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1920-1929

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Bemerkungen zum Grundproblem der subjektivistischen Wertlehre (1928)
Rezension: 'Volkswirtschaftliches Wörterbuch' von Hereward T. Price (1927)
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Rezension: 'Volkswirtschaftliches Wörterbuch' von Hereward T. Price (1927)

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Quelle: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 58: 1 (1927) S. 213 – 215.

Price, Hereward T.: Volkswirtschaftliches Wörterbuch. Erster Teil:
Englisch-Deutsch. Berlin, Julius Springer, 1926. X und 220 S. Mk. 9,60.

Ein englisch-deutsches volkswirtschaftliches Wörterbuch kommt einem schon lange empfundenen Bedürfnis entgegen. Die großen Wörterbücher versagen gerade dort, wo der Leser nationalökonomischer Bücher, Aufsätze und Zeitungsartikel ihrer Hilfe am meisten bedarf. Man wird daher den vorliegenden Versuch dankbar begrüßen, wenn man auch an der Art und Weise, in der der Verfasser seiner Aufgabe nachgekommen ist, sehr viel ausstellen muß.

Der Verfasser bemerkt im Vorwort, daß das Buch nicht den Anspruch erhebt, das weite Gebiet der Volkswirtschaftslehre und der ihr verwandten Wissenszweige erschöpfend bearbeitet zu haben. Das ist wohl zu verstehen. Immerhin muß man über manche Lücken staunen. So fehlen z. B. folgende Ausdrücke: Behaviorism, bootlegger, Institutionalism (institutional economics), Utilitarianism. Wenn es als notwendig erschien, Manchester school, dessen Bedeutung doch jedem Deutschen klar sein dürfte, aufzunehmen, dann hätten Birmingham Currency School und little shilling men, die doch dem deutschen Leser eher Schwierigkeit bereiten dürften, nicht fehlen dürfen. Auf der anderen Seite war es sicher überflüssig, eine Reihe von geläufigen Ausdrücken des täglichen Lebens aufzunehmen, über die auch das volkswirtschaftliche Wörterbuch nicht mehr zu sagen weiß als jedes beliebige Wörterbuch; hierher gehören z. B. post-war, potash, poultry, precious, prefer, presumtive, pre-war, purchaser. Noch bedenklicher sind jene Ausdrücke, die der Verfasser ungenügend, unvollständig oder geradezu unrichtig erklärt und verdeutscht. So wird hoard als »heimlicher Schatz oder Vorrat« verdeutscht. Das führt irre. In dem Sinne, in dem die Banking-Theorie den Ausdruck verwendet, ist von Heimlichkeit der Schatz- und Vorratsbildung nichts enthalten. Es hieße dem kleinen Taschenwörterbuch zu viel zumuten, wollte man von ihm verlangen, daß es den Ausdruck vollständig erkläre und etwa eine exakte dogmengeschichtliche Auseinandersetzung bringe; das müßte einem Wörterbuch der volkswirtschaftlichen Begriffe überlassen bleiben. Wohl aber kann man erwarten, daß angegeben wird, daß die Banking School unter hoards Edelmetallvorräte von Privaten und Banken verstanden hat, denen sie eine spezifische Funktion für die Gestaltung der Kaufkraft des Geldes zuschrieb; im übrigen würde es genügen, auf einen der Vertreter der Schule zu verweisen, am besten auf Fullarton, On the Regulation of Currencies, Chapt. IV (in der 1845 erschienenen 2. Auflage, S. 71 ff.). — Acquisitive society übersetzt der Verfasser mit »eine von Erwerbssucht verzehrte Gesellschaft«; das Gegenstück functional society kommt überhaupt in seinem Wörterbuch nicht vor, was wohl damit zu erklären ist, daß ihm nur Tawney’s Broschüre »The Sickness of an Aquisitive Society« bekannt war, nicht aber auch die umfassendere Schrift »The Acquisitive Society«, in der jene Broschüre als ein Kapitel wieder abgedruckt erscheint. Ich habe die beiden Ausdrücke (Die Gemeinwirtschaft, Jena 1922, S. 432) mit »die Gesellschaft der Erwerbbeflissenen« und »die Gesellschaft der Berufbeflissenen« wiedergegeben. Meine Uebersetzung hat den Vorzug, daß sie nicht mehr ethische Wertung mitschwingen läßt, als in dem englischen Ausdruck enthalten ist. Es entspricht zweifellos den ethischen Absichten Tawneys und der andern, die diese Unterscheidung aufgebracht haben, wenn man die acquisitive society als minderwertig ansieht; doch sie haben es vermieden, diese Auffassung in der Wahl der Bezeichnungen für die beiden Typen stärker zum Ausdruck zu bringen als es ohnehin schon in der volkstümlichen Wertbetonung der Wörter Erwerb und Beruf, acquisition und function liegt. Wir haben als Uebersetzer kein Recht, darüber hinauszugehen, wie es der Fall ist, wenn man »von Erwerbssucht verzehrt« verdeutscht. — Daß der Ausdruck Currency Principle einfach mit Currency-Theorie wiedergegeben wird und daß ihm keine weitere Erklärung beigefügt wird, ist zu billigen; es kann eben nicht Aufgabe eines derartigen Wörterbuches sein, die einzelnen Lehren der Nationalökonomie vorzutragen. Doch der Verfasser hätte folgerichtig auch Banking Principle nicht anders behandeln dürfen. Wenn er aber schon den Ausdruck Banking Principle erklären wollte, darin hätte es jedenfalls korrekt erfolgen müssen. Die Erklärung »das Prinzip, daß die Emission von Banknoten nicht durch die vorhandene Golddeckung begrenzt sein sollte«, sagt gar nichts über die Lehre dieser Richtung und höchst Unzulängliches über ihre Politik aus. Der Verfasser hätte im Heller’schen Büchlein »Nationalökonomie« (Meyers Wörterbücher für Recht und Wirtschaft) eine Begriffsbestimmung finden können, die soweit ais brauchbar bezeichnet worden kann, als es solche auf engsten Raum zusammengepreßte Umschreibungen sein können. — Ein Blick auf das Hellersche Wörterbuch (Artikel »Residualprinzip«) hätte ihn auch vor der unzureichenden Erklärung des Ausdruckes residual claimant bewahren und ihn auf den Aufsatz von Hollander hinweisen können. — Den Ausdruck invisible imports (inv. exports) hätte der Verfasser einfach mit unsichtbare Einfuhr (unsichtb. Ausfuhr) übersetzen können, ohne ihn weiter zu erklären. Die Erklärung: »die Dienste, die durch die Schiffahrt und das Bankwesen geleistet werden«, ist ungenügend. Man kann unter unsichtbarer Einfuhr und unsichtbarer Ausfuhr entweder alle Posten der Zahlungsbilanz mit Ausnahme der Handelsbilanz verstehen oder aber jene Einfuhr und Ausfuhr von Waren, die sich der statistischen Erfassung entzieht (von Reisenden mitgenommene Güter, ferner Schmuggelverkehr). Man kann schließlich den Ausdruck auch auf einige bestimmte Posten der Zahlungsbilanz wie Dienste der Schiffahrt und des Bankwesens einschränken; dann muß man aber zumindest auch den Fremdenverkehr und das Ueberlandfrachtgeschäft miteinschließen. — Unter dem Schlagwort trend fehlt der Ausdruck general trend in der spezifischen Bedeutung, die ihm in der Konjunkturberichterstattung zukommt, ein Mangel, den zweifelsohne viele Benutzer empfinden werden.

Es wäre leicht, diese Liste der Ausstellungen beträchtlich zu verlängern. Doch es ist wohl überflüssig. Dem Verfasser werden gewiß von verschiedenen Seiten zahlreiche Berichtigungen zukommen, die ihn instand setzen werden, die folgenden Auflagen seines Wörterbuches befriedigender zu gestalten. Dann wird das Buch den Zweck, dem es dienen soll, ganz erfüllen können. Auch so, wie es heute vorliegt, kann man es bereits als brauchbaren Behelf bezeichnen.

L. Mises