Austauschverhältnis gegenüber dem ausländischen Gelde verbürge. Soweit diese Vorschläge darauf abzielten, dem Staate die Verfügung über die Geldwertgestaltung zu übertragen, brauchen wir sie nicht naher zu erörtern. Die Verwendung des Sachgeldes hat ja gerade den Zweck, politische Einflüsse von der Mitwirkung bei der Geldwertgestaltung auszuschließen. Das Gold ist nicht um seines Glanzes oder um anderer physikalischer und chemischer Eigenschaften willen Währungsgeld, sondern weil Vermehrung und Verminderung feiner Menge von den Befehlen der politischen Mächte unabhängig sind. Es ist die entscheidende Funktion der Goldwährung, daß sie die Geldmengenveränderungen unter das Gesetz der Rentabilität der Goldgewinnung stellt.

Man könnte anstatt der Goldwährung eine an eine ausländische Währung angelehnte Währung einführen. Die Mark stünde dann nicht zum Golde, sondern zu einem bestimmten ausländischen Gelde in einem festen Wert- und Austauschverhältnis; die Reichsbank würde zu einem festen Kurse  Mark gegen das betreffende ausländische Geld in un- (17) begrenzten Mengen jederzeit kaufen und verkaufen. Wird als Grundlage eines derartigen Systems nicht eine geordnete Goldwährung gewählt, dann werden geradezu unhaltbare Zustände geschaffen. Die Kaufkraft des deutschen Geldes hängt dann von den Schwankungen jenes ausländischen Geldes ab; die deutsche Politik hat sich ihres Einflusses auf die Geldwertgestaltung zugunsten der Politik einer ausländischen Regierung begeben. Doch auch wenn die zur Grundlage des deutschen Geldwesens gewählte ausländische Währung im Augenblick eine wohl-eingerichtete Goldwährung ist, ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß sie einmal in späterer Zeit vom Golde losgelöst wird. Nichts spricht dafür, diesen Umweg zu wählen, um zu geordneten Währungsverhältnissen zu gelangen. Es ist nicht wahr, daß man sich durch die Annahme der Goldwährung in wirtschaftliche Abhängigkeit von England, von den Goldproduzenten oder sonst von irgendeiner Macht begibt. Im Gegenteil, eher verdient die an das Geldwesen eines ausländischen Staates angelehnte Währung den Namen einer „Vasallenwährung“ 1).

Die Behauptung, daß nicht genug Gold vorhanden sei, um in allen Ländern der Erde die Goldwährung zu ermöglichen, ist unhaltbar. Es kann nie zuviel oder zu wenig Gold für den Gelddienst geben. Die Preisgestaltung sorgt dafür, daß Vorrat und Bedarf sich decken. Es ist aber auch nicht zu befürchten, daß durch die Rückkehr der Länder mit entwerteter Valuta zur Goldwährung das allgemeine Preisniveau allzu stark gedrückt werden könnte. Die Goldvorräte der Erde haben seit 1914 nicht ab-, sondern zugenommen; der Goldbedarf dürfte infolge des Rückganges des Handels und der allgemeinen Verarmung auch nach vollständiger Rückkehr zur Goldwährung eher kleiner sein als vor 1914. Übrigens bedeutet Rückkehr zur Goldwährung durchaus nicht Rückkehr zum Gebrauche effektiven Goldgeldes für inländische Zahlungen mittleren und kleineren Umfanges. Auch die Goldkernwährung — der gold exchange standard nach den von Ricardo 1816 in seiner Schrift Proposals for an Economical and Secure Currency entwickelten Ideen — ist echte und gute Goldwährung; die Währungsgeschichte der letzten Jahrzehnte hat es klar gezeigt.

Die Basierung des deutschen Geldwesens auf einer ausländischen Geldart anstatt auf dem Metalle Gold hätte nur einen Sinn: sie könnte den  inflationistischen Schriftstellern  und  Politikern die Umkehr er- (18) leichtern, indem sie das wahre Wesen der Reform verschleiert. Doch die erste Voraussetzung einer jeden wirksamen Reform ist eben die vollständige Überwindung aller jener Lehren vom Chartalismus, von klassischer Geldschöpfung, von Entthronung des Goldes und vom Freigelde. Jede Unklarheit und Halbheit wäre hier von Schaden. Man muß die Inflationisten jeder Richtung offen niederkämpfen; man darf sich nicht damit begnügen, mit ihnen Kompromisse zu schließen. An die Stelle des Schlagwortes „Los vom Golde“ muß die Losung treten: „Los von der staatlichen Beeinflussung des Geldwertes“.

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1 Vgl. Schaefer, Klassische Valutastabilisierungen, Hamburg 1922, S. 65.