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Liberale Währungsreform – ein Entwurf (1998)
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Quelle: Eigentümlich Frei Nr. 4, 4. Quartal 1998, S. 111
In kaum einem Bereich sind liberale Reformen so dringend erforderlich wie in dem der Geldproduktion. Staatliches Geld – Papiergeld – ist das weitaus gefährlichste Mittel, mit dem moderne Staaten ihre Herrschaft sichern und die von ihnen regierten Länder zugrunde richten. Per Notenpresse verschafft der Staat sich und seinen Bütteln jene zusätzlichen Mittel, die er den Bürgern nicht offen in Form von Steuern abzuknöpfen wagt. Und am Ende jedes Experiments mit Papiergeld wartet unweigerlich die Hyperinflation oder der Kollaps einer überregulierten Wirtschaft.
Wie wird man ein solches System am besten wieder los? Diese Frage wird uns im folgenden beschäftigen. Zunächst soll kurz dargelegt werden, warum die staatliche Geldproduktion eine Form der Ausbeutung im Sinne andauernder Verletzungen von Eigentumsrechten ist, und warum Papiergeld keinem anderen Zweck als dem er Ausbeutung dienen kann. Daraufhin werden die Grundsätze erörtert, die einer liberalen Währungsreform zugrundeliegen sollten, und aus diesen Grundsätzen leiten wir dann konkrete Maßnahmen ab, die anschließend diskutiert werden.
Warum staatliches Geld abgeschafft werden sollte
Ausbeutung durch staatliche Geldproduktion
Es gibt nur eine Methode, um Banknoten in den Umlauf zu bringen: indem man sie als Quittungen für Warengeld ausgibt. Alle Banknoten der Geschichte wurden so in den Verkehr gebracht. Anfangs waren sie nichts weiter als Quittungen für Geld, das einem Bankier zur Aufbewahrung anvertraut wurde. Typischerweise trugen sie die Aufschrift: „Der unterzeichnete Bankier verpflichtet sich, dem Inhaber dieser Note die Summe von X Unzen Gold auszuhändigen.“ Wenn der Bankier allgemeines Vertrauen genoß, wurden seine Noten von vielen Marktteilnehmern bereitwillig als Zahlungsmittel akzeptiert. Diese Banknoten wurden dann wie das Geld verwendet, auf das sie Anspruch gaben.
Dagegen würde niemand akzeptieren, daß man ihn mit einer Banknote bezahlt, die keine Quittung für bereits existierendes Geld ist. Niemand würde etwa ein bunt bedrucktes Stück Papier mit der Aufschrift „10 Hülsmanns“ als Bezahlung akzeptieren, wenn er nicht irgendwie schätzen könnte, zu welchem Preis dieser Schnipsel wieder zu verkaufen ist. Wenn aber noch kein Markt für die Hülsmann-Währung existiert, dann gibt es keinen Anhaltspunkt zur Schätzung dieses zukünftigen Wiederverkaufspreises. Ganz im Gegenteil legt das Fehlen eines solchen Marktes die Vermutung nahe, daß auch in der Zukunft niemand dieses Papier kaufen will. Aus diesem Grund ist es in der gesamten Menschengeschichte noch nie zu einer solchen Einführung von Papiergeld gekommen.
In Wirklichkeit gibt es nur eine Methode, um Papiergeld in den Umlauf zu bringen: indem man das Einlöseversprechen für bereits als Zahlungsmittel verwendete Rechtstitel bricht. Wenn ein Bankier die Herausgabe des bei ihm hinterlegten Geldes verweigert und seine Kunden zur Tätigung ihrer Geschäfte auf kein anderes Tauschmittel als diese Noten zurückgreifen können, dann werden sie sich bisweilen dazu entscheiden, diese Noten einfach weiterzuverwenden, selbst wenn sie keine spätere Einlösung erwarten können. Wenn dieser Fall eintritt, werden die Banknoten, die zuvor lediglich Quittungen waren, zu einer eigenständigen Geldart: Sie sind jetzt Papiergeld.
Doch es ist klar, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Der Bankier hat seine Kunden ganz offensichtlich bestohlen und somit ihr Eigentum verletzt. Wie kann es sein, daß er unbestraft davonkommt und sogar sein Geschäft weiterbetreiben darf? Die Antwort ist einfach: Weil er den Schutz des Gewaltmonopolisten – des Staates – genießt oder weil er selber bereits im staatlichen Auftrag handelt. So hat es sich in der Tat ereignet, wann und wo auch immer ein Papiergeld geschaffen wurde: Ein Emittent von Banknoten (häufig eine staatliche Zentralbank) bestiehlt die eigenen Kunden, und der Staat hält seine Hand darüber.
Aber dieser ursprüngliche Raub reicht noch nicht, um eine Papierwährung im Verkehr zu erhalten. Denn Papiergeld hat den entscheidenden Nachteil gegenüber Warengeld, daß es sich nur als Tauschmittel verwenden läßt. Wenn diese Banknoten daher aus irgendwelchen Gründen vom Markt der Tauschmittel verdrängt würden, so hätten sie überhaupt keinen Markt mehr, und ihr zukünftiger Wiederverkaufspreis wäre auf keine rationale Weise zu ermessen. Das aber wird die Marktteilnehmer davon abhalten, dieses Papiergeld zu kaufen – eine erneute Markteinführung wäre mithin unmöglich. Warengeld hingegen, und hier können wir in erster Linie an Edelmetalle denken, hat immer einen Markt, der auch dann bestehen bleibt, wenn es nicht mehr als Tauschmittel begehrt wird. Gold und Silber werden etwa immer auf dem Schmuckmarkt gehandelt, und ausgehend von diesen Marktpreisen kann sich jeder ein Urteil über ihre künftigen Wiederverkaufspreise bilden. Ihrer erneuten Verwendung als Tauschmittel steht daher nichts entgegen.
Diese Überlegungen führen zu der Schlußfolgerung, daß Papiergeldarten niemals den unbehinderten Wettbewerb mit Warengeldarten bestehen könnten. Mit dem Gebrauch von Papiergeld ist das besondere Risiko verbunden, daß es plötzlich zu wertlosem Altpapier wird, und dieses Risiko wird alle Marktteilnehmer früher oder später dazu bewegen, ihre Noten zu verkaufen und lieber Warengeld zu verwenden. Es gibt daher nur einen Weg, um Papiergeld für irgendeinen nennenswerten Zeitraum im Verkehr zu erhalten: Man muß den Wettbewerb der Währungen zu seinen Gunsten entschärfen. Das ist der Grund, aus dem die Regierungen aller „zivilisierten“ Länder das private Münzwesen verbieten und ihre Bürger zwingen, das staatliche Papiergeld als „gesetzliches Zahlungsmittel“ anzunehmen.
Diesen Sachverhalt meinen Nationalökonomen, wenn sie von einer Ausbeutung der Bürger durch die staatliche Währungsordnung sprechen. Die Papiergeldproduktion beruht auf einer ursprünglichen Eigentumsverletzung, und um die fortgesetzte Ausgabe von Papiergeld zu ermöglichen, verletzt der Staat weitere Rechte seiner Bürger.
Wir brauchen uns an dieser Stelle nicht mit den rhethorischen Verrenkungen zu befassen, mit denen man diese Rechtsverletzungen zu verschleiern suchte. Nur die utilitaristischen Rechtfertigungen des Papiergeldes hatten eine praktische Bedeutung, und daher wollen wir in aller Kürze darlegen, warum auch sie unhaltbar sind.
Die Bedeutung von Veränderungen der Geldmenge
Alle utilitaristischen Rechtfertigungen des Papiergeldes beruhen auf dem Gedanken, daß der Nutzen, der aus dem Geldgebrauch zu ziehen ist, von der Menge des Geldes abhängt. Nach dieser Auffassung gibt es Situationen, in denen entweder eine Verringerung oder eine Vermehrung der Geldmenge geboten ist, um die gesamtwirtschaftliche Produktion zu fördern. Papiergeld hat nun den einen großen Vorteil gegenüber allen Warengeldarten, daß sich seine Menge sehr viel schneller vergrößern läßt. Daher läßt sich mit seiner Hilfe das Geldangebot der Geldnachfrage flexibler anpassen als es mit Warengeld möglich wäre. Über diese zentrale Bedeutung eines flexiblen Geldangebots sind sich alle Fürsprecher des Papiergeldes einig, auch wenn sie ansonsten über viele theoretische und praktische Details streiten mögen. Und gerade in diesem grundsätzlichen Punkt liegen sie vollkommen falsch. Denn der Nutzen des Geldgebrauches hängt nicht von der Menge des vorhandenen Geldes ab. Die Geldmenge an sich ist unerheblich. Jede Geldmenge reicht aus, um jede beliebige Menge von Tauschgeschäften zu ermöglichen. Je kleiner die Geldmenge ist, desto geringer werden die Geldpreise sein, und je größer sie ist, desto größer werden die Geldpreise sein. (Es steht auf einem anderen Blatt, ob ein Geschäftsmann diejenigen Preise erzielen kann, die sein Unternehmen rentabel machen. Das hängt von seiner unternehmerischen Weitsicht ab.)
Zu dieser keineswegs neuen, aber unwiderlegten und unwiderlegbaren Erkennntnis gelangt man durch die folgende Überlegung: Güter zu produzieren bedeutet, daß man physische Faktormengen kombiniert und zu neuen Gütern umwandelt. Die Produktion ist umso größer, je größer die physischen Faktormengen und je geschickter diese vorhandenen Faktoren kombiniert werden. Nun ist Geld per Definition kein Gut, das in der Produktion umgewandelt wird, und folglich sorgt Gelddrucken nicht an sich bereits für eine Erhöhung der Faktormengen. Die entscheidende Frage ist daher, ob das Gelddrucken wenigstens einen positiven Einfluß auf das Geschick, mit dem die vorhandenen Faktoren kombiniert werden, ausübt. Und die Antwort auf diese Frage ist, daß man eher das Gegenteil erwarten muß. Denn da die Unternehmer wissen, daß die Zentralbank unbegrenzte Geldmengen drucken kann und sie folglich jederzeit aus finanziellen Notlagen befreien könnte, haben sie einen Anreiz, mit ihrem Eigentum weniger verantwortlich umzugehen. Sie werden daher zu risikofreudig agieren und mehr Mittel verschwenden als sie es sonst getan hätten, und somit sinkt das Produktionsvolumen unter das Niveau, das es ohne die Existenz von Papiergeld hätte erreichen können.
Veränderungen der Geldmenge verbessern also weder die Tauschdienste, die das Geld leistet, noch eröhen sie indirekt die gesamtwirtschaftliche Produktion. Haben sie demnach überhaupt keine Bedeutung? Nein, das ist nicht der Fall. Veränderungen der Geldmenge haben sogar eine große Bedeutung, aber eben nicht die Bedeutung, die ihnen die Fürsprecher staatlicher Geldpolitik andichten. Ihre eigentliche Bedeutung liegt darin, daß sie die Verteilung von vorhandenem Vermögen beeinflussen. Wenn eine zusätzliche Geldmenge in den Umlauf gebracht wird, gerät sie niemals in die Hände aller Bürger zu gleichen Teilen, sondern sie kommt zunächst nur einigen Bürgern zugute, und diese können nun zweifellos höhere Preise bezahlen und folglich mehr kaufen als es ihnen sonst möglich gewesen wäre. Doch da die Menge der veräußerlichen Güter nicht durch die Geldvermehrung wächst, müssen sich andere Leute nun mit weniger zufrieden geben. Kurz gesagt schaffen Veränderungen der Geldmenge Gewinner und Verlierer, und die Herren der Notenpresse können zumindest die Gewinner bestimmen, indem sie ihnen nämlich das neue Geld zuerst verschaffen. Vor diesem Hintergrund läßt sich der eigentliche Zweck des Papiergeldes erkennen. Die staatliche Geldproduktion ist ein Mittel zur Bereicherung bestimmter Bevölkerungsschichten zu Lasten der großen Mehrheit, und da Papiergeld sich sehr viel schneller vermehren läßt als Warengeld, ist es zu diesem Zweck besonders geeignet. Da es keinem anderen Zweck dient, ist es gerechtfertigt zu sagen, daß Papiergeld nur der einseitigen Bereicherung dienen kann.
Diese kurzen Darlegungen mögen zur Erklärung reichen, warum es weder eine moralische noch eine nutzenorientierte Rechtfertigung für die staatliche Geldproduktion gibt. Befassen wir uns nun mit den Grundsätzen, die ihre Abschaffung leiten sollten.
Grundsätze einer liberalen Währungsreform
Eine liberale Währungsreform muß das Ziel verfolgen, die Geldproduktion vollkommen zu privatisieren, um sie somit auf die gleiche Grundlage zu stellen, auf der jeder zwischenmenschliche Verkehr in einer freien Gesellschaft fußt. Das bedeutet, daß einerseits niemand daran gehindert werden darf, ein Geldproduzent zu werden. Andererseits dürfen die Geldproduzenten auch nur ihr eigenes Eigentum verwenden, und sie müssen das Eigentum anderer Menschen respektieren.
Darüberhinaus muß eine wahrhaft liberale Reform aber noch ein zweites Kriterium erfüllen. Sie muß sicherstellen, daß die Reform selber privates Eigentum respektiert. Sie darf daher zum Beispiel nicht vorsehen, daß irgendwelche steuerfinanzierten Ausschüsse mit der Umsetzung der Reform betraut werden.
Drittens schließlich darf die Umsetzung einer liberalen Währungsreform nicht davon abhängig gemacht werden, daß andere Staaten ihrem Beispiel folgen. Man muß das ändern, was man hier und jetzt ändern kann, und diese Änderung muß bedingungslos und einseitig erfolgen. Jedes andere Vorgehen würde bedeuten, daß man den Schutz desjenigen Eigentums, das man selber hier und jetzt schützen kann, hinter anderen Erwägungen zurückstellt, und damit würde man die oberste liberale Zielsetzung selber in Frage stellen. (Zudem wäre zu erwarten, daß eine solche „bedingte und konzertierte“ liberale Reform im Verlauf endloser Verhandlungen bis zur Unkenntlichkeit entstellt würde.)
Diese Zielsetzungen folgen unmittelbar aus dem obersten liberalen Grundsatz, daß rechtmäßig erworbenes privates Eigentum unter allen Umständen zu respektieren ist. Wir können eine liberale Währungsreform daher nun mit fünf abgeleiteten Grundsätzen näher kennzeichnen:
- Sie muß vergangene Eigentumsverletzungen im Bereich der Geldproduktion rückgängig machen, wo immer das möglich ist.
- Sie muß gegenwärtige Eigentumsverletzungen in diesem Bereich verhindern.
- Sie darf keine neuen Eigentumsverletzungen herbeiführen, und insbesondere darf sie selber keine weitere Eigentumsverletzung erforderlich machen.
- Sie muß sofort und unmittelbar umzusetzen sein.
- Sie muß bedingungslos und einseitig (unilateral) sein.
Diese Grundsätze müssen bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen zur Reform der bestehenden Institutionen maßgebend sein. Die staatliche Geldproduktion ist nun im großen und ganzen durch zwei Institutionen gekennzeichnet: durch das Währungsmonopol und durch eine Zentralbank. Diese beiden Institutionen sind in allen Ländern anzutreffen, in denen der Staat das Geldwesen reguliert. Die konkreten Maßnahmen zur Währungsreform, die wir im folgenden besprechen werden, lassen sich daher grundsätzlich in allen diesen Ländern anwenden. Egal, ob wir die D-Mark oder den Euro abschaffen wollen – stets wird man darlegen müssen, wie mit dem Währungsmonopol und der Zentralbank zu verfahren ist. Das wollen wir im folgenden tun.
Maßnahmen
Abschaffung des Währungsmonopols
Die wichtigste Maßnahme ist die sofortige Abschaffung des Währungsmonopols im weitesten Sinne dieses Begriffs. Darunter fallen alle Beschränkungen der Produktion und des Handels mit Geld und Besitztiteln für Geld.
Kein Marktteilnehmer soll daran gehindert werden, selber ein Geldproduzent zu werden. Insbesondere soll jeder das Recht haben, nach Edelmetallen zu suchen und das von ihm entdeckte Metall als sein Eigentum zu behalten. Ferner muß es jedem erlaubt sein, die von ihm oder anderen Leuten gefundenen Edelmetalle zu Münzen zu verarbeiten. Niemand soll den Münzprägern vorschreiben, wie sie ihre Münzen zu prägen haben, d.h. welche Namen sie ihren Münzen geben und welche Wert- und Gewichtseinheiten sie wählen sollen, wie die Form der Münzen oder das Münzgepräge auszusehen hat usw.
Niemand soll auch daran gehindert werden, irgendeine Geldart zu kaufen und zu verkaufen. Das betrifft insbesondere den Handel mit Edelmetall – sei es in Form von Münzen oder in From von Barren – und mit ausländischem Papiergeld (Devisen). Es bedeutet aber auch umgekehrt, daß niemand gezwungen werden darf, eine Zahlung in irgendeiner bestimmten Währung zu akzeptieren, wenn er eine andere Zahlungsweise vertraglich ausbedungen hat. Das Institut des gesetzlichen Zahlungsmittels ist mithin unverzüglich abzuschaffen.
Darüberhinaus ist zu verlangen, daß der Staat alle anderen wettbewerbsverzerrenden Eingriffe in den Währungsmarkt unterläßt. Insbesondere müssen Verträge, die die Zahlung mit Devisen oder Edelmetall vorsehen, von den nationalen Ordnungskräften (Gerichte, Polizei) genauso durchgesetzt werden wie alle anderen Verträge auch. Zumindest aber dürfen die staatlichen Ordnungshüter die Durchsetzung dieser Verträge durch private Organisationen nicht behindern. Desweiteren muß es den Bürgern erlaubt sein, ihre Steuern auch in Devisen und Edelmetallen zu entrichten. Die Mehrwertsteuer und ähnliche Verkaufssteuern, die beim Handel mit Edelmetallen erhoben werden, sind sofort abzuschaffen. Gleiches gilt für die Kapitalertragssteuer auf Kursgewinne von Devisen und Edelmetallen.
Jede dieser Maßnahmen ist ein Schritt zu mehr Freiheit im Geldwesen. Am besten wäre es natürlich, wenn sie allesamt sofort umgesetzt würden, aber auch jede einzelne Reform ist als ein Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen, solange sie nicht mit faulen Kompromissen verbunden ist und das Ziel eines vollständig freien Geldwesens nicht aus den Augen verloren wird.
Voraussichtliche Wirkungen dieser Maßnahmen
Bei vollständiger Umsetzung dieses liberalen Programms wird es einen blühenden Markt für die Produktion und den Handel von Edelmetallmünzen geben. Sehr wahrscheinlich werden Silbermünzen für die weitaus meisten Geschäfte des täglichen Lebens (Einkäufe von Lebensmitteln u.ä.) verwendet werden, während Zahlungen in Gold den größeren Transaktionen (teure Kleidung, Möbel usw.) vorbehalten bleibt. Daneben wird es natürlich noch viel Platz für die Verwendung von Schecks, Kreditkarten und andere Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs geben.
Die Münzen werden unterschiedliche Größen und Gewichtseinheiten haben. Das Standardgewicht für Goldmünzen wird wahrscheinlich die Unze sein, da diese Einheit jetzt schon am weitesten verbreitet ist, während sich bei Silbermünzen wahrscheinlich ein auf dem Gramm beruhendes System durchsetzen wird, mit Münzen von 10, 20, 50, 100 Gramm usw. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dasjenige Land, das als erstes die liberalen Reformen umsetzt, diese Standardisierung maßgeblich prägen wird.
Darüberhinaus genießen die liberalen Avantgarde-Länder den folgenden Vorteil: Sie beginnen die Reform bei den momentanen Edelmetallpreisen, d.h. ihre Bürger kaufen Gold, Silber usw. zu relativ niedrigen Preisen auf dem Weltmarkt ein. Wenn andere Länder dann nachziehen, so erhöht ihre Nachfrage den Preis der Edelmetalle, und die metallbesitzenden Bürger der Avantgarde-Länder erzielen eine hübsche Dividende für ihre größere Voraussicht und Weisheit.
Desweiteren ist es klar, daß das nationale Papiergeld in diesem Wettbewerb aus den genannten Gründen nicht wird bestehen können. Die Einsicht in das fatale Risiko des Papiergeldgebrauchs wird zwar zunächst nur die weitsichtigsten Menschen dazu bewegen, ihre Noten zu verkaufen und zum Gebrauch von Warengeld überzugehen. Doch früher oder später folgen die anderen unweigerlich nach. Nur besonders dumme und besonders staatsgläubige Bürger werden bis zum bitteren Ende am Papiergeld festhalten – und dann erkennen müssen, daß ihnen nichts als ein Bündel Altpapier bleibt. Das ist natürlich mit „sozialen Härten“ verbunden, und spätestens hier stehen die liberalen Reformer vor der entscheidenden Aufgabe, den Sinn der Reform zu verteidigen.
Dabei sollten sie sich von vorneherein über eines im Klaren sein: Es gibt keine Reform ohne kurzfristige Gewinner und Verlierer. Liberale Reformen sind keine Ausnahme. Sie haben allerdings den Vorteil, daß die durch sie in Gang gebrachte kurzfristige Umverteilung gerecht ist und daß ihre Maßnahmen auf längere Sicht den Interessen aller Bürger dienen. Am besten lassen die liberalen Reformer von Anfang an keinen Zweifel darüber bestehen, was die voraussichtlichen Folgen ihrer Politik sind, und in jedem Fall sollten sie ihren Mitbürgern gegenüber stets betonen, daß die von einigen Leuten zu tragenden Verluste einmalig sind, während die Ausplünderung durch das vorherige System ein ständiger Vorgang war, der besonders zu Lasten der ärmeren Bürger ging.
Betroffen von dem Untergang der nationalen Währung sind in erster Linie die Besitzer von Barvermögen und die Gläubiger aus Schuldverträgen. Hingegen sind die Begünstigten der staatlichen Rentenversicherung kaum betroffen, da der Staat die Steuern nun in einer anderen Geldart erhebt und in dieser Form an seine Mündel weiterreicht. Und auch jener Teil der privaten Vermögen, der in Form von Aktien und anderen Anteilsscheinen (Investmentfonds u.ä.) vorliegt, wird von der Reform kaum berührt. Nach dem Verschwinden der nationalen Währung wird der Wert der Unternehmen – und mithin der Aktien – in einer anderen Geldart ermessen, und gegen dieses Geld kann der Anleger dann seine Aktien verkaufen. Ähnlich steht es mit Vermögen, das der Sparer in eine Lebensversicherung investiert hat. Die Versicherung hat das Geld ihrer Kunden gewöhnlich in Aktien und Anleihen angelegt. Die Anleihen werden nach der Reform zwar bald wertlos, doch das schadet nicht der Versicherung, da sie die wertlosen Koupons an die Kunden weiterreichen kann. Die Dividenden aus dem Aktienbesitz hingegen werden in einer anderen Geldart an die Versicherung ausbezahlt und können in dieser Form auch an den Kunden weitergereicht werden.
Besondere Probleme durch internationale Verflechtungen
Nun müssen wir noch auf zwei besondere Probleme einer liberalen Währungsreform eingehen, die sich vor dem Hintergrund des Außenhandels und durch eine internationale Währungspolitik ergeben.
Ein erstes Problem entsteht immer dann, wenn die Währungsreform nicht in allen Ländern zugleich, sondern zunächst nur in einigen liberalen Avantgarde-Ländern erfolgt. Die Abschaffung des Währungsmonopols führt über kurz oder lang zum Zusammenbruch der Staatswährung dieser Länder, doch ausländisches Papiergeld, das noch von einem Währungsmonopol profitiert, wird davon nicht betroffen. Solange die Untertanen ausländischer Regierungen sich nicht dazu entschließen, das Währungsmonopol in ihren Ländern abzuschaffen, wird ihr Staatsgeld immer einen „Markt“ haben, in dem es – wenn auch zwangsweise – Verwendung findet. Und daher werden diese ausländischen Papierwährungen auch nicht sofort zusammenbrechen, wenn in anderen Ländern eine liberale Währungsreform durchgeführt wird. Ganz im Gegenteil könnten sie sogar einen größeren Marktanteil in den liberalen Reformländern erzielen. Wenn wir beispielsweise das Währungsmonopol in Deutschland abschaffen und die D-Mark zusammenbricht, so werden viele Zahlungen in unserem Land in US-Dollar und Schweizer Franken erfolgen.
Wäre das nicht ein widersinniges Ergebnis? Soll man die nationale Staatswährung nur deshalb abschaffen, um den Währungen anderer Staaten ein freies Feld zu bieten? Darf man das zulassen? Die Antwort lautet natürlich: ja. Denn erstens muß die liberale Reform von uns und für uns durchgeführt werden. Unser eigenes Denken und Handeln müssen wir ändern – und das können wir auch hier und jetzt. Das ist die Bedeutung des Grundsatzes, daß liberale Reformen bedingungslos und einseitig sein sollten. Zweitens würde eine folgerichtige Anwendung des entgegengesetzten Grundsatzes – daß ausländische Güter, die von einem staatlichen Monopol begünstigt sind, nicht bei uns gehandelt werden dürfen – im Ergebnis zu einem völligen Abbruch aller Handelsbeziehungen führen. Denn solange ein Staat existiert, können alle Güter, die unter seinem Schutz produziert und auf seinen Straßen befördert werden, als Monopolgüter angesehen werden. Eine sinnvolle Abgrenzung ist im Einzelfall nicht möglich. Der Kauf und Verkauf ausländischen Papiergeldes ist daher nicht zu behindern.
Mit der Währungsunion der europäischen Staaten ergibt sich ein weiteres Problem aus dem Umstand, daß die Währung kein nationales, sondern ein internationales Staatsgeld ist. Die Befugnis zur Regulierung des Geldwesens soll doch jetzt bei der Europäischen Union liegen, und die künftige Zentralbank ist eine europäische, keine nationale Institution. Müssen daher nicht alle Reformen des Geldwesens im europäischen Verbund erfolgen? Jeder echte Liberale wird das bestreiten. Wer an die Unverletzbarkeit privaten Eigentums glaubt, der wird auch jedem Individuum und jeder Vereinigung von Individuen ein Recht zur freien Selbstbestimmung einräumen müssen. Jedes Individuum und jede Gruppe (sei es eine Nation, eine Region, eine Straße usw.) hat daher das Recht, eine liberale Reform durchzuführen. Auch technisch gesehen spielt die Frage, ob das Währungsmonopol eine internationale oder nationale Einrichtung ist, keine Rolle. Solange wir ein deutsches Währungsmonopol haben, können wir dieses Monopol abschaffen, und wenn wir demnächst ein europäisches Währungsmonopol haben sollten, so können wir dieses Monopol auf deutschem (oder bayrischem oder Münchner) Boden einseitig außer Kraft setzen. Die Noten der europäischen Zentralbank mögen dann in anderen Ländern das gesetzliche Zahlungsmittel sein, aber nicht bei uns. Woanders mag man die Bürger daran hindern, ihre eigenen Münzen zu prägen und Handel mit allen Geldarten zu betreiben, aber nicht hier.
Nun wird man einwenden, daß eine solche Politik das Ende der Europäischen Union bedeuten würde. Das ist wahrscheinlich richtig – aber was wäre daran so schlimm? Die E.U. ist lediglich eine Organisation der europäischen Regierungen und keineswegs der Inbegriff eines bürgerlichen Europas. Die Liberalen des neunzehnten Jahrhunderts haben uns gezeigt, wie man ein in Freiheit vereintes Europa schafft: indem nämlich jedes Land seine Beschränkungen des Verkehrs einseitig abschafft. Europa braucht keine Kommission und keine zentrale Bürokratie, um ein internationaler Kultur- und Wirtschaftsraum zu sein. Wenn die Bürger nicht daran gehindert werden, sich nach ihren eigenen Vorstellungen mit Ausländern zusammenzutun, so ist dieses gemeinsame Europa ipso facto da. Wenn eine liberale Währungsreform mithin das frühzeitige Ende des europäischen Zentralstaates herbeiführen würde, so wäre dies alleine schon Grund genug, sie zu beginnen.
Umgang mit der Zentralbank
Oben wurde dargelegt, daß und warum eine Abschaffung des Währungsmonopols zum Zusammenbruch der nationalen Papiergeldwährung führen würde. Man könnte es nun dabei bewenden lassen und die liberale Währungsreform in dem Maße als vollendet ansehen, in dem die bereits angesprochenen Maßnahmen umgesetzt werden. Doch wie bereits erläutert wurde, entstehen Zentralbanken qua Geldproduzenten durch eine ursprüngliche Verletzung des Eigentums ihrer Kunden, und die konsequente Umsetzung liberaler Grundsätze verlangt, daß solche vergangenen Verletzungen von Eigentum rückgängig gemacht werden, soweit dies möglich ist. Daher müssen wir uns hier mit dem Problem beschäftigen, wie mit der staatlichen Zentralbank im Rahmen einer liberalen Währungsreform zu verfahren ist.
Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die folgende: Darf es der Zentralbank überhaupt gestattet werden, ihre Geschäfte fortzuführen, oder muß sie ihren Betrieb unverzüglich einstellen? Schließlich könnte man wie folgt argumentieren: „Zentralbanken entstehen durch eine ursprüngliche Verletzung des Eigentums ihrer Kunden, und ihr weiteres Wirken beruht auf diesem Akt unrechtmäßiger Aneignung. Der Besitz und Betrieb der Notenpresse entspricht in seinem Charakter daher ganz dem feudalen Landbesitz. Genau wie der Feudalherr ‚sein‘ Land einst gewaltsam an sich riß und seitdem ein unrechtmäßiges Pachteinkommen bezieht, gelangte die Zentralbank zu ‚ihrer‘ Währung durch einen ursprünglichen Raub, und auch ihr Gebrauch der Notenpresse ist daher unrechtmäßig. Dieser Feudalbesitz darf unter keinen Umständen geduldet werden. Die Produktion von Papiergeld ist der Zentralbank unverzüglich zu untersagen. Sie muß ihren gesamten Betrieb sofort einstellen, ihr Personal entlassen und ihr Vermögen liquidieren.“
Diese Argumentation ist jedoch fehlerhaft, da das „weitere Wirken“ der Zentralbank eben streng genommen nicht darauf beruht, daß die ursprüngliche Rechtsverletzung wiederholt oder verlängert wird – wie es beim Feudalbesitz der Fall ist. Der Feudalherr benutzt das geraubte Eigentum (beispielsweise indem er es verpachtet), und aus dieser unrechtmäßigen Verwendung bezieht er unrechtmäßiges Eigentum. Eine liberale Reform des feudalen Landbesitzes würde dem Feudalherren das Land wieder wegnehmen und mit dieser Rückgabe seinem Tun ein Ende setzen. Anders steht es im Fall einer Zentralbank. Diese benutzt nämlich das geraubte Geld ihrer Kunden streng genommen überhaupt nicht, und daher kann auch eine Rückgabe des Raubgutes nicht an sich schon ihrem Tun ein Ende setzen. Zwar behält die Zentralbank das ursprünglich geraubte Geld als „Reserve“, aber ihre eigentliche Tätigkeit besteht darin, die Notenpresse zu bedienen – und diese gehört eindeutig nicht ihren ehemaligen oder gegenwärtigen Kunden. Das „weitere Wirken“ der Zentralbank gründet sich daher nicht darauf, daß sie immer wieder aufs Neue Verträge bricht und ihren Kunden Geld raubt, oder darauf, daß sie das bereits geraubte Geld für sich behält. All das könnte ihr Überleben in einem freien Markt auch nicht sicherstellen. In Wirklichkeit beruht ihr fortgesetztes Wirken auf dem Währungsmonopol, und sobald dieses fällt, wird auch sie fallen.
Unter einer liberalen Währungsreform würde die Zentralbank ihre Tätigkeit daher fortsetzen dürfen, müßte allerdings das ursprünglich geraubte Geld zurückgeben. Bei der Abschaffung des Währungsmonopols würden der Zentralbank natürlich auch alle staatlichen Privilegien genommen werden, wobei – zusätzlich zu den oben besprochenen Maßnahmen – insbesondere darauf zu achten wäre, daß die eventuellen Verluste der Zentralbank nicht durch die Steuerzahler beglichen werden. Im Ergebnis würde das eine Privatisierung der Zentralbank bedeuten, die nunmehr ein privater Papiergeldproduzent wäre – und als solcher bald zusammenbrechen würde.
Wie wäre die Rückgabe des ursprünglich geraubten Geldes zu gestalten? Allen Personen muß das Geld zurückerstattet werden, das sie zu dem Zeitpunkt, als der ursprüngliche Raub stattfand, bei der Zentralbank (oder ihrer Rechtsvorgängerin) aufbewahrten. Darüberhinaus muß auch allen Personen das Geld zurückerstattet werden, das sie zu jenem Zeitpunkt in Form von Rechtstiteln auf Geld (z.B. in Form von Sichtguthaben) bei einer Geschäftsbank aufbewahrten. Diese Form der Rückgabe könnte sich mittlerweile schwierig gestalten, da womöglich nur noch wenige Personen nachweisen können, daß sie oder ihre Erbahnen einstmals Sichtguthaben bei der Zentralbank (bzw. ihrer Vorläuferin) oder einer Geschäftsbank unterhielten. Wenn sie diesen Nachweis erbringen, haben sie jedenfalls das Recht auf Rückgabe des geraubten Geldes. Es könnte aber auch genau das umgekehrte Problem entstehen, daß nämlich Rückgabeforderungen in einem Umfang gestellt werden, der aus den Reserven der heutigen Zentralbank nicht befriedigt werden kann. Dieses Problem könnte sich vor dem Hintergund ergeben, daß die Menge der ausgegebenen Rechtstitel bereits zum Zeitpunkt des ursprünglichen Raubes die Menge des tatsächlich vorhandenen Geldes überstiegen hatte („Geldschöpfung“). In diesem Fall kommen die üblichen Liquidationsregeln zur Anwendung, d.h. das vorhandene Vermögen der Zentralbank wird unter den Anspruchsberechtigten entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtforderung aufgeteilt, und die Bank selber geht in den Besitz dieser Gläubigergemeinschaft über. Das würde gleichzeitig auch die Frage beantworten, wie die Zentralbank zu privatisieren sei.
Wenn jedoch alle Rückgabeforderungen aus dem Vermögen der Zentralbank befriedigt werden können und es noch ein Restvermögen gäbe, so wäre dieses gesondert zu privatisieren. Dabei kommen alle dann noch vorhandenen Barbestände (insbesondere Edelmetalle und Devisen), die Immobilien, Fahrzeuge und Büroeinrichtungen der Zentralbank, sowie die Notenpressen in Betracht. Nach welchen Grundsätzen hätte die Privatisierung dieser Güter zu erfolgen? Zunächst einmal sollten wir feststellen, daß es keine ursprünglichen Eigentümer gibt, denen das Bundesbankgebäude, die Notenpresse usw. unrechtmäßig entwendet wurde. Wer erhält diese Güter dann? Ihre Privatisierung durch Verkauf scheidet von vorneherein aus, denn ein Verkauf würde voraussetzen, daß ihr Eigentümer bereits feststeht, während es doch gerade darum geht, einen Eigentümer überhaupt erst zu bestimmen. Wenn keine Rückgabe an einen früheren Eigentümer möglich ist, dann gibt es nach liberalen Grundsätzen nur eine Regel, durch die der Eigentümer bestimmt werden kann: durch Erstverwendung. Diejenigen, die die betreffenden Güter zum Zeitpunkt der Währungsreform gebrauchen, werden durch diesen Akt zu rechtmäßigen Eigentümern dieser Güter. Konkret heißt das, daß die Büroangestellten zu Eigentümern der Büroräume und ihrer Arbeitsgeräte werden und die Chauffeure zu Eigentümern der Fahrzeuge. Die verbleibenden Edelmetalle und Devisen fallen an die Arbeiter im Tresorraum, und die Maschinenschlosser und Ingenieure, die in der Druckerei arbeiten, werden zu Eigentümern der Notenpresse.
Diese Lösung wird vielen Neidern zuwider sein, aber wir wollen es ja nicht allen recht machen, sondern eine Währungsreform nach liberalen Grundsätzen entwerfen.